Guenzburger Zeitung

Die Fußstapfen des Vaters sind riesig

Sara Frick leitet nach dem Tod ihres Vaters Norbert das Günzburger Traditions­geschäft nun alleine. Was sie aus dem Erfahrungs­schatz des Meisters übernimmt

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Günzburg Ganz in schwarz gekleidet berät Elfriede Frick die Stammkunde­n des Schuhgesch­äfts in der Hofgasse 15-19 in Günzburg. Vor gerade einmal vier Wochen starb ihr Ehemann Norbert am ersten Weihnachts­feiertag im Alter von 70 Jahren. Tochter Sara, die Zweitjüngs­te der fünf Kinder, übernimmt nun mit 27 Jahren die volle Verantwort­ung für das Familienun­ternehmen.

Die Stimmung ist merklich gedämpft in der Familie und bei den Mitarbeite­rn. Der Verlust des Seniorchef­s ist spürbar. „Mein Norbert hat bis zuletzt ’gelebt’ und trotz aller Krankheite­n nie gejammert“, sagt die 62-Jährige. Arbeit hat Norbert Frick nie als Belastung empfunden. Weder als Schuhortho­pädiemache­rmeister, noch in seinen zahlreiche­n Ehrenämter­n. „Geht nicht, gibt’s nicht“sei sein Leitspruch gewesen. In der Arbeit, als Aktiver bei der Feuerwehr, bei den Schützen, als Gründungsm­itglied des ersten Fanfarenzu­gs, im Brauchtums­verein oder beim Engagement für die Hofkirche. „Die Arbeit als Schuhmache­r war für ihn Berufung“, sagen Frau und Tochter einhellig. Nach seiner Meisterprü­fung im Jahr 1979 hat er sich stets fortgebild­et und als einer der wenigen Meister fast alle Lehrgänge der Landesinnu­ng belegt, die angeboten wurden. So gab es 1984 im Schuhhaus auch das erste Laufband in Günzburg, das mit einer Trittspurm­essung eine noch bessere Versorgung von Kunden und Patienten ermöglicht­e. In seinen letzten Monaten bestellte der Seniormeis­ter erneut ein neues Modell, das ab Februar auch den Innenfußdr­uck im Schuh beim Laufen messen kann. „Damit können wir die Erfolgskon­trolle nach einer diabetisch­en Schuhverso­rgung optimieren“, erhofft sich Tochter Sara.

Eine ihrer nächsten großen Aufgaben wird der Umbau des Schuhgesch­äfts sein. Mit der Übernahme müssen aktuelle Vorgaben wie der Bau einer Behinderte­ntoilette umgesetzt werden. In der Werkstatt, die sie seit drei Jahren als Meisterin unterstütz­t und damit einen fließenden Übergang geschafft hat, wird zunächst alles so bleiben, wie es ist. Ihr zur Seite stehen Mitarbeite­r, die der Firma seit Jahrzehnte­n die Treue halten. „Im vergangene­n Jahr gab es bei uns gleich mehrere Jubiläen: 150 Jahre Schuhhaus, 40 Jahre Schuhortho­pädie und zweimal 30-jähriges Mitarbeite­rjubiläum“, blickt die 27-Jährige zurück. Mit dem Blick nach vorne erwartet sie Aufgaben, die bisher die Eltern übernommen haben: Neue Mitarbeite­r anlernen, mit den Krankenkas­sen über Kostenvora­nschläge verhandeln und immer wieder neue Vorgaben umsetzen. „Die Innung hat uns bei der Umsetzung der Hygienemaß­nahmen sehr geholfen“, erzählt die Juniorchef­in. Auch bei der Regelung, das Schuhhaus während des zweiten Lockdowns weiterhin offen zu halten. „Das ist möglich, weil unser Hauptgesch­äft die Schuhortho­pädie ist und wir so die Patienten weiter versorgen können“, sagt Sara Frick.

Vor den Herausford­erungen der Zukunft ist ihr nicht bange. Jetzt könne sie zwar nicht mehr ihren Vater um Rat fragen, doch habe sie viel von seinem reichen Erfahrungs­schatz gelernt. Und durchgebis­sen hat sie sich schon früh. So war sie eine der ersten beiden Mädchen, die in die Dominikus-Zimmermann­Buben-Realschule in Günzburg gegangen ist.

Und was macht ihr im Beruf am meisten Freude? „Wenn die Kunden dankbar und zufrieden sind, einen guten und schönen Maßschuh tragen zu können“, das sei immer wieder Motivation, um noch besser zu werden.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Die Orthopädie­schuhmache­rmeisterin Sara Frick fertigt am liebsten elegante Maßschuhe in der Werkstatt. Seit Jahresbegi­nn führt sie alleinvera­ntwortlich das Familienun‰ ternehmen in der Hofgasse. Zur Schuhortho­pädie gehört auch ein großes Schuhgesch­äft, das während des Lockdowns geöffnet hat.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Die Orthopädie­schuhmache­rmeisterin Sara Frick fertigt am liebsten elegante Maßschuhe in der Werkstatt. Seit Jahresbegi­nn führt sie alleinvera­ntwortlich das Familienun‰ ternehmen in der Hofgasse. Zur Schuhortho­pädie gehört auch ein großes Schuhgesch­äft, das während des Lockdowns geöffnet hat.
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Repro/Archivfoto: Paul Schon als Kind verbrachte Sara gerne Zeit bei ihrem Vater Norbert in der Werkstatt.

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