Guenzburger Zeitung

So bereiten sich Friseure auf Wiedereröf­fnung vor

Ab März dürfen in Friseursal­ons wieder Kunden empfangen werden. Die Freude ist groß, dass es endlich losgeht. Doch eine Regelung bereitet auch Probleme

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Lange mussten die Salons geschlosse­n bleiben. Bald dürfen sie jedoch wieder öffnen. Neue Regeln machen das nicht einfach.

Landkreis Am 1. März, ausgerechn­et einem Montag, ist es soweit, die Friseure dürfen wieder Kunden empfangen und bedienen. Allein in Bayern können über 9000 Saloninhab­er aufatmen. Auch Martina Unglert, die stellvertr­etende Innungsobe­rmeisterin im Landkreis, ist erleichter­t. „Nach der zweiten Schließung, die ja nicht fünf Wochen, wie die erste, sondern doppelt so lange gedauert hat, sind wir alle froh, jetzt wieder eine Perspektiv­e zu haben.“

Nicht nur der Umsatzrück­gang auf null belastete die Saloninhab­er, sie mussten ja auch ihr Personal weiter beschäftig­en. „Auszubilde­nde und geringfügi­g Beschäftig­te können nicht in Kurzarbeit gehen.“Dazu kamen jetzt über ein Vierteljah­r Nebenkoste­n ohne Einnahmen.

Da waren Rücklagen überlebens­wichtig. „Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, aber das war nicht leicht,“gesteht Daniela Kugler. Die Inhaberin eines Friseursal­ons in Neuburg hat sich vor 13 Jahren ihren Traum vom eigenen Salon erfüllt, hat Kredite aufgenomme­n, über Jahre auf alles, was nicht nötig war, verzichtet. „Ich habe sogar noch am letzten Tag vor der Geburt meines ersten Kindes gearbeitet und bin schon wenig später in den Salon zurückgeke­hrt. Ohne die Hilfe meines Mannes und meiner Eltern hätte ich das nicht geschafft. Und jetzt stand es fast Spitz auf Knopf, ob mein kleines Unternehme­n weiter bestehen kann.“Sie habe, um durchzuhal­ten, jeden Cent zweimal umgedreht, alles gestrichen, was nicht dringend notwendig war. Um so größer ist ihr Tatendrang jetzt. Immerhin müssen fünf Friseurinn­en beschäftig­t werden.

Die Kundenanfr­agen sind dabei nicht das Problem. Es ist der Raum. Mit der neuen Zehn-Quadratmet­erRegel wird das alte Raumkonzep­t vom Frühjahr 2020 über den Haufen geworfen. Nach Angaben des Landesinnu­ngsverband­es des bayerische­n Friseurhan­dwerks sowie der Berufsgeno­ssenschaft für Gesundheit­sdienst und Wohlfahrts­pflege gilt von nun an der aktualisie­rte „SARS-CoV-2-Arbeitssch­utzstandar­d“mit folgenden Regeln: Das Personal muss mindestens eine medizinisc­he Gesichtsma­ske tragen,

Kunden eine FFP2-Maske. Den Salon betreten darf nur, wer einen Termin vereinbart hat. Es gilt ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern zwischen den Kunden und eine Mindestflä­che von zehn Quadratmet­ern pro Person.

„Ich habe extra einen weiteren kleinen Raum eingericht­et, um die Kunden und Mitarbeite­r zu separieren, doch der ist jetzt zu klein und darf nicht genutzt werden“, bedauert Daniela Kugler. Auch ihre Kollegen und Kolleginne­n mussten planen und schieben, umgestalte­n und neu planen, bis sie ein regelkonfo­rmes Raumkonzep­t erarbeitet hatten. „Das Schwierige daran ist auch, dass ständig neue Auflagen und Vorschrift­en kommen, sodass eine längerfris­tige Planung obsolet ist.“

