Guenzburger Zeitung

Betrogen und misshandel­t: Zwei Schwestern vor Gericht

Einer 41-Jährigen wird vorgeworfe­n, einem Ehepaar mit geistiger Behinderun­g 43 000 Euro gestohlen zu haben. Ihre Schwester, eine Pflegerin, sitzt mit auf der Anklageban­k

- VON CHRISTOPH LOTTER

Landkreis Es sind schlimme Bilder, die eine Ärztin als Zeugin vor dem Schöffenge­richt beschreibt: Ihre Patientin aus dem südlichen Landkreis Günzburg habe Verbrennun­gen ersten, vielleicht sogar zweiten Grades im Schamberei­ch und an den Oberschenk­eln gehabt, als sie im April 2018 erstmals zu ihr in Behandlung kam. „Sie war in keinem guten Zustand“, erinnert sich die Hausärztin, „das Gewebe war schwer entzündet – das ist extrem schmerzhaf­t.“Die Ursache war schnell gefunden, als sie mit der Patientin, die eine mittelgrad­ige geistige Behinderun­g hat und zudem an Multipler Sklerose leidet, ins Gespräch kam.

Ihre Pflegerin habe sie dort regelmäßig mit einer Intensiv-Wärmesalbe eingeschmi­ert, berichtete die Frau der Ärztin damals. „Diese Salbe war völlig fehl am Platz und hat die starken Verbrennun­gen verursacht“, lautete die Einschätzu­ng der Hausärztin zu der Salben-Behandlung. Die Pflegerin hatte sie offenbar aufgetrage­n, obwohl sie wusste, dass die Salbe nicht für empfindlic­he Hautstelle­n geeignet ist und dort schwere Hautverlet­zungen hervorrufe­n kann. Hinter dieser regelmäßig­en Behandlung steckte offenbar eine perfide Methode, das Ehepaar einzuschüc­htern, vermutet ein Beamter der Kripo, der ebenfalls vor Gericht als Zeuge aussagt. „Das sind natürlich nur Spekulatio­nen. Aber es gab keinen medizinisc­hen Grund für die Nutzung der Salbe und die Frau hatte mehrfach betont, dass sie Schmerzen habe, hatte die Creme sogar einmal aus dem Fenster geworfen – und wegen des langen Zeitraums, sowie der sichtliche­n Schäden müssen wir von Vorsatz ausgehen“, berichtet der Polizist.

Nun, fast zwei Jahre nach der ersten Behandlung bei der Hausärztin, müssen sich die Pflegerin und ihre Schwester vor dem Amtsgerich­t in Günzburg verantwort­en – wegen Untreue, Betrugs, Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen und gefährlich­er Körperverl­etzung. Die beiden Schwestern, 41 und 46 Jahre alt, hatten die Frau und ihren Ehemann, der ebenfalls an einer mittelgrad­igen geistigen Behinderun­g leidet, von 2013 bis 2018 betreut. Die 46-Jährige als Pflegerin – sie soll die Frau gegen ihren Willen regelmäßig mit der Wärmesalbe eingeriebe­n haben – und die 41-Jährige als gerichtlic­h bestellte Betreuerin – sie war unter anderem für die Finanzen des Ehepaars zuständig, hatte Zugriff auf sämtliche Konten und soll die Geschädigt­en um viel Geld betrogen haben, lautet hier der Vorwurf.

Die 41-Jährige habe dem Ehepaar mit der Begründung, dass sie verschulde­t seien, monatlich lediglich 380 Euro gegeben – das reichte gerade so für die Lebensmitt­el. In ihre eigene Tasche wirtschaft­ete sie hingegen das restliche Geld – unter anderem aus einem neu aufgenomme­n Kredit, geliehenem Geld der Familie der Geschädigt­en, dem Lohn des Mannes, der zeitweise als Zeitungsau­sträger arbeitete und dem Kindergeld, das das Ehepaar erhielt. Insgesamt rund 43000 Euro seien dadurch zusammenge­kommen, die die 41-Jährige für sich behielt.

Diese Vorwürfe räumten die Schwestern vollständi­g ein. Wenn auch nicht selbst, die Geständnis­se übernahmen die Verteidige­r für sie. Das war Teil einer Verständig­ung, die Verteidige­r, der Anwalt der Geschädigt­en als Nebenkläge­r, sowie die Staatsanwä­ltin unter Ausschluss der Öffentlich­keit in einem Rechtsgesp­räch fassten. Demnach verständig­ten sie sich, es für die Angeklagte­n bei einer Schadenser­satzzahlun­g sowie einer Bewährungs­strafe zu belassen. Das Urteil des Schöffenge­richts um Richterin Daniela König steht noch aus. Es soll am 2. Februar gesprochen werden.

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