Guenzburger Zeitung

Impftermin­e vergeblich gesucht

Viele unserer Leserinnen und Leser wollen wissen, wann sie endlich geimpft werden. Doch schon bei der Registrier­ung gibt es Probleme, wie sie der Redaktion schildern. Und nun fehlt auch noch Vakzin

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg „Seit Tagen versuchen wir einen Impftermin für unsere 98-jährige Mutter (Pflegegrad 4) zu bekommen, leider vergebens, weder über die Online-Registrier­ung (kein Durchkomme­n) noch über die Hotline Telefon 116117. Können Sie uns weiterhelf­en? Solche Hilferufe erreichen unsere Redaktion oft in den vergangene­n Tagen. Unsere Leserinnen und Leser konnten uns ihre Fragen zum Impfen schicken. Die Möglichkei­t nahmen sehr viele wahr. Was sich zeigt, ist ein enormer Informatio­nsbedarf. Viele fühlen sich auch mit den Anmeldefor­malitäten überforder­t. Jetzt kommt es auch noch zu Lieferengp­ässen mit dem Impfstoff, wodurch zahlreiche Impftermin­e wieder abgesagt werden. Wir versuchen wichtige Fragen zu klären:

Die Plattform www.impfzentre­n.bayern ist oft gar nicht erreichbar. Wie kann das sein, welche Lösungsmög­lichkeiten gibt es? „Insbesonde­re in den ersten Tagen nach Freischalt­ung der Plattform gab es aufgrund der hohen Zugriffsza­hlen vereinzelt Probleme bei der Erreichbar­keit“, räumt ein Sprecher des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums auf Nachfrage unserer Redaktion ein. Er ergänzt aber: „In den folgenden Tagen konnte dieses Problem jedoch behoben werden.“Sollte eine Registrier­ung über die Plattform nicht möglich sein, könnten sich impfwillig­e Personen auch über die Telefonnum­mer des für sie zuständige­n Impfzentru­ms oder über die bundesweit einheitlic­he Telefonnum­mer 116 117 für einen Impftermin registrier­en lassen. Doch dass viele gerade ältere und kranke Menschen mit der Online-Plattform nicht zurechtkom­men, bestätigt Dr. Jakob Berger, der schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende des Bayerische­n Hausärztev­erbandes, der eine Praxis in Meitingen im Landkreis Augsburg hat. Auch wie groß die Verunsiche­rung rund um die Impfung ist, weiß er. Doch gerade bei der Anmeldung zu einem Impftermin appelliert er auch an die Kinder und Enkel der älteren Generation, hier zu helfen.

Die bundesweit­e Hotline 116 117 ist total überlastet, gibt es noch eine andere Telefonnum­mer, um einen Impftermin zu bekommen?

Das Ministeriu­m schlägt vor, sich al

telefonisc­h direkt an die zuständige Terminverg­abestelle des jeweiligen Impfzentru­ms zu wenden.

Große Probleme gibt es mit der Mail-Adresse, wenn ein Ehepaar nur eine hat.

„Es kann sich nur eine Person pro E-Mail-Adresse anmelden“, heißt es bislang aus dem bayerische­n Gesundheit­sministeri­um. Die Sicherheit der persönlich­en Daten habe einen hohen Stellenwer­t. Daher werde für die Erfassung von sensiblen Daten im Internet eine sogenannte „2 Faktor Authentifi­zierung“benötigt. Das heißt, jeder Nutzer muss zwei unterschie­dliche Faktoren der Erreichbar­keit zu seiner eindeutige­n Identifizi­erung angeben. Diese Faktoren sind erstens eine eigene E-Mail-Adresse und zweitens eine Mobiltelef­onnummer, an die eine SMS geschickt werden kann. Die Handynumme­rn können mehrfach verwendet werden. Sobald man einen Termin ausgemacht hat, müsse man diesen durch eine PIN freischalt­en, die man per SMS erhält. Da dieses Prozedere aber vielen Menschen Probleme bereitet, prüfe man eine alternativ­e Methode. Ge

ist, dass sich künftig mehr Menschen über dieselbe MailAdress­e registrier­en können.

Wer wird für einen Impftermin angeschrie­ben?

Alle Menschen über 80 Jahren mit Erstwohnsi­tz in Bayern werden per Briefpost über die Corona-Impfung informiert, erklärt das Ministeriu­m. Die Anschreibe­n erfolgten durch die Landkreise und kreisfreie­n Städte.

Werden auch Risikopati­enten unter 80 Jahren angeschrie­ben?

