Die Kanzlerin und Bayerns Basis
Corona-Gipfel: Was die Landräte sagten
Günzburg Der Puls ging bei Hans Reichhart nicht unbedingt hoch, als der Günzburger Landrat sich am Freitagnachmittag Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Videokonferenz gegenübersah. „Jeder von uns kann mit dem Anderen etwas anfangen“, sagt er später gegenüber unserer Redaktion und verweist auf die Zeit als Landesvorsitzender der Jungen Union. Daher kenne sie ihn. Bei dem Austausch ging der Blick aber nicht zurück, sondern richtete sich nach vorn. Merkel, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte im Freistaat – insgesamt 96 Teilnehmer – waren am Freitag knapp zweieinhalb Stunden virtuell beisammen.
Reichhart zog seine Wortmeldung zurück, weil Vorredner bereits die Themen angesprochen hatten, die ihm wichtig sind. Der Landrat erwähnt die Beschäftigten in den Krankenhäusern vor Ort, die eine „super Arbeit“leisteten. „Auch deswegen sind wir so gut durch die Pandemie gekommen. Wir haben extrem leistungsfähige Kliniken.“Ein Konzentrationsprozess – also der Abbau der Krankenhäuser in der Fläche hin zu großen Versorgungszentren – wäre bei der Bekämpfung von Corona nicht hilfreich gewesen, sind die Kommunalpolitiker überzeugt. Diese Überzeugung haben sie in Richtung der Kanzlerin vermittelt. „Die Einsicht in Berlin war nach meinem Eindruck auch schon da“, so der Landrat.
Im Frühjahr ist das offenbar noch nicht so gewesen. Nur der Kreisklinikstandort Günzburg sei damals als Schwerpunktklinik für die Behandlung von Covid-Erkrankten anerkannt gewesen. Die staatliche Prämie in Höhe von 120.000 Euro floss nach Informationen unserer Zeitung dorthin. Krumbach ging mit seinem Personal leer aus. „Eigentlich ein Wahnsinn“, sagt Reichhart.
Ein weiterer wichtiger Punkt hänge mit den Impfbemühungen zusammen und was man in den Landkreisen hinbekomme, wenn der Impfstoff erst einmal in ausreichender Menge vorhanden sei. Der Kreis Günzburg ist da nach den Angaben des Landrats gut aufgestellt. „Wir könnten 1300 Menschen täglich impfen. So viele Dosen bekommen wir nicht einmal in einer Woche.“Reichhart sagt: „Auch wenn mehr Impfstoff in den Landkreis kommt: bei uns wird nichts übrig bleiben.“Denn dann würden die niedergelassenen Ärzte in ihren Praxen neben den Impfzenten die Vakzine verabreichen. Zwei Ärzte – einer im Norden, der andere im Süden des Landkreises – koordinieren das.
Wichtig sei, den Landkreisen und großen Städten entsprechende Freiheiten zu lassen. „Bei sich zuhause wissen die Verantwortlichen am besten, wer wo und wie eingesetzt werden sollte.“
Eine differenzierte Betrachtung empfahlen Landräte und Oberbürgermeister im Hinblick auf die Einschränkung von Freiheitsrechten. „Wer dauerhaft unter 35 liegt kann anders agieren als ein Landkreis mit einem Inzidenzwert von über 100“, bringt es der Günzburger Landrat auf den Punkt. „Die Leute haben eine enorme Disziplin an den Tag gelegt. Die Anstrengung soll auch belohnt werden.“Hans Reichhart hat den Eindruck gewonnen, dass die Kanzlerin über all das nachdenkt. „Sonst hätten wir ja nicht zu reden brauchen.“»Bayern