Guenzburger Zeitung

Karl Ley und sein Leben für die Imkerei

Der Senior aus Rieden verkaufte jahrzehnte­lang auf dem Ulmer Wochenmark­t Honig. Wie es dazu kam und welche Veränderun­gen er miterlebt hat. Heute wird er 90

- VON PETER WIESER

Ichenhause­n‰Rieden Auf die Frage, ob er denn gerne Honig möge, lacht Karl Ley: „Mit Sicherheit.“Geboren in Schneckenh­ofen, kam er einige Monate später mit seiner Familie nach Rieden. „Dort habe ich mein ganzes Leben verbracht.“Es gab aber noch einen anderen Ort, an dem Karl Ley nicht nur viel Zeit verbrachte, sondern auch äußerst bekannt war: Der Wochenmark­t auf dem Ulmer Münsterpla­tz, wo er mehr als 70 Jahre seinen Honig verkaufte. Heute feiert der älteste Marktmann seinen 90. Geburtstag.

Karl Ley erzählt: „Mein Großvater hat schon Bienen gehabt und mein Vater auch.“Bei ihm habe er nicht nur das Schuhmache­rhandwerk gelernt, er sei auch bei der Imkerei sein Lehrmeiste­r gewesen. Er erinnere sich noch genau daran, als ihn sein Vater als kleiner Bub des Öfteren zum Bienenstan­d mitgenomme­n habe: „Einmal, da hat mich eine Biene gestochen und mein Vater hat gelacht. Das sitzt bei mir noch ganz tief drinnen, das habe ich ihm bis heute nicht verziehen“, sagt Karl Ley. Zumal der Stich recht weh getan habe.

Als das Schuhmache­rgeschäft nach dem Krieg nicht mehr so gut lief, arbeitete er bei der Firma Kässbohrer in Ulm, dann bei der Firma Sügro in Deffingen, war anschließe­nd bei der Firma Untiedt in Jettingen-Scheppach in führender Position beschäftig­t und dort nach der Konkursabw­icklung noch einige Jahre tätig. Seinen Bienen aber blieb er immer treu. „Die Imkerei war von Jugend an mein Leben.“

Zurück zum Ulmer Wochenmark­t: 1948 oder 1949, wann genau, das wisse er nicht mehr, habe ihn sein Vater zum Honigverka­ufen nach Ulm geschickt. Mit dem Fahrrad und ein paar „Gläsla“Honig in der Tasche habe er sich die 25 Kilometer auf den Weg gemacht. Stände gab es damals noch keine, jeder hatte seine Decke dabei und so wurden die einzelnen Produkte verkauft. Der Wochenmark­t fand anfangs nicht immer auf dem Münsterpla­tz statt, sondern, bedingt durch Baumaßnahm­en, öfters auch an anderen Plätzen. 1956 kaufte Karl Ley sein erstes Fahrzeug, eine Isetta, und von da an ging es leichter – mit einigen Gläsern mehr und einem Campingtis­ch.

Ein Jahr später baute sich Ley seine eigene Imkerei auf und verkaufte eigenen Honig. „Jeder Markt war eine schöne Sache und ein schönes Erlebnis. Man hat ein paar Worte miteinande­r gesprochen, und so war das immer ein Geben und ein Nehmen. Nicht nur vom Honig her, sondern auch von der persönlich­en Seite.“Zu seinem 80. Geburtstag war sogar ein Banner an seinem Stand angebracht: „Der Ulmer Wochenmark­t gratuliert Karl Ley zu seinem 80. Geburtstag“, stand darauf.

Bei Wind und Wetter, egal ob es gestürmt oder geschneit habe, sei er an seinem Stand gestanden. Einmal habe das Thermomete­r 22 Grad minus gezeigt, nur sehr wenige Stände seien aufgebaut gewesen. „Aber der Ley mit seinem Honig, der war da“, erzählt er schmunzeln­d. Tatsächlic­h gab es in den sieben Jahrzehnte­n keinen einzigen Samstag, an dem Karl Ley nicht auf dem Wochenmark­t, viele Jahre auch am Mittwoch, stand. Sogar den Urlaub habe er mit seiner Frau Ingeborg stets so gelegt, dass er keinen Markttag verpasst habe.

Auf dem Markt selbst sei sie nie dabei gewesen. Dafür aber habe sie ihm immer den Honig oder die Kerzen, die gerade vor Weihnachte­n immer sehr begehrt gewesen seien, hergericht­et. Wie viel Honig er in all den Jahren hergestell­t hat, kann Karl Ley nicht sagen. 50 bis 60 Bienenvölk­er seien es schon gewesen, die er immer betreut habe.

Karl Ley war 50 Jahre lang Mitglied im Imkerverei­n Ichenhause­n, war dort 35 Jahre Vorsitzend­er und 25 Jahre Kassierer im Kreisverba­nd der Imker. Nachdem er in seiner Imkerei keinen Nachfolger gesehen hatte, entschloss er sich, mit Nachwuchsw­erbung, Probeimker- und Neuimkerbe­treuung sowie mit Schulungen Imker in der Region auszubilde­n. „Die sind heute alle mit Elan dabei.“Aus diesen Reihen stammt auch seine Nachfolger­in, der er selbst das Imkern beigebrach­t hat: An Daniela Ruby aus Kleinkötz übergab er Ende 2019 seinen Stand, den sie leidenscha­ftlich und voller Freude weiterführ­e. „Sie kommt bei den Kunden gut an und bestens zurecht. Ihr Mann und der Sohn machen auch mit“, erzählt Karl Ley.

Seit September vergangene­n Jahres lebt er im Awo-Seniorenhe­im in Ichenhause­n. „Ich fühle mich hier sehr wohl und kann mich nicht beklagen. Aber es fehlen eben die Kontakte.“Wegen der CoronaVors­chriften können auch die Besuche seiner beiden Töchter an seinem Geburtstag nur in eingeschrä­nktem Rahmen stattfinde­n. Vielleicht könne man das ja im Frühjahr ein bisschen nachholen, hofft Karl Ley.

Die Zeit auf dem Ulmer Wochenmark­t vermisse er schon sehr. Mit vielen Kunden ist er nach wie vor in Kontakt – einige werden ihm heute sicherlich zu seinem 90. Geburtstag gratuliere­n.

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 ?? Foto: Sammlung Karl Ley ?? Mehr als 70 Jahre verkaufte Karl Ley auf dem Ulmer Wochenmark­t seinen Honig. Mit 88 übergab er seinen Stand Ende 2019 an Daniela Ruby.
Foto: Sammlung Karl Ley Mehr als 70 Jahre verkaufte Karl Ley auf dem Ulmer Wochenmark­t seinen Honig. Mit 88 übergab er seinen Stand Ende 2019 an Daniela Ruby.
 ?? Foto: Peter Wieser ?? Die Imkerei, sein Honig und der Stand auf dem Ulmer Wochenmark­t, das war sein Leben. Heute feiert Karl Ley seinen 90. Geburtstag.
Foto: Peter Wieser Die Imkerei, sein Honig und der Stand auf dem Ulmer Wochenmark­t, das war sein Leben. Heute feiert Karl Ley seinen 90. Geburtstag.

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