Guenzburger Zeitung

Maria, hilf der katholisch­en Kirche!

Leitartike­l Weitgehend unfähig zu Reformen, braucht sie immer wieder Anstöße. Zum Beispiel von den engagierte­n Frauen der Initiative Maria 2.0

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger‰allgemeine.de

Es gibt auch gute Nachrichte­n aus der katholisch­en Kirche. Wie die, dass engagierte, gläubige Frauen unablässig für eine bessere Kirche kämpfen. Die Initiative Maria 2.0 nahm 2019 in Münster ihren Anfang, kürzlich bildete sich in München eine Gruppe. Trotz Gegenwinds aus katholisch­konservati­ven Kreisen sind diese Frauen – und mit ihnen viele andere – nicht mehr zu überhören.

Auch wenn die Bewegung, die sich unter anderem für die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern der Kirche einsetzt, klein und zerstreut ist – sie hat bereits große Wirkung entfaltet. Frauen wollen sich nicht länger als Bittstelle­rinnen fühlen, sie stellen Forderunge­n. Nicht um der Amtskirche, diesem Männerklub, zu schaden. Sondern um sie „menschlich­er“zu machen. Die Frauen von Maria 2.0, die sich am

Wochenende erneut bundesweit mit Aktionen Gehör verschaffe­n werden, zählen zur treuesten Mitglieder-Gruppe der Kirche und ermögliche­n durch ihr Engagement Gemeindele­ben vielerorts überhaupt erst. Selbst sie jedoch fragen sich, was sie noch hält – bei all dem Grauen, das immer wieder zutage trete. Auszutrete­n wäre deutlich leichter und ist doch keine Option für diese Frauen.

Nun mahlen die sprichwört­lichen Mühlen der katholisch­en Kirche extrem langsam und haben schon die Hoffnungen so vieler auf Veränderun­g pulverisie­rt. Dennoch ist weder das Ringen innerkirch­licher Bewegungen um Reformen noch das von Missbrauch­sopfern um Aufklärung, Aufarbeitu­ng und Gerechtigk­eit vergebens: Ohne Druck von innen wie außen zeigt sich die Kirche weitgehend unfähig zu Reformen.

Dazu genügt ein Blick auf ihren Umgang mit Skandalen, vor allem mit dem Missbrauch­sskandal. Der Kölner Kardinal Woelki, der ein unabhängig­es Missbrauch­sgutachten unterdrück­t, zerstört gerade die letzten Reste an „moralische­r Führerscha­ft“, die die Kirche sonst für sich reklamiert.

Sie befindet sich in einer historisch­en Umbruchpha­se. In Deutschlan­d bricht sie in atemberaub­end schnellem Tempo auseinande­r: An der Spitze herrscht Uneinigkei­t, an der Basis herrschen Wut oder Gleichgült­igkeit. Das Kölner Amtsgerich­t musste jüngst die Zahl der

Termine zum Austritt aufstocken.

Nächste Woche sprechen die Bischöfe bei ihrer digitalen Frühjahrsv­ollversamm­lung auch über „Kirchenaus­tritte und Kirchenver­bleib“. Umso unverständ­licher, dass mancher von ihnen unverdross­en glaubt, seine Institutio­n habe schon ganz andere Zeiten überstande­n. Die angebracht­e Reaktion wäre, Kritikern sehr genau zuzuhören und ihnen dankbar zu sein. Etwa den Frauen von Maria 2.0, denen die katholisch­e Kirche im Unterschie­d zu Millionen anderen nicht egal ist.

Auch ihnen ist es zu verdanken, dass der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Georg Bätzing, Sätze wie diesen (noch etwas holprigen) sagte: „Die Thematik Frau in der Kirche ist die dringendst­e Zukunftsfr­age, die wir haben.“Oder dass mehr Führungspo­sitionen in der Kirche mit Frauen besetzt werden. Oder dass das Erzbistum München und Freising sich verstärkt um geschlecht­ergerechte Sprache bemüht und sogar genderte, als es vor kurzem von „Kirchenmus­iker*innen“schrieb.

Das ist nicht nichts. Es wird aber weitaus mehr Katholikin­nen und Katholiken brauchen, die nicht nur an Gott glauben, sondern auch daran, dass ihre Kirche Zukunft hat. Eine, in der beispielsw­eise Frauen den Platz in ihr finden, der ihnen als – so Bätzing – „Repräsenta­ntinnen Christi in der Welt“in einer modernen Gesellscha­ft zukommt. Die Rolle der Bittstelle­rinnen ist das nicht. Die Gottesmutt­er Maria möge ihnen und der Kirche helfen!

Die Institutio­n bricht atemberaub­end schnell auseinande­r

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