Warum Bairisch das bessere Hochdeutsch ist
Sepp Obermeier kämpft seit Jahren um den Erhalt der süddeutschen Dialekte. Zum Tag der Muttersprache holt er zum Schlag gegen „Sprachdiktatoren“aus – und wirbt für Buben, Brezen und das rollende R
Augsburg Es ist ein schwieriger Kampf, den er führt, denn der gesprochene Zeitgeist ist oft nicht auf seiner Seite. Seit Jahren setzt sich Sepp Obermeier vom Bund Bairische Sprache (BBS) für den Erhalt der süddeutschen Dialekte ein. Ihm ist es im Prinzip auch egal, ob es sich nun ums Altbairische, ums Schwäbische oder Fränkische handelt – Hauptsache keine nordhochdeutschen Einheitslaute. Darum fordert er zum Tag der Muttersprache am Sonntag: „Wir appellieren an alle Süddeutschen, selbstbewusst ihren Dialekt zu sprechen und beim Gebrauch der Hochsprache die klangschöne südhochdeutsche Art beizubehalten.“
Obermeier und seine Mitstreiter sind an vielen Fronten aktiv, um die Dialekte zu fördern. Das fängt in den Kindergärten an, denn Sprachforscher haben festgestellt, dass Kinder nach dem zwölften Lebensjahr die Kompetenz, Dialekte zu sprechen, verlieren.
Der Dialektexperte hält die oft norddeutsche Spracherziehung in Kindergärten für ein Problem. „Denn in der sprachlichen Vielfalt liegt ein Schlüssel für den Aufbau und den Erhalt von integrativen, offenen, vielfältigen und partizipativen Gesellschaften“, sagt er. Außerdem seien Dialekte die beste Grundlage zum Erwerb von Fremdsprachen.
Die norddeutsch geprägte Alltagseinheitssprache, die die deutsche Öffentlichkeit dominiere, sei indes nichts, womit man gehobene Bildung demonstriere. Im Gegenteil: „Das ist eine nördliche Umgangssprache. Sie hat mit gutem Deutsch so wenig zu tun wie das Englisch Donald Ducks mit der Dichtersprache Shakespeares“, sagt Obermeier. Zu den Merkmalen dieser Artikulation gehörten das gesummte S im Anlaut oder verschluckte Endsilben („Sehr geehrte Dahm und Häan“). Der Niederbayer kann auch nicht verstehen, dass aktuell „selbst ernannte Sprechtrainer“mit seiner Meinung nach fragwürdigen Angeboten eine nordhochdeutsche Alltagssprache willkürlich zur Norm erhoben haben.
Selbst die Begründer einer deutschen Bühnensprache seien im Jahr 1899 nicht so weit gegangen, das rollende R durch ein sogenanntes Zäpfchen-R ersetzen zu wollen, ärgert er sich und hält das für einen „sprachdiktatorischen Vorstoß mit realsatirischen Zügen“.
Aber Obermeier geht es nicht nur ums Sprechen, sondern auch um den Wortschatz. Darum setzt er sich zudem für den Erhalt der südhochdeutschen Schriftsprache ein. Sie verfüge über einen eigenen Wortschatz. Obermeier nennt Beispiele: Der nordhochdeutsche Junge ist im Südhochdeutschen der Bub, die Ziege die Geiß und die Brezel die Breze.