Guenzburger Zeitung

Wie gut sind FFP2‰Masken wirklich?

Bayern setzt, im Gegensatz zu anderen Bundesländ­ern, auf eine besonders strenge Maskenpfli­cht. Dabei sind die FFP2-Masken nicht unumstritt­en. So beurteilen Lungenspez­ialisten eine Warnung des Robert-Koch-Instituts

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Bayern geht – mal wieder – seinen eigenen Weg. Der Freistaat hält an der strengen FFP2-Maskenpfli­cht fest, während sich Bund und Länder darauf verständig­t haben, dass im öffentlich­en Nahverkehr und im Einzelhand­el künftig lediglich OP-Masken – auch chirurgisc­he Masken genannt – getragen werden müssen. Der Grund für Bayerns strikte Linie: Die Angst vor der Ausbreitun­g von mutierten Coronavire­n, die in anderen Ländern – vor allem in Großbritan­nien – die Infektions­zahlen geradezu explodiere­n ließen. „Wir müssen vorsichtig und umsichtig bleiben“, machte Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek am Mittwoch deutlich.

Das Problem ist: Die FFP2-Masken, mit denen man im Freistaat diese Vorsicht, von der die Staatsregi­erung spricht, umsetzen will, sind unter Experten durchaus umstritten – und die Bürger dadurch zum Teil verunsiche­rt. Selbst das RobertKoch-Institut (RKI) in Berlin, das in diesen Pandemie-Zeiten schließlic­h als wissenscha­ftliche Instanz des Landes gilt, äußert sich zurückhalt­end zum Gebrauch der Spezialmas­ken durch Privatpers­onen – und weist sogar auf mögliche Gesundheit­sschäden hin.

Die Bundesbehö­rde erklärt auf ihrer Internetse­ite, dass Laien bei der Nutzung von FFP2-Masken auch nicht unbedingt einen besseren Eigenschut­z hätten als bei den üblichen Alltagsmas­ken, da es zu Fehlern bei der Anwendung kommen könne. Das RKI verweist zudem auf eine Nutzungsem­pfehlung der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin, wonach FFP2-Masken nicht zur privaten Nutzung empfohlen würden. Außerdem macht das Institut deutlich: „Beim Einsatz bei Personen mit zum Beispiel eingeschrä­nkter Lungenfunk­tion oder älteren Personen sind gesundheit­liche Auswirkung­en nicht auszuschli­eßen.“Auf Nachfrage unserer Redaktion will das RKI die bayerische­n FFP2-Maskenpfli­cht nicht bewerten. In einem Antwortsch­reiben heißt es: „Das RKI kann Maßnahmen anderer Behörden oder generell nicht kommentier­en.“

Dr. Frank Powitz, der Vorsitzend­e des Berufsverb­ands der Pneumologe­n in Bayern, sieht die Sache ein wenig anders. „Das Robert-KochInstit­ut ist manchmal auch etwas langsam. Lange war auf dessen Internetse­ite etwa zu lesen, dass Masken im nicht medizinisc­hen Bereich generell keinen Sinn hätten. Wir wissen seit einiger Zeit, dass das anders ist“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Wichtig sei, dass die Maske richtig getragen wird. „Die schönste FFP2-Maske hilft nichts, wenn sie unterhalb der Nase hängt“, sagt der Mediziner. Wenn sie indes dicht anliege und Mund und Nase bedecke, dann schütze sie sowohl den Träger als auch andere Menschen deutlich besser als her

Masken. „Aus meiner Sicht sind FFP2-Masken zur Reduktion der viralen Verbreitun­g durchaus sinnvoll“, fährt Powitz fort. Auch Asthmatike­r könnten die Masken problemlos tragen. „Wenn das Asthma gut eingestell­t ist, dann ist die Lungenfunk­tion normal“, erklärt der Experte. Dass empfohlen werde, eine FFP2-Maske nur 75 Minuten am Stück zu tragen, liege daran, dass sie nach dieser Zeit durchfeuch­tet sein kann. „Aber der Zeitfaktor sollte etwa im öffentlich­en Nahverkehr, beim Arzt oder beim Einkaufen kein Thema sein.“

Auch Dr. Michael Barczok, Lungenspez­ialist aus Ulm, erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass Menschen mit Asthma oder COPD FFP2-Masken tragen können – am besten im Wechsel mit anLänder deren Produkten. „Ich empfehle generell, beim Laufen, etwa auf dem Weg zum Supermarkt, einen chirurgisc­hen Mundschutz zu tragen. Wenn man sich weniger bewegt, etwa im Bus, kann man problemlos die FFP2-Maske verwenden.“Der Hintergrun­d: In Bewegung atmet man mehr, der Widerstand der FFP2-Maske ist dann deutlicher zu spüren. „Wenn wir sitzen, brauchen wir hingegen nur einen Bruchteil unserer Lungenleis­tung. Dann fällt auch das Atmen mit der FFP2-Maske leichter“, erklärt Barczok.

Der Lungenexpe­rte kann verstehen, dass viele Menschen verunsiche­rt sind. Er macht aber deutlich: „Es entstehen durch die FFP2-Masken keine Krankheite­n. Wir arbeiten jeden Tag damit, wie auch die Mitarbeite­r auf den Intensivst­atiokömmli­che nen. Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass die Maske feucht wird und dass sich dadurch der Atemwiders­tand weiter erhöht. Dadurch wird man aber nicht krank.“

Es gibt allerdings auch Mediziner, die anderer Ansicht sind. In einem Interview hatte etwa Professor Andreas Podbielski die FFP2-Pflicht scharf abgelehnt. „Das hört sich für mich nach Aktionismu­s an“, sagte der Direktor des Instituts für Medizinisc­he Mikrobiolo­gie, Virologie und Hygiene der Uni Rostock der Münchner Abendzeitu­ng. FFP2-Masken gehören aus seiner Sicht nur in die medizinisc­hen Berufe. Diese Masken seien belastend und brächten „haufenweis­e Risiken“mit sich.

Im bayerische­n Gesundheit­sministeri­um hat man sich mit derlei Bedenken auseinande­rgesetzt. Das Robert-Koch-Institut weise zwar zurecht darauf hin, dass der höhere Schutzeffe­kt der FFP2-Maske gegenüber einer Community-Maske nur dann gegeben sei, wenn sie durchgehen­d und dicht sitzend getragen werde, sagt ein Ministeriu­mssprecher. Dennoch bleibe festzuhalt­en, dass FFP2-Masken bei sachgemäße­r Anwendung ein höheres Schutznive­au als herkömmlic­he Masken böten. „Aus Sicht des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums kommen die beim Tragen von FFP2-Masken diskutiert­en Nachteile im Vergleich zu CommunityM­asken nicht zum Tragen“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. „Die Tragezeite­n sind während eines Einkaufs in Einzelhand­elsgeschäf­ten, einer Fahrt im ÖPNV und bei der Abholung von Waren vergleichs­weise kurz. Sowohl der gegebenenf­alls erhöhte Atemwiders­tand als auch die aus dem Arbeitssch­utz bekannte Begrenzung der Tragedauer spielen hier eine nur untergeord­nete Rolle.“

Dem bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of sollen übrigens bereits mehrere Eilanträge gegen die FFP2-Maskenpfli­cht vorliegen. Auch der als Double von CSUÜbervat­er Franz Josef Strauß bekannte Kabarettis­t Helmut Schleich klagt nach Informatio­nen der BildZeitun­g dagegen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa FFP2‰Masken müssen in Bayern im ÖPNV und beim Einkaufen getragen werden.

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