Die Frisur muss sitzen
Während Friseursalons geschlossen sind, kamen Friseure bislang sogar in Kasernen, um Soldaten die Haare zu schneiden. Eine Regelung, die für Aufregung sorgte – und nun geändert wird
Fürstenfeldbruck Für Doris Ortlieb ist das Thema ein echter Aufreger: Während Friseure ihre Salons in Pandemiezeiten geschlossen halten müssen und um ihre Existenz kämpfen, durften sich Soldaten weiterhin frisieren lassen. Bundesweit kamen dazu Friseure sogar eigens in die Kasernen. Ortlieb, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbands des bayerischen Friseurhandwerks mit Sitz im oberbayerischen Fürstenfeldbruck, forderte am Donnerstagnachmittag daher am Telefon: „Gleiches Recht für alle!“Es rufe in ihrer Branche großen Unmut hervor, wenn manche Friseure Soldaten die Haare schneiden könnten, die meisten anderen aber gerade keine Einnahmen hätten.
Mehr noch ärgerte Ortlieb die Außenwirkung. „Es geht nicht an, dass sich Fußballer oder eben auch Soldaten professionell die Haare schneiden lassen dürfen, alle anderen dies aber nicht dürfen und ja meistens auch nicht tun.“Hier müsse die Bundesregierung eine einheitliche Regelung schaffen. Für sie heiße das: Friseurbesuche für alle – oder niemanden.
Doris Ortlieb weiß, wovon sie spricht. Ihr Büro befindet sich in der Nähe des Fliegerhorsts Fürstenfeldbruck. Und von dort habe sie kürzlich eine Beschwerde erreicht: Auch einem zivilen Angestellten seien die Haare geschnitten worden. Falls das stimmen sollte, wäre dies ausdrücklich nicht erlaubt gewesen. Der mutmaßliche Vorfall ist – unter anderem – der Luftwaffe bekannt; er werde geprüft, hieß es dazu am Donnerstagabend.
Noch später am Abend bestätigte schließlich das Bundesverteidigungsministerium Recherchen unserer Redaktion auf Anfrage: „Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Laufe des Donnerstag entschieden, dass Friseursalons in Bundeswehrkasernen bis auf Weiteres geschlossen werden.“Dies werde per Erlass untersagt, hieß es. Offenbar erkannte man das Problem: Bürger haben schließlich wenig Verständnis dafür, wenn sich Soldaten von Friseuren die Haare schneiden lassen dürfen, sie aber nicht.
Bislang aber war das, mit Verweis auf das Infektionsschutzgesetz, erlaubt. Demnach durften Soldaten die Dienste von Friseuren in militärischen Liegenschaften in Anspruch nehmen. Mehr noch: Sie mussten es sogar, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums erklärte. Um eine neue Frisur sei es dabei allerdings nicht gegangen. Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten müsse nicht nur korrekt sein, sagte er – es diene auch dem korrekten Sitz beispielsweise einer ABC-Maske. So kämen Soldaten auch in diesen Pandemiezeiten nicht darum herum, Haare oder Bart schneiden lassen zu müssen. Dies entspreche „militärischen Erfordernissen“. Eigenes Personal – also Friseure unter den Soldaten – habe die Bundeswehr nicht.
Wenn Soldaten ihre Haare von externen Friseuren geschnitten bekamen, die dazu regelmäßig in die Kasernen gingen, wurden dem Sprecher zufolge Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten. Kontrolliert hätten dies die bundesweit vier „Gesundheitsämter“der Bundeswehr – die ÜbwStÖRA (Überwachungsstellen für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr) – in Absprache mit den örtlich zuständigen Gesundheitsämtern.
Mit zu der Entscheidung von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) beigetragen haben dürfte die CSUBundestagsabgeordnete Katrin Staffler aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Staffler, in deren Wahlkreis der Fliegerhorst Fürstenfeldbruck liegt, hatte kürzlich ebenfalls von dem mutmaßlichen Fall gehört, dass dort nicht nur Soldaten die Haare professionell geschnitten worden seien. Sie hatte sich daraufhin an das Verteidigungsministerium gewandt und sich unter anderem über die Ausnahmeregelung für Soldaten informieren lassen.
Haare haben „militärischen Erfordernissen“zu genügen