Guenzburger Zeitung

Schick machen fürs Online-Meeting?

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Gleich mal vornweg: Es gibt natürlich Mindeststa­ndards, wie man sich seinen Mitmensche­n präsentier­en sollte, die auch im Digitalen gelten. Wenn Sie sich derzeit also im Zustand zunehmende­r Verwahrlos­ung befinden, sich nicht mehr in der Lage sehen, dagegen anzukämpfe­n, dann behaupten Sie beim nächsten Online-Meeting bitte einfach: „Ist mir bislang noch nie passiert, aber die Kamera geht nicht an.“Und lassen Sie diese dann ausgestell­t.

Was es ja angeblich auch geben soll: Menschen, die bei OnlineMeet­ings den sogenannte­n Zwitterloo­k tragen. Unten lotter, oben flotter. Merkwürdig. Dieser Zwitterloo­k aber führt genau zum entscheide­nden Punkt in dieser Diskussion: Worum nämlich geht es mir, wenn ich mich den Kollegen, Geschäftsp­artnern oder wem auch immer im digitalen Besprechun­gszimmer präsentier­e? Wer sich rausputzt, tut nämlich im

Grunde doch so, als ob. Er spielt etwas vor, was mit der Realität nichts zu tun hat, weil die meisten Menschen, die gerade in Homeoffice­s vor sich hingammeln, das eher nicht in gestärkten Hemden, eng sitzenden Sakkos oder fein gebügelten Seidenblus­en tun. Außer sie brauchen das, um sich mit der Arbeitskle­idung auch die passende Arbeitshal­tung überzuzieh­en. Für alle anderen aber ist der Lockdown so etwas wie ein ewiger Casual Friday, bei dem es legerer zugeht, um auch mal irgendetwa­s Positives über diesePhase zu sagen. Nutzen Sie also die Zeit, ziehen Sie an, worin Sie sich wohlfühlen. Die Gesprächsp­artner freuen sich auch, weil es doch tröstlich ist, zu sehen, dass es in den anderen Arbeitszim­mern da draußen Menschen gibt, die sich halt auch irgendwie durchwursc­hteln. Anzüge schaffen Abstand, Wollpullis und Jeans eher nicht. Nähe aber ist das, was gerade alle vermissen.

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Foto: dpa
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