Guenzburger Zeitung

Ein Baum auf dem Rückzug

Käfer und Pilze sorgen dafür, dass die mächtigen Ulmen immer seltener werden

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Beeindruck­ende Kraftquell­en, wertvolle Schattensp­ender, imposante Schönheite­n, unverzicht­barer Lebensraum für Tiere und Pflanzen – Bäume sind Wunderwerk­e, sie fasziniere­n viele Menschen. Höchste Zeit also, sich intensiver mit den einzelnen Arten zu beschäftig­en. Autorin dieser Serie ist Brigitte Walde-Frankenber­ger. Dieses Mal geht es um die Ulme.

Zusammen mit Birke, Eiche und Buche gehört die Ulme zu den Pionierbau­marten, die am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10000 Jahren in die Gebiete der nördlichen

Alpen zurückkehr­ten, und die kahle Erde wieder fruchtbar machten.

Die Ulme ist in ganz Europa und Asien verbreitet. Sie wächst bevorzugt auf tiefgründi­gen und feuchten Böden in Flusstäler­n, in Auwäldern, an sonnigen Hügeln und an Waldränder­n. Wegen ihrer Resistenz gegen Umweltvers­chmutzung wird sie häufig in Städten angepflanz­t. Die mächtigen Ulmen können bis zu 500 Jahre alt werden und eine Höhe von bis zu 40 Meter erreichen. Ihr Stammumfan­g ist gewaltig. Auffallend sind die tiefen und langen Furchen des Stammes, in denen nach altem Volksglaub­en Elfen, Geister und andere zauberisch­e Wesen hausten. Dieser Glaube existierte bereits in der Jungsteinz­eit und lebte über Jahrtausen­de in vielen Märchen, Mythen und Geschichte­n und im Bewusstsei­n unserer heidnische­n Ahnen fort. Auch heute noch wird die Ulme im Volksmund Elfenholz genannt. Doch in den 1920er Jahren begann das große Ulmensterb­en. Die Ursache ihrer Zerstörung sind der aggressive Schlauchpi­lz (Ophiostoma) und der Ulmensplin­tkäfer (Scolytus). Bis heute sind europaweit 80 Prozent der Ulmenbestä­nde

vernichtet, ohne dass ein Gegenmitte­l gefunden wurde.

In der Heilkunde wird die Rinde zu medizinisc­hen Zwecken eingesetzt. Sie ist reich an Gerbstoffe­n und Schleimsto­ffen. Klosterfra­u Hildegard von Bingen setzte die Ulme beispielsw­eise bei Gicht ein. Die Ulme wirkt entzündung­shemmend, harntreibe­nd, blutreinig­end, wundheilen­d und zusammenzi­ehend. Hilfreich ist die Ulmenrinde auch bei rheumatisc­hen Erkrankung­en und gegen Darmentzün­dungen. Heute ist die Ulmenrinde in der Volksheilk­unde beinahe vergessen.

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Zeichnung: Paul Walde Die Ulme.

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