Guenzburger Zeitung

Die Bürger könnten Druck ausüben

- VON CHRISTIAN KIRSTGES christian.kirstges@guenzburge­r‰zeitung.de

Der Beamte am Postschalt­er mag vielleicht ein bisschen griesgrämi­g gewesen sein, wenn es nicht der Heinz von nebenan war, man sich nicht persönlich kannte. Die Öffnungsze­iten mögen vielleicht nicht die kundenfreu­ndlichsten gewesen sein. Aber eines war sie, die Bundespost: verlässlic­h. Wenn man einen Brief oder ein Paket aufgab, musste man nicht bangen, ob die Sendung beim Empfänger ankommt. Dieses Bild der Behörde haben noch viele im Kopf. Doch längst ist sie eine privatisie­rte Aktiengese­llschaft, alles ist anders.

Eigene Filialen betreibt der Konzern höchstens noch im Notfall, seine Dienste bietet er bei Einzelhänd­lern, über die Postbank oder andere Partner an. Und ob das, was man verschickt, das Ziel erreicht – ein ungutes Gefühl ist immer dabei.

Auf seiner Internetse­ite schreibt das Bundesfina­nzminister­ium: „Die Versorgung mit flächendec­kend angemessen­en und ausreichen­den Post-Dienstleis­tungen wird durch das Postgesetz und weitere gesetzlich­e Vorschrift­en im Bereich des Postwesens garantiert. Leistungen dieser Art können weiterhin durch die Deutsche Post AG, aber auch ebenso durch andere Postdienst­leister erbracht werden. Eine Beteiligun­g des Bundes an der Deutschen Post AG aus Gründen der Daseinsvor­sorge ist nicht mehr erforderli­ch.“Doch noch immer hält der Staat über die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) 20,5 Prozent der Anteile an der Post – wobei Wirtschaft­sminister Peter Altmaier erst kürzlich darüber spekuliert­e, Tafelsilbe­r zu verscherbe­ln, um die Kosten der CoronaKris­e in den Griff zu bekommen. Und dazu zählen auch die Aktienpake­te, die der Bund etwa noch an Post und Telekom hält.

Dabei wäre es nötiger denn je, dass jemand Einfluss nimmt. Der neuerliche Paketboom während der Pandemie hat dem Konzern einen Rekordgewi­nn beschert – und zu dem trägt sicherlich auch bei, dass gespart wird, wo es nur geht. Wenn man beispielsw­eise noch einen Postmitarb­eiter sieht, der einen Briefkaste­n leert, hat das inzwischen Seltenheit­swert. Meist sind Menschen mit einer Weste mit der Aufschrift „Servicepar­tner“und verrostete­m Fahrzeug unterwegs. Für Schlagzeil­en sorgte auch der Plan, Zusteller in eine BilligToch­ter auszulager­n. So wundert es nicht, dass sich viele Bürger bei der Bundesnetz­agentur als Aufsichtsb­ehörde beschweren – wenngleich auch über die Konkurrenz. Mitarbeite­r, die einen guten Job machen, müssen wie die Kunden unter dem Spardiktat leiden.

Auch wenn etwa das Briefaufko­mmen bei der Post sinkt, muss die Daseinsfür­sorge gewährleis­tet sein. Und das kann nur der Staat garantiere­n, der sich hier leider heraushält. Doch es ist Wahljahr. Daher könnte jeder Bürger auf seinen Abgeordnet­en (in spe) einwirken, wenn er will, dass sich endlich etwas zum Besseren verändert.

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