Vergewaltigung Günzrieder Weiher: Freispruch
Weil er eine Frau in seinem Auto vergewaltigt haben soll, bekam ein 38-Jähriger am Amtsgericht in Günzburg eine lange Haftstrafe. Dagegen legte er Berufung ein – mit Erfolg
Im Berufungsverfahren am Landgericht wurde der mutmaßliche Vergewaltiger wegen mangelnder Beweise freigesprochen.
Günzburg/Memmingen Am 18. Juni 2019 hat Richter Walter Henle am Amtsgericht in Günzburg einen heute 38-Jährigen zu drei Jahren Haft verurteilt. Er soll im August 2018 eine Frau am Günzrieder Weiher in seinem Auto vergewaltigt haben (wir berichteten). Der Mann legte Berufung ein – und wurde am Donnerstag am Landgericht in Memmingen freigesprochen.
Laut der ursprünglichen Anklageschrift soll der 38-Jährige die heute 41-Jährige erst wenige Tage vor der Tat kennengelernt haben. Die beiden tauschten ihre FacebookKontakte aus und verabredeten dann via Chatnachricht ein Treffen, obwohl beide zu diesem Zeitpunkt in einer Beziehung waren und die Freundin des Angeklagten zudem ein Kind von ihm erwartete.
Wann genau das Treffen stattfand, ist nicht mehr genau feststellbar, es war in jedem Fall höchstens ein paar Tage später. Der 38-Jährige besuchte die Frau in ihrer Wohnung. Anwesend war außerdem auch die Freundin der 41-Jährigen, die sich ins Nebenzimmer zurückzog.
Der Angeklagte und die 41-Jährige schauten zusammen einen Film und begannen, sich einvernehmlich zu küssen. Dann wurde der 38-Jährige zudringlich und befingerte die Frau im Intimbereich. Sie wehrte sich und holte ihre Freundin. Dann bat sie den 38-Jährigen, zu gehen. Später am Abend schickte er der 41-Jährigen eine Sprachnachricht, in der er sich für sein aufdringliches Verhalten entschuldigte. Das bestätigte in der Hauptverhandlung in Günzburg auch die Freundin der 41-Jährigen. Da die Frau später den Chatverlauf löschte, ist diese Nachricht aber nicht mehr vorhanden. Soweit die Anklageschrift.
Der Angeklagte behauptet dagegen, dass alles einvernehmlich gewesen sei. Man habe noch gemeinsam auf dem Balkon geraucht, dann sei er nach Hause gefahren.
Wenige Tage später verabredeten sich der Angeklagte und die 41-Jährige erneut zu einem Treffen. Der 38-Jährige holte sie mit seinem Auto ab und sie fuhren zum Günzrieder Weiher, wo sie sich gemeinsam auf eine Decke legten. Laut Aussage des 38-Jährigen hätten die beiden dort einvernehmlichen Sex gehabt. Als dann mehrere Badegäste auftauchten, seien sie zu seinem Auto gegangen, in dem sie noch einmal miteinander geschlafen hätten.
Anders hatte die 41-Jährige das geschildert. Er sei auf der Decke zudringlich geworden, was sie abgewehrt habe, dann wollte sie nach Hause. Da sei seine Stimmung gekippt. Zurück am Auto habe er sie auf die Rückbank gezerrt und dort vergewaltigt. Genauere Details konnte die 41-Jährige nicht nennen. Erst, als ein weiteres Auto auftauchte, habe er von ihr abgelassen.
In der Hauptverhandlung in Günzburg wurden insbesondere die Erinnerungslücken der Frau thematisiert. Auf genauere Nachfragen konnte sie keine konkreten Antworten geben, den Ablauf der Vergewaltigung konnte sie nicht schildern. Und warum sie erst knapp drei Monate nach der Tat zur Polizei gegangen war, konnte sie ebenfalls nicht erklären.
Trotzdem wurde der Angeklagte, der bereits einige Jahre zuvor vom Amtsgericht in Heidenheim wegen einer ganz ähnlichen Geschichte eine Bewährungsstrafe bekommen hatte, zu drei Jahren Haft verurteilt. Sowohl die Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und elf Monate gefordert hatte und die Strafe als zu milde ansah, als auch der 38-Jährige legten Berufung ein.
Am Donnerstag rollte das Schöffengericht am Landgericht Memmingen unter der Leitung von Richter Jürgen Hasler den Fall noch einmal auf. Weder die 41-Jährige, die sich von Nebenklagevertreterin
Beate Mendle vertreten ließ, noch ihre Freundin wollten jedoch als Zeugen auftreten. Der 38-Jährige selbst äußerte sich nur kurz zu den Vorwürfen und wiederholte, dass sowohl die Intimitäten in der Wohnung der 41-Jährigen als auch der Sex am Günzrieder Weiher einvernehmlich gewesen seien.
Im Mittelpunkt der Sitzung stand das Gutachten einer Psychologin über die 41-Jährige. Sie betonte, dass insbesondere bei der Schilderung der sexuellen Übergriffe „nicht erklärbare Inkonsistenzen“zwischen den Aussagen bei der Polizei, vor Gericht und im Gespräch mit ihr vorherrschten. Auch habe die Frau kaum Details zu den Vorfällen nennen können. „Gerade das müsste gedächtnispsychologisch aber fest verankert sein.“Die Aussagen seien zu einseitig, könnten in dieser Qualität auch erfunden sein. Es sei nicht möglich, eine Falschaussage auszuschließen.
Auf dieses Gutachten stützte sich Richter Hasler. „Letztendlich steht hier Aussage gegen Aussage. Doch die Angaben der Geschädigten sind zu schwach, um eine Anklage tragen zu können“, sagte er. Der 38-Jährige wurde freigesprochen, die Staatsanwaltschaft zog die eingelegte Berufung aufgrund mangelnder Beweislage zurück.