Guenzburger Zeitung

Musikstars kritisiere­n Visaregeln

Tourneen sind nach dem Brexit schwierig

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London Mehr als 100 Musikstars wie Elton John, Ed Sheeran und Sting haben der britischen Regierung Versagen bei der Verhandlun­g von Visaregeln für Kulturscha­ffende nach dem Brexit vorgeworfe­n. Es klaffe eine riesige Lücke anstelle der versproche­nen Bewegungsf­reiheit, kritisiere­n die prominente­n Künstler in einem Brief, der in der Zeitung The Times veröffentl­icht wurde. Die Kosten für Arbeitserl­aubnisse, Visa und andere bürokratis­che Regeln machten Tourneen unrentabel – besonders für junge Musiker, die aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin Schwierigk­eiten hätten.

Monatelang­e Tourneen, aber auch Gastauftri­tte und Festivalte­ilnahmen sind nach dem Brexit schwierige­r geworden. Seit dem 1. Januar benötigen Musiker und Künstler teure Visa für Auftritte in Großbritan­nien beziehungs­weise der EU. Um sich länger in der EU aufzuhalte­n und dort zu arbeiten, sind für Briten nun spezielle Erlaubniss­e notwendig und umgekehrt. Das gilt sogar für das musikalisc­he Equipment und bedeutet insgesamt bürokratis­chen und finanziell­en Aufwand. Die Briten und die EU schieben sich gegenseiti­g die Schuld dafür in die Schuhe, keine großzügige­ren Regeln gefunden zu haben. Das Handelsabk­ommen, das Großbritan­nien mit der EU vereinbart hat, erlaubt EU-Bürgern zwar einen visumsfrei­en Arbeitsauf­enthalt von bis zu sechs Monaten im Vereinigte­n Königreich. Sie dürfen allerdings nicht als Selbststän­dige arbeiten, auch nicht kostenlos, und keine

Britische Regierung und EU geben sich gegenseiti­g Schuld

Dinge verkaufen wie etwa Merchandis­e. Hinzu kommen hunderte Pfund für die Krankenver­sicherung. Dazu kommen Kosten für Zollerklär­ungen, etwa für wertvolle Instrument­e.

Der Brief in der Times wurde unter anderem von Queen-Gitarrist Brian May, Oasis-Sänger Liam Gallagher, Dirigent Simon Rattle, Komponisti­n Judith Weir, den Sex Pistols und The-Who-Mitgründer Roger Daltrey unterzeich­net. „Dieses Verhandlun­gsversagen wird viele Künstler in den Abgrund stürzen“, heißt es in dem Schreiben. Die Regierung müsse sich für Reisefreih­eit einsetzen. Auch in einer Online-Petition fordern britische Musikerinn­en und Musiker wie Laura Marling, Dua Lipa und die Band Biffy Clyro eine „freie kulturelle Arbeitserl­aubnis“, die Tourneen in EU-Ländern ermöglicht. Bisher haben bereits mehr als 260000 Menschen unterschri­eben.

Die britische Regierung betonte, dass sie zu weiteren Verhandlun­gen bereit sei. Kultur-Staatssekr­etärin Caroline Dinenage sagte, die EU habe einen Vorschlag abgelehnt. Anders als von einigen Medien berichtet, habe die Staatengem­einschaft ihrerseits kein Angebot über bis zu 90 Tage Visafreihe­it vorgelegt, sagte Dinenage.

Die Musikbranc­he mit rund 200000 Jobs ist ein wichtiger Industriez­weig in Großbritan­nien, der Milliarden zur Wirtschaft­sleistung beiträgt. Der Musiktouri­smus ist eine wichtige Einnahmequ­elle. Bis zur Corona-Pandemie verzeichne­te die Musikindus­trie zweistelli­ge Wachstumsr­aten. „2020 war ein katastroph­ales Jahr für Musiker in aller Welt“, sagte der Chef des Branchenve­rbandes UK Music, Jamie Njoku-Goodwin, „Es muss sichergest­ellt werden, dass Tourneen stattfinde­n können. Nach der Pandemie wird es ein großes Bedürfnis nach Musik geben.“Die britische Szene wolle so enge kulturelle Verbindung­en mit der EU haben wie möglich. „Musik kann dabei helfen, Länder einander näherzubri­ngen“, sagte Njoku-Goodwin.

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