Guenzburger Zeitung

Fahrt an einen grausamen Ort

Lernen geht nicht nur in der Schule oder zu Hause. Immer wieder besuchen Schulklass­en dafür auch andere Orte. Manche davon erinnern an schlimme Ereignisse aus der Vergangenh­eit

- VON REBECCA KRIZAK

Elias kennt diesen Witz:

Ein Löwe läuft stolz durch den Dschungel. Er trifft auf ein Ze‰ bra und brüllt: „Wer ist der Kö‰ nig der Tiere?“Das Zebra ant‰ wortet leise: „Na, du Löwe!“Wenig später trifft er ein Erd‰ männchen. „Wer ist der König der Tiere?“„Na, du Löwe!“Schließlic­h trifft er einen Elefan‰ ten: „Wer ist der König der Tiere?“Der Elefant packt den Löwen mit seinem Rüssel und schüttelt ihn ordentlich durch. Der Löwe ganz kleinlaut: „Man wird doch noch mal fragen dürfen.“

Mit der Schule einen Ort besuchen, an dem früher Verbrechen passiert sind? Macht das nicht traurig und vielleicht sogar Angst? Der Forscher Christian Kuchler hat sich Schul-Besuche an solchen Gedenkstät­ten genauer angeschaut und darüber ein Buch geschriebe­n. Dabei ging es um Orte, die an die Verbrechen der Nationalso­zialisten (abgekürzt: Nazis) erinnern. Vor allem ging es um das ehemalige deutsche Konzentrat­ionslager Auschwitz im heutigen Land Polen. Dort brachten die Nazis vor etwa 80 Jahren über eine Million Menschen um.

Was ist in Auschwitz passiert?

Das Lager Auschwitz wurde von den Nazis errichtet. Es ist ein Ort, an dem brutale Verbrechen passiert sind. Menschen wurden dort ermordet oder zu schwerer Arbeit gezwungen. Und das nur, weil sie anders dachten oder einen anderen Glauben hatten als die Nazis.

Christian Kuchler:

Warum sollten Schulklass­en einen so grausamen Ort wie Auschwitz besuchen?

Christian Kuchler:

Weil man vieles von dem, was man weiß oder gehört hat, beim persönlich­en Besuch besser verstehen kann. Man merkt: Da ist noch etwas, was damals auch da war. Die Gebäude, die Betten darin – das alles ist anfassbar. So schreiben es die Schüler später auch in ihren Berichten.

Sie haben sich sehr viele dieser Berichte von Schülerinn­en und Schülern für Ihr Buch „Lernort Auschwitz“angeschaut.

Christian Kuchler:

Genau. Die Schülerinn­en und Schüler mussten vor, während und nach der Fahrt darin ihre Eindrücke, Gefühle schen gegen deren Willen hin. Das Leben in den Lagern war grausam. Die Nazis ließen die Menschen extrem schwer arbei‰ ten. Viele Menschen wurden außerdem umgebracht. Deutschlan­d führte damals ge‰ gen zahlreiche Länder Krieg und konnte schließlic­h von an‰ deren Staaten besiegt wer‰ den. Soldaten aus Russland ge‰ langten am 27. Januar 1945 zum Lager Auschwitz in Polen.

und ihren Wissenszuw­achs aufschreib­en. Die Berichte habe ich ausgewerte­t und daraus ist ein Buch entstanden.

Sie befreiten die Men‰ schen in dem Lager und beendeten das Töten dort. Der 27. Januar ist deshalb heute ein Gedenktag. Menschen auf der ganzen

Welt erinnern sich an diesem Tag an die Juden, die von den Nazis umgebracht wurden. (dpa)

Was haben die Schülerinn­en und Schüler aufgeschri­eben?

Viele waren auf dem Hinweg unsicher und hatten

Christian Kuchler:

Watterson/UPS/Distr. Bulls Angst vor dem, was sie erwartet – vor dem Ort und vor den Informatio­nen dazu. Aber sie waren gleichzeit­ig auch neugierig. Hinterher schrieben die meisten, sie seien zufrieden, sich dem gestellt zu haben. Sie wollten das, was sie erlebt haben, unbedingt weitergebe­n. Viele schrieben: Sie wollen ihren Geschwiste­rn und jüngeren Kindern den Rat geben, auch zu fahren, wenn so eine Fahrt für sie ansteht.

Die Besuche solcher Gedenkstät­ten wie Auschwitz haben mehrere Ziele. Es geht etwa darum, sich zu erinnern, was damals passiert ist – damit solche Verbrechen nicht wieder passieren. Wie gut tragen die Besuche denn tatsächlic­h zu den Zielen bei?

Christian Kuchler:

Es bringt viel, weil man die Menschenve­rachtung begreift, mit der die Nazis handelten. Es ist wichtig, sich gründlich im Unterricht auf den Besuch vorzuberei­ten. Aber man braucht auch danach die Zeit und die Möglichkei­t, über das zu sprechen, was man erlebt hat. Was aber auch klar ist: Eine solche Fahrt allein reicht nicht aus. Das ist eine Aufgabe, die über Jahre stattfinde­t. In den Familien, aber auch im Unterricht.

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Foto: dpa Der Experte Christian Kuchler hat ein Buch über Schulbesuc­he in Auschwitz geschriebe­n. Es heißt „Lernort Ausch‰ witz“.
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Im ehemaligen Konzentrat­ionslager in Auschwitz wurden vor etwa 80 Jahren viele Menschen eingesperr­t und auch ge‰ tötet. Heute kann man die Gedenkstät­te besuchen.
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