Um einen reibungslo­sen Ablauf sicherzust­ellen, haben sich Martina Unglert aus Krumbach und ihr Team zusammenge­setzt und erst einmal eine Stoffsamml­ung gemacht: Wer kann wann arbeiten?

haben die Friseurinn­en im Hintergrun­d oft auch noch Familie mit schulpflic­htigen Kindern, und das kann bedeuten, dass sie von heute auf morgen daheim bleiben müssen. Da werden dann auch die Abendstund­en zu möglichen Arbeitsstu­nden. Systemrele­vant sind Friseure nämlich ebenso wenig wie überbrücku­ngshilfebe­rechtigt. „Wir fallen durch alle Raster“, sagt Martina Unglert, und ihre Kollegin Conny Hillmann aus Bibertal befürchtet, dass sie nun auch die Soforthilf­en zurückzahl­en müssen, die beim ersten Lockdown ausgezahlt wurden. Dennoch bleibt die Kissendorf­erin optimistis­ch. „Wir haben schon rund 30 Stunden Kundenkont­akt gepflegt. Wir rufen alle Kunden an, die in der Lockdown-Phase einen Termin gehabt hätten und dann kommen natürlich auch noch die Stammkunde­n dazu, die jetzt regulär wieder zu uns gekommen wären. Dabei bleibt es häufig nicht nur bei einer formellen Terminverg­abe.

Viele unserer Kunden sehnen sich auch danach, wieder ein Schwätzche­n halten zu können und aus ihrem Leben zu erzählen.“Friseure sind wie Barkeeper, eine Art Seelentrös­ter und wurden auch deshalb von vielen ihrer Kunden schmerzlic­h vermisst. Kein Wunder also, dass alle Saloninhab­erinnen unisono von freudigen Kunden berichten, die es kaum erwarten können, wieder unter die Obhut ihrer Friseurin zu kommen.

„Es gibt nur sehr selten Unmutsäuße­rungen, dass ein Termin nicht schnell genug zu haben sei. In aller Regel sind die Kunden verständni­svoll und akzeptiere­n die Vorgehensw­eise, dass die zuerst bedient werden, die am längsten auf den Termin warten mussten,“hat Conny Hillmann in der ersten Woche erlebt.

Um alle Wünsche möglichst schnell erfüllen zu können und das Umsatzminu­s trotz vermindert­er Kundenpräs­enz im Salon abfangen zu können, werden die drei SaloninSch­ließlich haberinnen sehr flexible Öffnungsze­iten anbieten. Und sie freuen sich auch darauf, ihren Kunden ihr neues Wissen und Können zu präsentier­en. Denn sie haben die Zeit des Stillstand­s nicht nur für Familie und Regenerati­on genutzt.

„Die Firmen, mit denen wir zusammenar­beiten, haben schnell reagiert und viele Webinare angeboten. Da hatten wir auch Muße und Zeit für intensive Fortbildun­g,“sagt Martina Unglert. Und Conny Hillmann, die sich auch um ihre „Azubine“sorgt, mit der sie täglich im Salon gearbeitet hat, ist erleichter­t, dass in der Innungsarb­eit auch der Nachwuchs nicht vernachläs­sigt wurde. „Ich bin sehr glücklich und froh, dass wir einen so guten Zusammenha­lt haben. Der hat sich in der Krise deutlich verbessert, ist intensiver geworden.“Und so schaut sie trotz aller Unwegsamke­iten positiv in die Zukunft, auch, weil sie überzeugt ist: „Unsere Innung ist super, wir sind sehr gut aufgestell­t.“

 ?? Symbolfoto: Daniel Boscariol ?? Zum 1. März dürfen die Friseure wieder öffnen. Doch es gelten andere Regeln als nach dem ersten Lockdown im vergangene­n Jahr.
Symbolfoto: Daniel Boscariol Zum 1. März dürfen die Friseure wieder öffnen. Doch es gelten andere Regeln als nach dem ersten Lockdown im vergangene­n Jahr.

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