Die Bürger könnten Druck ausüben
Der Beamte am Postschalter mag vielleicht ein bisschen griesgrämig gewesen sein, wenn es nicht der Heinz von nebenan war, man sich nicht persönlich kannte. Die Öffnungszeiten mögen vielleicht nicht die kundenfreundlichsten gewesen sein. Aber eines war sie, die Bundespost: verlässlich. Wenn man einen Brief oder ein Paket aufgab, musste man nicht bangen, ob die Sendung beim Empfänger ankommt. Dieses Bild der Behörde haben noch viele im Kopf. Doch längst ist sie eine privatisierte Aktiengesellschaft, alles ist anders.
Eigene Filialen betreibt der Konzern höchstens noch im Notfall, seine Dienste bietet er bei Einzelhändlern, über die Postbank oder andere Partner an. Und ob das, was man verschickt, das Ziel erreicht – ein ungutes Gefühl ist immer dabei.
Auf seiner Internetseite schreibt das Bundesfinanzministerium: „Die Versorgung mit flächendeckend angemessenen und ausreichenden Post-Dienstleistungen wird durch das Postgesetz und weitere gesetzliche Vorschriften im Bereich des Postwesens garantiert. Leistungen dieser Art können weiterhin durch die Deutsche Post AG, aber auch ebenso durch andere Postdienstleister erbracht werden. Eine Beteiligung des Bundes an der Deutschen Post AG aus Gründen der Daseinsvorsorge ist nicht mehr erforderlich.“Doch noch immer hält der Staat über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 20,5 Prozent der Anteile an der Post – wobei Wirtschaftsminister Peter Altmaier erst kürzlich darüber spekulierte, Tafelsilber zu verscherbeln, um die Kosten der CoronaKrise in den Griff zu bekommen. Und dazu zählen auch die Aktienpakete, die der Bund etwa noch an Post und Telekom hält.
Dabei wäre es nötiger denn je, dass jemand Einfluss nimmt. Der neuerliche Paketboom während der Pandemie hat dem Konzern einen Rekordgewinn beschert – und zu dem trägt sicherlich auch bei, dass gespart wird, wo es nur geht. Wenn man beispielsweise noch einen Postmitarbeiter sieht, der einen Briefkasten leert, hat das inzwischen Seltenheitswert. Meist sind Menschen mit einer Weste mit der Aufschrift „Servicepartner“und verrostetem Fahrzeug unterwegs. Für Schlagzeilen sorgte auch der Plan, Zusteller in eine BilligTochter auszulagern. So wundert es nicht, dass sich viele Bürger bei der Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde beschweren – wenngleich auch über die Konkurrenz. Mitarbeiter, die einen guten Job machen, müssen wie die Kunden unter dem Spardiktat leiden.
Auch wenn etwa das Briefaufkommen bei der Post sinkt, muss die Daseinsfürsorge gewährleistet sein. Und das kann nur der Staat garantieren, der sich hier leider heraushält. Doch es ist Wahljahr. Daher könnte jeder Bürger auf seinen Abgeordneten (in spe) einwirken, wenn er will, dass sich endlich etwas zum Besseren verändert.