Ein etwas anderer Kochkurs
Vier Studenten aus Günzburg haben im Rahmen eines Uni-Projekts eine Online-Plattform erstellt, auf der professionelle Köche Kurse anbieten. Wie die Freunde auf die Idee gekommen sind und welche Vorteile das System hat
Man nehme: Günzburger Studenten, eine Online-Plattform und ein Uni-Projekt. Heraus kommt ein spezieller Kochkurs.
Günzburg Vor einem großen, grob gemauerten Ofen steht ein Mann mit einer Zitrone in der Hand, die er in die Kamera vor sich hält. „Hier auf Mallorca pflücken wir die Zitronen einfach vom Baum, ihr habt hoffentlich alle eine Biozitrone.“Er blickt auf seinen Computerbildschirm, wo er via Videochat fünf andere Personen sieht, die ebenfalls je eine Zitrone in der Hand haben. So oder so ähnlich sieht es jeden Montag bei der sogenannten GründerSession auf der Webseite „Kitchenllamas“aus, die von den vier Studenten Niklas Hab, 25, Jakob Miller, 25, Vladisvlav Klass, 24 und Thomas Wegele, 25, aus Günzburg gegründet wurde.
Mehrmals pro Woche bietet dort einer der etwa zehn Köche, die mit den Studenten zusammenarbeiten, einen Online-Kochkurs für ein bestimmtes Gericht an. An den Montagen stellt normalerweise einer der vier Gründer kostenlos ein Rezept vor, diese Woche durfte der TVKoch Jens Baumer von Mallorca aus seinen ersten Online-Kochkurs abhalten. Sein Rezept: Hähnchenbrustfilets mit Erbsen-Minz-Püree.
An anderen Tagen, je nach Zeitplan der zehn Köche, die regelmäßig auf „Kitchenllamas“Kochkurse anbieten, sind die Kurse dagegen kostenpflichtig. Nach der Anmeldung bekommt der Kunde einen Link, der am Kurstag direkt in die Videokonferenz führt, und eine genaue Zutatenliste zugeschickt. Das System des Video-Kochkurses ermöglicht es den Teilnehmern, dem jeweiligen Koch per Kamera das Ergebnis zu zeigen und zwischendurch Fragen zu stellen. Der Koch auf der anderen Seite kann so sehen, wie weit die Teilnehmer sind und ob er noch auf jemanden warten muss.
Die Idee für eine Online-Plattform, die Kochkurse auch in Zeiten von Corona möglich macht, war ursprünglich nur ein Projekt für einen Kurs an der Technischen Universität in München, den die vier Gründer im Sommersemester 2020 alle belegt hatten. „Wir kennen uns schon aus der Schule und waren in dem Projekt in einer Gruppe“, erklärt Niklas. Zwar studieren die vier nicht genau das Gleiche, trotzdem ähneln sich die Studiengänge mit Maschinenbau und Management and Technology, sodass sich der erwähnte gemeinsame Kurs ergab.
Die Aufgabe, die die vier als Gruppe bekamen: eine Marktlücke zu finden und eine Geschäftsidee dafür zu entwickeln. Diese sollte dann in einem Businessplan umgesetzt werden. Die zündende Idee kam den vier Freunden bei einem gemeinsamen Kochabend, den sie wegen der Corona-Pandemie per Video-Konferenz abhielten. An jenem Abend im April zeigte Thomas, der leidenschaftlichste Koch der Gruppe, den anderen ein Rezept, das diese nachkochten. Zunächst setzten sie das Projekt für die Uni um, doch so ganz ließ der Gedanke sie nicht los. „Irgendwann haben wir unseren Businessplan abgegeben und zu dem Zeitpunkt waren wir alle begeistert von der Idee und sicher, dass sie Potenzial hat“, sagt Vladisvlav. Darum setzten sie sich im September gemeinsam hin und entwarfen eine Webseite. „Zuerst war der Gedanke, dass das eine Plattform wird, auf der man sich gegenseitig ein Gericht vorkochen kann“, erklärt Jakob.