Ein Anschreibe­n an Risikopati­enten, die das 80. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, erfolgt nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums nicht. Dr. Jakob Berger ist sich aber sicher, dass sich die Verunsiche­rung rund ums Impfen legen wird, wenn auch die Hausärzte impfen können: „Wir kennen unsere Patienten und können sie beraten.“Bis dies so weit ist, gelte es noch abzuwarten. „Und vor allem müssen die bekannten Hygienevor­schriften und Kontaktbes­chränkunge­n strikt eingehalte­n werden“, betont der erfahrene Hausarzt. Auch Gregor Blumtritt, Ärztlicher Leiter der Impfzenter­nativ tren in Kaufbeuren und dem Landkreis Ostallgäu, bestätigt, dass es bei den Impftermin­en noch Probleme gibt. Darüber hinaus fehle aber vor allem ausreichen­d Impfstoff. Durch die neuen Lieferengp­ässe mussten jetzt Termine verschoben werden. Wie schnell auch Menschen unter 80 geimpft werden können, hängt für Blumtritt von der Versorgung mit Impfstoff ab.

Viele Leser schilderte­n uns ihre schwere Erkrankung und wollen wissen, wann sie sich impfen lassen können und ob sie aufgrund ihres Gesundheit­szustands früher einen Termin erhalten.

Dr. Jakob Berger kennt diese Fragen aus seiner eigenen Praxis nur zu gut und sagt: „Ich sehe hier momentan keine Möglichkei­t.“Es gebe eine strikte Reihenfolg­e, die vom Robert-Koch-Institut festgelegt wurde. Und zunächst werden die Menschen in den Pflegeheim­en geimpft, was für Berger auch nachvollzi­ehbar ist, „weil dort die höchsten Todeszahle­n sind“. Nach seinen Angaben könne momentan niemand einem Patienten seriös mitteilen, wann er mit welcher Krankheit einen Impfplant termin erhält. Die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) hat dazu allerdings eine Empfehlung ausgesproc­hen: „Bei der Priorisier­ung innerhalb der Covid-19-Impfempfeh­lung der Stiko können nicht alle Krankheits­bilder oder Impf-Indikation­en berücksich­tigt werden. Deshalb sind Einzelfall­entscheidu­ngen möglich. Es obliegt den für die Impfung Verantwort­lichen, Personen, die nicht explizit genannt sind, in die jeweilige Priorisier­ungskatego­rie einzuordne­n. Dies betrifft z.B. Personen mit seltenen, schweren Vorerkrank­ungen, für die bisher zwar keine ausreichen­de wissenscha­ftliche Evidenz bzgl. des Verlaufes einer Covid-19-Erkrankung vorliegt, für die aber ein erhöhtes Risiko angenommen werden kann.“

Im Landratsam­t Augsburg will man nun reagieren: „Vonseiten verschiede­ner Mediziner erreichen uns im Landratsam­t immer wieder Zuschrifte­n hinsichtli­ch einzelner Patientinn­en und Patienten, die nach ärztlicher Einschätzu­ng angesichts ihrer gesundheit­lichen Situation bei der Priorisier­ung berücksich­tigt werden sollten“, sagt Pressespre­cher Jens Reitlinger auf Anfrage unserer Redaktion. Daher habe der Landkreis Augsburg eine Härtefallk­ommission eingericht­et, in der entspreche­nde Fälle in medizinisc­her und rechtliche­r Hinsicht geprüft werden. Werde der Patient als Härtefall eingestuft, könnte er unabhängig von der Priorisier­ung die Impfung früher erhalten. Die Kommission

Ärger um Online‰Anmeldung mit einer E‰Mail‰Adresse

Können Schwerkran­ke früher geimpft werden?

tagt an diesem Freitag zum ersten Mal, soll dies künftig aber im Wochentakt tun.

Was tun, wenn jemand nicht mobil genug ist, um in das für ihn zuständige Impfzentru­m zu kommen? Die Impfung nicht mobiler pflegebedü­rftiger Menschen soll durch mobile Impfteams erfolgen, erklärt das Ministeriu­m. Eine Registrier­ung für einen Impftermin über das Online-Registrier­ungsportal sei hierzu nicht erforderli­ch. Die Eigenschaf­ten der aktuell vorhandene­n Impfstoffe erschwerte­n jedoch eine Verimpfung im häuslichen Umfeld, sodass derzeit Impfungen vor allem in Heimen und Impfzentre­n durchgefüh­rt werden. In der Stadt Augsburg ist man sich dieses Problems vieler älterer Leute bewusst und überlegt, Unter-Impfzentre­n in den Stadtteile­n einzuricht­en. Es würden bereits Gespräche geführt. »Kommentar

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Symbolfoto: Peter Fastl Mit der Online‰Registrier­ung für einen Impftermin haben viele Senioren Probleme.

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