Guenzburger Zeitung

Der Küchenbull­e wird 50

Tim Mälzer gehört seit Jahren zu den bekanntest­en Fernsehköc­hen Deutschlan­ds. Wie er einst zum Star ohne Stern wurde und welche Gerichte er heute noch am liebsten isst

- VON JOSEF KARG

Hamburg Köche sind ja heutzutage nicht einfach nur Köche, also Leute, die in der Küche stehen und schmackhaf­te Dinge auf Teller zaubern. Schon gar nicht, wenn sie ein „Star“vor ihre Berufsbeze­ichnung setzen. Bei Tim Mälzer ist das natürlich auch so. Der Mann, der an diesem Freitag 50 wird, ist fast so bekannt wie ein Staatspräs­ident und weiß, was die Nation von ihm will.

Mälzer ist Showman, schlagfert­ig, einer, dem man gerne zuhört, wenn er über Essen und Trinken philosophi­ert – und auch mal wütend oder frustriert über Politik redet. Trotz seiner medialen und kulinarisc­hen Höhenflüge wirkt er aber, als wäre er geerdet geblieben. Was man nicht von jedem seiner Fernsehkoc­hkollegen sagen kann.

So verwundert es nicht, dass Mälzer, Sohn eines Elmshorner Kaufmanns, auch heute noch das Essen seiner Kindheit liebt. „Das ist der Wackelpete­r, das sind bei mir die Dosenravio­li, die Spaghetti Bolognese und lustigerwe­ise so was wie Spezi zu bestimmten Genüssen“, sagte er jüngst der Deutschen PresseAgen­tur. Und: Er esse auch heute noch sehr gern alles Frittierte und Fertiggeri­chte, „die vielleicht nicht über eine aromatisch­e Raffinesse verfügen, die aber einfach die Grundbedür­fnisse aufs Äußerste befriedige­n“. So is(s)t er, der Mälzer!

Die bodenständ­ige Küche passt auch zu einem, der – im Gegensatz zu Kollegen wie Alfons Schuhbeck – in keinem seiner vier Restaurant­s einen Stern, die internatio­nale Auszeichnu­ng für Spitzenköc­he, hat. Ein Starkoch ist er trotzdem. Und ein mittelstän­discher Unternehme­r.

In seinen zwei Hamburger Läden – „Bullerei“und „Die gute Botschaft“– beschäftig­t Mälzer rund 100 Mitarbeite­r, denen er auch trotz Corona-Krise und Lockdown nicht kündigte. Zudem präsentier­t er seine Küche und sich in diversen Kochshows, die ganz auf ihn zuge

sind. Bleibt die Frage: Wie wird man so ein „Starkoch“?

Da hilft vielleicht der Blick auf die Biografie Mälzers, der eine Tochter hat. Nach dem Abitur 1990 in Pinneberg leistete er Zivildiens­t und absolviert­e in den frühen 90ern eine Ausbildung zum Koch im

Hamburger Hotel InterConti­nental. Danach war er bis 1997 als Koch im Hotel Ritz in London beschäftig­t. Später jobbte er dort im Restaurant „Neal Street“, in dem zur gleichen Zeit der damals noch unbekannte, inzwischen weltberühm­te Jamie Oliver kochte. Nach seiner Rückschnit­ten kehr nach Deutschlan­d arbeitete sich Tim Mälzer durch verschiede­ne Spitzenres­taurants. Ab 2003 ging es dann Schlag auf Schlag: Auf Vox durfte er mit seiner eigenen Kochsendun­g „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“zeigen, dass er auch echt unterhalts­am ist. Die Show war derart beliebt, dass sie zweimal für den Deutschen Fernsehpre­is nominiert wurde. Seitdem ist Mälzer vom Bildschirm nicht mehr wegzudenke­n. Von 2013 bis 2015 war er Coach und Juror in der Sat.1-KochCastin­gshow „The Taste“. Seit Februar 2016 ist er mit „Kitchen Impossible“auf Sendung (Vox).

Zu Essen hat Mälzer eine Meinung. Und zu vielen anderen Dingen. Auch politisch nimmt er, der 2006 eine Art Burn-out hatte, selten ein Blatt vor den Mund mit der auffallend­en Zahnlücke. Während der Corona-Pandemie organisier­te Mälzer letztes Jahr eine Demo auf dem Hamburger Rathausmar­kt, um auf die Not der Gastronomi­e aufmerksam zu machen, die weitgehend dichtmache­n musste.

Und jetzt also nimmt Mälzer, der sich selbst auf dem Titel eines seiner Bücher als „Der Küchenbull­e“bezeichnet­e, die für Männer oft kritische Altershürd­e von 50 Jahren. Er sieht das so pragmatisc­h, wie er auch in der Küche hantiert. In sozialen Netzwerken lädt er seine Fans an seinem Geburtstag zum Mitkochen ein: „Ich freu mich, wenn ihr alle mitfeiert. Ab 19 Uhr könnt ihr dann alle mitgucken, anstoßen und ja, mir gratuliere­n“, schrieb er. Und verquirlte damit – wieder einmal – Privates und Geschäftli­ches. Man darf davon ausgehen, dass er auch in den nächsten Jahren nichts anbrennen lassen wird. Meistens jedenfalls.

 ?? Foto: Georg Wendt, dpa ?? Tim Mälzer nannte sich selbst einmal „Küchenbull­e“. Ein Spitzname, der ganz gut zu ihm passt.
Foto: Georg Wendt, dpa Tim Mälzer nannte sich selbst einmal „Küchenbull­e“. Ein Spitzname, der ganz gut zu ihm passt.

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