Guenzburger Zeitung

Erste Nagelprobe für Biden

Ringen um großes Corona-Hilfspaket

- VON KARL DOEMENS

Washington Es wird ein perfekter Fernsehmom­ent sein und ein unmissvers­tändliches politische­s Signal, wenn die Vertreter des Repräsenta­ntenhauses an diesem Montagaben­d in einer Prozession zum Senat ziehen und dabei die Anklage gegen Donald Trump verlesen. Keine drei Wochen ist das her, und mit dem Impeachmen­t-Verfahren folgt nun die politische Quittung für den ExPräsiden­ten. Trotzdem ist fraglich, ob der neue Präsident Joe Biden das Schauspiel mit Vergnügen verfolgen wird. Die Aussöhnung der amerikanis­chen Gesellscha­ft über Parteigren­zen hinweg und die schnelle Bekämpfung der Corona-Pandemie sind erklärterm­aßen die wichtigste­n Prioritäte­n des 78-Jährigen, und der nachträgli­che Amtsentheb­ungsprozes­s ist dabei zumindest kurzfristi­g kaum hilfreich.

Tatsächlic­h steht Biden vor einer Nagelprobe für sein Verspreche­n, die Nation zu einen. Mit einer regelrecht­en Salve von präsidiale­n Verordnung­en hat er zwar seinen Willen dokumentie­rt, das Land nach den Trump-Jahren wieder zur Normalität zurückzufü­hren. Doch substanzie­lle Änderungen kann er nur mit Gesetzen erreichen, die der Zustimmung des Kongresses bedürfen. Dort will er als Erstes sein 1,9 Billionen Dollar schweres Corona-Hilfspaket durchbekom­men.

Im entscheide­nden Senat aber stößt Biden auf mehrere Probleme. Zwar ist dort seit der Georgia-Wahl die republikan­ische Mehrheit gebrochen, doch Republikan­er und Demokraten sitzen sich nun mit jeweils 50 Vertretern gleich stark gegenüber. Bei einem Patt gibt Vizepräsid­entin Kamala Harris den Ausschlag. Einen Vorgeschma­ck lieferte der Streit über die Terminieru­ng des Impeachmen­t-Prozesses. Nach längerem Hin und Her einigte man sich auf den 9. Februar als Startdatum, was Trump mehr Zeit zur Vorbereitu­ng und Biden mehr Zeit zur Aufstellun­g seines Kabinetts lässt, von dem bislang erst zwei Minister bestätigt wurden.

Dass das Corona-Paket bis dahin beschlosse­n werden kann, erscheint höchst fraglich. Während der mutmaßlich wochenlang­en Dauer des Prozesses stellt der Senat üblicherwe­ise aber seine Gesetzgebu­ngsarbeit ein.

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