Fahrt an einen grausamen Ort
Lernen geht nicht nur in der Schule oder zu Hause. Immer wieder besuchen Schulklassen dafür auch andere Orte. Manche davon erinnern an schlimme Ereignisse aus der Vergangenheit
Elias kennt diesen Witz:
Ein Löwe läuft stolz durch den Dschungel. Er trifft auf ein Ze bra und brüllt: „Wer ist der Kö nig der Tiere?“Das Zebra ant wortet leise: „Na, du Löwe!“Wenig später trifft er ein Erd männchen. „Wer ist der König der Tiere?“„Na, du Löwe!“Schließlich trifft er einen Elefan ten: „Wer ist der König der Tiere?“Der Elefant packt den Löwen mit seinem Rüssel und schüttelt ihn ordentlich durch. Der Löwe ganz kleinlaut: „Man wird doch noch mal fragen dürfen.“
Mit der Schule einen Ort besuchen, an dem früher Verbrechen passiert sind? Macht das nicht traurig und vielleicht sogar Angst? Der Forscher Christian Kuchler hat sich Schul-Besuche an solchen Gedenkstätten genauer angeschaut und darüber ein Buch geschrieben. Dabei ging es um Orte, die an die Verbrechen der Nationalsozialisten (abgekürzt: Nazis) erinnern. Vor allem ging es um das ehemalige deutsche Konzentrationslager Auschwitz im heutigen Land Polen. Dort brachten die Nazis vor etwa 80 Jahren über eine Million Menschen um.
Was ist in Auschwitz passiert?
Das Lager Auschwitz wurde von den Nazis errichtet. Es ist ein Ort, an dem brutale Verbrechen passiert sind. Menschen wurden dort ermordet oder zu schwerer Arbeit gezwungen. Und das nur, weil sie anders dachten oder einen anderen Glauben hatten als die Nazis.
Christian Kuchler:
Warum sollten Schulklassen einen so grausamen Ort wie Auschwitz besuchen?
Christian Kuchler:
Weil man vieles von dem, was man weiß oder gehört hat, beim persönlichen Besuch besser verstehen kann. Man merkt: Da ist noch etwas, was damals auch da war. Die Gebäude, die Betten darin – das alles ist anfassbar. So schreiben es die Schüler später auch in ihren Berichten.
Sie haben sich sehr viele dieser Berichte von Schülerinnen und Schülern für Ihr Buch „Lernort Auschwitz“angeschaut.
Christian Kuchler:
Genau. Die Schülerinnen und Schüler mussten vor, während und nach der Fahrt darin ihre Eindrücke, Gefühle schen gegen deren Willen hin. Das Leben in den Lagern war grausam. Die Nazis ließen die Menschen extrem schwer arbei ten. Viele Menschen wurden außerdem umgebracht. Deutschland führte damals ge gen zahlreiche Länder Krieg und konnte schließlich von an deren Staaten besiegt wer den. Soldaten aus Russland ge langten am 27. Januar 1945 zum Lager Auschwitz in Polen.
und ihren Wissenszuwachs aufschreiben. Die Berichte habe ich ausgewertet und daraus ist ein Buch entstanden.
Sie befreiten die Men schen in dem Lager und beendeten das Töten dort. Der 27. Januar ist deshalb heute ein Gedenktag. Menschen auf der ganzen
Welt erinnern sich an diesem Tag an die Juden, die von den Nazis umgebracht wurden. (dpa)
Was haben die Schülerinnen und Schüler aufgeschrieben?
Viele waren auf dem Hinweg unsicher und hatten
Christian Kuchler:
Watterson/UPS/Distr. Bulls Angst vor dem, was sie erwartet – vor dem Ort und vor den Informationen dazu. Aber sie waren gleichzeitig auch neugierig. Hinterher schrieben die meisten, sie seien zufrieden, sich dem gestellt zu haben. Sie wollten das, was sie erlebt haben, unbedingt weitergeben. Viele schrieben: Sie wollen ihren Geschwistern und jüngeren Kindern den Rat geben, auch zu fahren, wenn so eine Fahrt für sie ansteht.
Die Besuche solcher Gedenkstätten wie Auschwitz haben mehrere Ziele. Es geht etwa darum, sich zu erinnern, was damals passiert ist – damit solche Verbrechen nicht wieder passieren. Wie gut tragen die Besuche denn tatsächlich zu den Zielen bei?
Christian Kuchler:
Es bringt viel, weil man die Menschenverachtung begreift, mit der die Nazis handelten. Es ist wichtig, sich gründlich im Unterricht auf den Besuch vorzubereiten. Aber man braucht auch danach die Zeit und die Möglichkeit, über das zu sprechen, was man erlebt hat. Was aber auch klar ist: Eine solche Fahrt allein reicht nicht aus. Das ist eine Aufgabe, die über Jahre stattfindet. In den Familien, aber auch im Unterricht.