Doch nach mehreren Versuchen mit Freunden und Familie stellten die vier fest: So einfach ist es dann doch nicht. „Man muss ganz genau wissen, was man da macht und Techniken beherrschen. Außerdem sollte man ein Entertainer sein und die Leute abholen können.“
Darum stellten sie Kontakte zu verschiedenen Köchen in ganz Deutschland her, die zum Teil beErfahrung darin haben, Kochkurse zu geben. „Die Köche waren schnell begeistert von dem Angebot“, erzählt Vladisvlav. Und mittlerweile kämen auch Köche von sich aus auf sie zu. Habe ein Koch dann Interesse, gebe es zunächst einen Testtermin mit den vier Gründern. Welches Rezept die Köche vorstellen wollen, bleibt ihnen selbst überlassen. „Wir lassen da kreative Freiheit“, betont Jakob.
Und inzwischen hat sich eine bunte Mischung an Angeboten ergeben, wie auf der Website „Kitchenllamas“deutlich ersichtlich ist. Von mexikanischen Gerichten über einen Gewürzworkshop und vegane Rezepte bis hin zum Einstieg in die ayurvedische Ernährung – das Angebot ist breit gefächert. Entsprechend variieren auch die Preise zwischen 20 und 65 Euro pro Kurs.
Aktuell verdienen die vier allerdings noch nichts mit ihrer OnlinePlattform. „Nach unserem ursprünglichen Businessmodell hätten wir 20 Prozent Kommission dafür verlangt, dass die Köche unsere Seite nutzen dürfen“, erklärt Niklas. Doch wegen der Corona-Pandemie habe man sich dazu entschieden, den Erlös vollständig den Köchen zugutekommen zu lassen. „Wir wollten ihnen in dieser Zeit unter die Arme greifen.“
Trotzdem gibt es noch weitere Schwierigkeiten und Aufgaben, die die vier Studenten lösen müssen.
Aktuell beschäftigen sie sich nach eigener Aussage in erster Linie mit der Nutzergenerierung, die aktuell noch großteils über Mundpropaganda im Freundes- und Bekanntenkreis laufe. Denn es sei ja schön und gut, eine funktionierende Webseite zu haben, aber ohne Nutzer sei das eher sinnlos.
Darum fokussieren sie sich im Moment vor allem auf Soziale Medien wie Instagram, schalten aber auch Werbungen auf Google. Doch ohne Kapital sei Marketing schwierig. Und: „Es ist eine Herausforderung, gleichzeitig Köche und Kunden anzulocken“, sagt Thomas.
Doch die vier Freunde sind zuversichtlich, dass der Bekanntheitsgrad ihrer Webseite steigen wird. Denn das System der Online-Kochkurse bringe viele Vorteile. Zum einen könne man von zu Hause aus mitkochen, wo man seine Küche und Geräte genau kenne und Privatsphäre habe. Gleichzeitig könne man aber auch mit Freunden etwas gemeinsam unternehmen, was wegen Corona persönlich nicht ginge. Und zum anderen sei Letzteres auch für die Zukunft nach Corona durchaus vorteilhaft: „Vor Kurzem war bei einem dieser Kochkurse ein ehereits maliger Kommilitone von mir dabei, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte“, erzählt Vladisvlav. Die Kochkurse seien eine Möglichkeit, Distanzen zu überwinden und Menschen zusammenzubringen.
Und wie waren die Rezepte bisher? „Ich hab’ schon viel davon noch einmal nachgekocht“, erzählt Thomas. Besonders sei ihm eine Erdnusssoße aus einem mexikanischen Kochkurs in Erinnerung geblieben. Die habe ihm so geschmeckt, dass er sich umgehend mit Erdnüssen eingedeckt habe. Zudem lerne man gleichzeitig viele neue Techniken.
Wie es mit der Plattform weitergeht, wird sich noch herausstellen. Vorerst können sich alle vier Gründer gut vorstellen, die Webseite neben dem Studium weiterzuführen. Alle vier haben mit dem Master bereits begonnen, noch etwa anderthalb Jahre wird es dauern, bis sie damit fertig sind. In der Zwischenzeit hoffen die vier Freunde, neue und auch internationale Köche für sich gewinnen zu können und die Plattform weiter zu vergrößern. „In diese Idee vom Frühjahr haben wir so viel Herzblut gesteckt, das ist nicht nur Business, sondern soll auch einen Mehrwert für die Teilnehmer bieten“, sagt Vladisvlav.
OnlineKochkurse können im Internet unter https://kitchenllamas.com/ gebucht werden.