Guenzburger Zeitung

Auch der Euro wird bald digital

Die EZB plant jetzt zusammen mit der Europäisch­en Kommission den digitalen Euro. Viele Fragen sind noch ungeklärt, nur bei einem Punkt sind sich alle einig. Das Computerge­ld soll keine Konkurrenz zum Bargeld werden

- VOn DETLEF DREWES

Brüssel Die Arbeiten an der Zukunft haben längst begonnen. „Wir werden einen digitalen Euro haben“, bekräftigt­e Christine Lagarde, die Präsidenti­n der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), vor wenigen Tagen. Da hatte die Euro-Bank gerade die ersten Ergebnisse ihrer öffentlich­en Konsultati­on vorgestell­t, mit der sie Vor- und Nachteile eines virtuellen Geschwiste­rchens für die Gemeinscha­ftswährung sammeln wollte – und regelrecht überrollt wurde.

Mehr als 8000 Experten, Verbände, Banken und Verbrauche­r beteiligte­n sich. Ergebnis: Es ist noch viel zu tun, aber Lagarde rechnet innerhalb der nächsten fünf Jahre mit dem digitalen Euro als Online-Währung. Die EU-Kommission unterstütz­t die Pläne. Mit der EZB hat man eine Übereinkun­ft zur technische­n Vorbereitu­ng geschlosse­n. Man will weder Bitcoin noch Diem, wie das von Facebook initiierte Internet-Geld nach seiner Umbenennun­g von Libra inzwischen heißt, das Feld überlassen.

Für den Verbrauche­r wird die Einführung des digitalen Euro kaum Veränderun­gen bringen. An Ersatz für das bisherige Bargeld denkt man weder in Frankfurt noch in Brüssel. Große Konzerne und Betriebe, die auf schnelle Finanzflüs­se in alle Teile der Welt angewiesen sind, verspreche­n sich dagegen von einem virtuellen Zahlungsmi­ttel viel. Experten zitieren dieses Beispiel: Eine Firma fordert für ihre Herstellun­g in China Komponente­n an, die via Luftfracht innerhalb eines Tages nach Deutschlan­d versandt werden. Der hierfür fällige Rechnungsb­etrag ist bisher mehrere Tage, mitunter sogar Wochen unterwegs. Mit einem digitalen Euro würde die Zahlung prompt erfolgen – ohne die heutigen Gebühren.

„Es gibt gravierend­e Vorteile bei grenzübers­chreitende­n Zahlungen, vor allem in den Nicht-EuroRaum“, sagte der CSU-Europaabge­ordnete und Währungsex­perte der christdemo­kratischen EU-Parlaments­fraktion, Markus Ferber (CSU), gegenüber unserer Redaktion. „Wir müssen dafür sorgen, dass digitale Währungen die gleiche Sicherheit haben wie der Geldschein im Portemonna­ie. Da traue ich der Europäisch­en Zentralban­k mehr zu als Facebook-Chef Mark Zuckerberg“.

Tatsächlic­h steht die Sicherheit einer Kryptowähr­ung auch auf Platz Eins der Erwartunge­n, die bei der Umfrage der EZB genannt wurden. Fast genauso wichtig ist vielen, dass ein digitaler Euro anonym nutzbar ist wie Bargeld. „An der Gestaltung der Vision eines digitalen Euros“gebe es großes Interesse, erklärte

EZB-Direktoriu­msmitglied Fabio Panetta. Und auch beim Bundesverb­and der deutschen Banken hieß es in dem schon Mitte 2020 erschienen­en Positionsp­apier „Europas Antwort auf Libra“, ein „entschloss­enes Handeln“sei nötig. Europa befinde sich bei der Digitalwäh­rung „im Rückstand“.

Doch noch sind viele Probleme ungeklärt, die vor allem den Banken und Sparkassen Sorgen bereiten dürften. Ein digitaler Euro würde bei der EZB als Bank „eingezahlt“, nicht mehr bei den bisherigen Geldinstit­uten vor Ort. Ferber: „Denen wird dadurch ein wichtiger Hebel zur Wertschöpf­ung genommen, was bisher ungeahnte Konsequenz­en, beispielsw­eise für die Kreditverg­abe für Privatkund­en und Betrieben haben wird.“Zwar braucht man die Europäisch­e Zentralban­k einerseits, um eine strenge Aufsicht zu garantiere­n – ein gravierend­er Unterschie­d zu den Plänen aus dem Haus Facebook. Auf der anderen Seite aber könnte die Zentralisi­erung der digitalen Währung die bisherige dezentrale Struktur des Geldmarkte­s gefährden. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht.

In Frankfurt will man nun die Umfrage im Detail auswerten und bis Mitte 2021 eine Grundsatze­ntscheidun­g für oder gegen einen digitalen Euro treffen. Die Bundesregi­erung hält sich bisher zurück und betonte lediglich, „aufgrund von Erfahrunge­n des Eurosystem­s mit zahlreiche­n Projekten im Zahlungsve­rkehr dürfte für ein solches Großprojek­t ein mehrjährig­er Zeitraum zu veranschla­gen sein“. Mit anderen Worten: An eine rasche Realisieru­ng ist nicht zu denken.

Zahlungen könnten schneller abgewickel­t werden

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Bargeld soll es laut EZB auch in Zukunft noch geben.

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