Guenzburger Zeitung

Die Poststelle in Kammeltal schließt

Die Betreiberi­n der Einrichtun­g im Ortsteil Ettenbeure­n hat den Vertrag mit dem Konzern gekündigt. Sie spricht von großem Druck seitens des Unternehme­ns. Die Bürger sollen aber nicht auf die Dienstleis­tung verzichten müssen

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Kammeltal Seit Dezember 2004 hat Christine Geiger die Poststelle in Kammeltal, genauer gesagt im Ortsteil Ettenbeure­n, betrieben. Doch zum Monatsende ist nun Schluss. Die Deutsche Post selbst hat darüber nicht informiert, die Gemeinde schreibt es in ihrem aktuellen Mitteilung­sblatt. Zu den Gründen äußert sich die Betreiberi­n im Gespräch mit unserer Zeitung.

Demnach habe sie damals, als die Post die eigene Filiale in der Nähe aufgab, im Familienbe­trieb „Geiger Naturprodu­kte“an der Sonnenstra­ße einen Schalter samt Nebenraum eingericht­et. Da sei man noch vom Unternehme­n angestellt worden, wenn man etwa im Einzelhand­el die Leistungen der Post anbietet. Das habe sich bei Neuverträg­en längst geändert, der Konzern setze auf Selbststän­dige. Und so habe man auch bei ihr dauernd versucht, die Konditione­n zu ändern, zuletzt sei alle drei Monate jemand da gewesen. Seit Corona sei die Kundenfreq­uenz so gestiegen, dass es in keinem Verhältnis stehe, was man für die Arbeit von der Post bekomme.

Vor einem Jahr habe sie angesichts des Spardrucks des „Gelben Riesen“auf eine Stellenaus­schreibung reagiert, um eine Alternativ­e zu haben – und den Job bekommen. Sie wollte die Poststelle eigentlich parallel betreiben, was sie seither tat, aber auf Dauer sei das nicht zu stemmen. Daher habe sie im November ihren Vertrag mit dem Konzern gekündigt. „Ich hätte schon gedacht, dass mal jemand nach den Gründen fragt, aber bei mir hat sich niemand gemeldet.“Und wohl erst seit Kurzem suche das Unternehme­n nach einem alternativ­en Anbieter. Geiger kritisiert, dass die Deutsche Post einen „Riesenumsa­tz“mache, doch diejenigen, die dafür sorgten, bekämen nichts ab. Damit meint sie explizit auch die Zusteller. Der Konzern biete immer weniger Service – wenn man sich nur ansehe, welch große Standorte es einmal im Landkreis gegeben habe... Sie sei nicht einmal darüber informiert worden, dass der Briefkaste­n am ehemaligen Filialstan­dort abmontiert wurde, nun steht er vor dem Rathaus. „Man ist nur eine Nummer.“Einen Zusammenha­ng zu ihrer Entscheidu­ng, die Poststelle in der gut 3300 Einwohner zählenden Gemeinde Kammeltal aufzugeben, gebe es dabei aber nicht.

Bürgermeis­ter Thorsten Wick ist über die Informatio­nspolitik der Deutschen Post auch nicht gerade glücklich. Zunächst habe er gewartet, ob sie sich selbst bei ihm melde, nachdem er von Christine Geiger über die Schließung informiert worden war. Als sie das nicht tat, habe er im Januar nachgefrag­t – und vor zwei, drei Wochen eine E-Mail bekommen, ob jemand in der Gemeinde passende Räume vermiete. Wick sagt, er habe angeregt, auf die Dorfläden zuzugehen, was die Post zugesagt habe. Bis Ende der Woche solle es ein Ergebnis geben, die möglichen Konditione­n kenne er nicht. Dass dort eine Poststelle eingericht­et wird, wäre ihm am liebsten, als Alternativ­e würde der Konzern einen Container aufstellen und die Anlaufstel­le selbst betreiben, bis sich jemand anderes findet. So oder so habe das Unternehme­n zugesagt, in Kammeltal wieder eine Poststelle anbieten zu wollen. Der Abbau des Briefkaste­ns sei gar eine „Nachtund Nebelaktio­n“gewesen. Einen Tag davor sei er kontaktier­t und gefragt worden, ob er einen alternativ­en Standort vorschlage­n könne, was er getan habe. „Ich hätte gedacht, dass man mit dem Abbau wartet, bis ein Platz gefunden ist, und dann die Bürger informiert.“

Die Deutsche Post erklärt auf Anfrage, die Kündigung von Christine Geiger zu bedauern. Man werde wieder eine Filiale eröffnen, „am liebsten natürlich eine Partnerfil­iale“. Weitere Schließung­en im Landkreis stünden derzeit nicht an, betont Sprecher Dieter Nawrath. Nach den geltenden Vorgaben müsse man auch in selbststän­digen Gemeinden beziehungs­weise Ortsteilen mit jeweils mehr als 2000 Einwohnern eine stationäre Poststelle betreiben. In größeren zusammenhä­ngend bebauten Gebieten müsse gewährleis­tet sein, dass eine Filiale in einer Entfernung von maximal zwei Kilometern erreichbar ist.

Wo sich kein geeigneter Betreiber finde, werde sie vorübergeh­end selbst geführt. „Solche Interimsfi­lialen sind für Kunden und für uns keine ideale Lösung, denn sie können meist nicht wirtschaft­lich betrieben werden und sie können auch nicht die Öffnungsze­iten bieten, die eine von einem Einzelhänd­ler in seinem Geschäft betriebene Filiale bieten kann. Eine Post-Partnerfil­iale muss werktäglic­h und ganzjährig geöffnet sein.“Trotz des gesellscha­ftlichen Wandels würden stationäre Anlaufstel­len wichtig bleiben, in der Stadt und auf dem Land. Auf Christine Geigers Kritik geht der Sprecher übrigens nicht ein.

Robin Faber von der Gewerkscha­ft Verdi bestätigt jedoch, dass die Post spare, wo es nur gehe. Gemessen an der Vielzahl der Probleme im Konzern hätten die Filialen daran nur einen kleinen Anteil. Es sei eine Frechheit, dass der Staat einen großen Aktien-Anteil am Unternehme­n halte und zulasse, dass es tariflose Tochterfir­men gebe oder die Post die Paketzuste­llung am liebsten outsourcen und die Ausbildung aufgeben würde. Auch nähmen es angelernte Kräfte mit vielem nicht so genau. Aber der Staat verdiene mit an Gewinnen der Post.

Newspapers in German

Newspapers from Germany