Herr Doktor, lassen Sie uns reden
Wie die Uni Augsburg Gespräche mit Patienten deutlich verbessern will
Augsburg Das Problem ist nicht unbekannt: So mancher geht zum Arzt, fühlt sich bei ihm vielleicht fachlich gut aufgehoben – aber der Mediziner hat viel zu tun, nur wenig Zeit zum Reden. „Und man muss es ehrlich sagen, da fallen dann gerade auch wichtige Aspekte wie Gesundheitsvorsorge im Gespräch oft hinten herunter“, sagt Professor Thomas Rotthoff, Inhaber des Lehrstuhls für Medizindidaktik und Ausbildungsforschung der Medizinischen Fakultät an der Uni Augsburg. Das liege auch daran, dass dieses Thema in der Ausbildung der Mediziner bisher nicht so recht im Fokus liegt. Das möchte die Uni Augsburg mit ihrer jüngsten Medizinischen Fakultät Deutschlands anders machen. In einem bundesweit bisher wohl einmaligen Kooperationsprojekt.
Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben nach Angaben der Universität Augsburg Schwierigkeiten, Informationen, die ihnen von Gesundheitsberufen – etwa bei Arztbesuchen oder in anderen Beratungsgesprächen – vermittelt werden, zu verstehen. „Wir sind darum auf die Fakultät für Erziehungswissenschaften zugegangen, um dieses Problem anzugehen“, erläutert Rotthoff. In Deutschland gebe es 18 Unistandorte, an denen zugleich Medizin und Erziehungswissenschaften angeboten werden. Aber eine konkrete Kooperation auf diesem Gebiet sei neu. „Wir wollen nun im Laufe des Sommers das Vorhaben planen“, sagt Dr. Petra Götte, die aufseiten der Erziehungswissenschaften verantwortlich ist.
Ab dem kommenden Wintersemester werden dann erstmals Medizinund Pädagogikstudenten in einem gemeinsamen Modul zusammensitzen. Mit Schauspielpatienten wird die Kommunikation mit den Erkrankten ganz praktisch trainiert. „Die Medizin profitiert dabei von uns – aber wir auch von den Kompetenzen der Mediziner“, so Götte. Denn ein Gebiet der Erziehungswissenschaften ist die Gesundheitspädagogik. Hier komme das Fachwissen etwa über Behandlungen der angehenden Mediziner den Erziehungswissenschaftlern zugute. „Und das Ganze insgesamt verbessert natürlich die Versorgung der Menschen.“
Ein weiterer Nebeneffekt: „Viele Medizinstudierende lernen so Bereiche des öffentlichen Gesundheitsangebotes kennen, die ihnen bisher nicht unbedingt vermittelt wurden“, ergänzt Götte. Ein Beispiel: „Ein Arzt weiß nicht automatisch, dass es in der Region etwa die Drogenhilfe Schwaben gibt. Gesundheitspädagogen wissen das oft eher.“
Das Projekt wird von der AOK über drei Jahre mit einem Betrag von fast 200 000 Euro gefördert, sagt Rotthoff. Hintergrund dafür sei, dass Krankenkassen aufgrund von Vorgaben aus den Sozialgesetzbüchern gehalten sind, Präventionsprojekte zu begleiten.