Was macht ein Urlaubsparadies ohne Urlauber?
Nach großen Startschwierigkeiten lief der Betrieb in der riesigen Ferienanlage von Center Parcs im Allgäu gut. Dann kam die Pandemie. Mittlerweile haben die Betreiber wieder Hoffnung – trotz finanzieller Schieflage des Mutterkonzerns
Leutkirch Immerhin: Die Gärtner sind noch da. Ein paar Techniker auch. Und die Schwimmbecken, die so lange leer waren, sollen nun wieder mit Wasser gefüllt werden. Mit jedem Tropfen, das ist die Hoffnung, soll wieder so etwas wie Normalität einkehren in die riesengroße Center-Parcs-Anlage in Leutkirch im Allgäu. „Wir hoffen, dass wir am 15. März wieder öffnen können“, sagt Parkmanagerin Andrea Nestle. „Das ist das große Ziel. Aber wenn man in den Nachrichten hört, dass Reisen in den Osterferien vielleicht gar nicht möglich sein werden, dann schwindet die Hoffnung schon ein bisschen.“
In den vergangenen zwölf Monaten war der Ferienpark im Allgäu sieben Monate lang geschlossen – und das, nachdem er sich endlich von den massiven Startschwierigkeiten erholt hatte. Im Herbst 2018 war der Park eröffnet worden. Doch mit der Anlage gab es von Anfang an Probleme, kurz nach der Eröffnung musste sie vorübergehend wieder geschlossen werden. Die Gründe damals: Es gab kein warmes Wasser, die Heizung streikte, die ChipSchlüssel funktionierten nicht. Nach drei Wochen öffnete die Anlage wieder. Danach strömten die Gäste zwar in den Park – Klagen gab es aber immer wieder, vor allem über mangelnde Sauberkeit in den Ferienunterkünften. Und dann also Corona. Der nächste Schlag.
„Wir haben sieben Monate überhaupt keinen Umsatz gemacht“, sagt Nestle. Im vergangenen Sommer, als touristische Reisen erlaubt waren, sei das Geschäft gut gelaufen – dennoch reiche das nicht, um den Komplettausfall der anderen Monate zu kompensieren. 50 000 Euro an staatlicher Hilfe seien bisher geflossen. „Aber das ist sehr wenig“, sagt Nestle.
Geld ist derzeit ein heikles Thema. Denn der französische Mutterkonzern von Center Parcs – Pierre et Vacances – steckt in finanziellen Schwierigkeiten. „Durch die Pandemie sieht sich der gesamte Tourismussektor immer noch mit großen Herausforderungen konfrontiert“, sagt Unternehmenssprecherin Sabine Huber. Angesichts dieser Situation und der Ungewissheit über mögliche Wiedereröffnungstermine würden derzeit verschiedene Maßnahmen ergriffen oder zumindest geprüft. Für Frankreich sei ein gütliches Einigungsverfahren mit den französischen Partnern eingeleitet worden. Dieses Verfahren habe im Moment aber weder Auswirkungen auf die Mitarbeiter des Unternehmens noch auf den Betrieb der Ferienparks oder die laufenden Expansionspläne, sagt Huber.
Auch die geplante – und besonders umstrittene – Anlage am Brombachsee soll trotz der finanziellen Schieflage des Konzerns gebaut werden. Zum jetzigen Zeitpunkt seien die Expansionspläne in Mittelfranken unberührt, sagt Huber. Center Parcs habe den Zuschlag zum Erwerb des Grundstücks erhalten, Eigentümer sei allerdings momentan noch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Das Investitionsvolumen für das gigantische Projekt liegt bei rund 400 Millionen Euro. Etwa 800 Bungalows, Restaurants und Schwimmbäder sind auf einer Fläche von etwa 150 Hektar geplant – Naturschützer und viele Bürger sind entsetzt.
Die Debatte kochte bereits im vergangenen Jahr hoch. Im großen Stil Bäume zu fällen, die Kohlendioxid aufnehmen, das sei angesichts des Klimawandels unverständlich, klagten Naturschützer. Der Klimaaspekt war damals allerdings nicht der einzige Punkt, der die Ruhe am sonst so idyllischen Brombachsee störte. Auch die Art, wie die Verantwortlichen das Projekt aufs Gleis gebracht hatten, stieß auf massive Kritik. Erst rund zwei Jahre nach Beginn der Verhandlungen seien die Menschen vor Ort darüber informiert worden, dass das Gebiet privatisiert werden soll, hieß es. Der Zoff ist noch längst nicht beigelegt.
Eine Initiative mit dem Namen „Seenland in Bürgerhand“kämpft weiter gegen den Bau der Anlage. Auf der Internetseite der Bürgerinitiative wurde vor wenigen Tagen ein offener Brief von Erwin Hussendörfer, Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, unter anderem an Landrat Manuel Westphal veröffentlicht. Darin heißt es etwa: „Eine Versiegelung des Waldbodens für Gebäude, Wege, Straßen, Zufahrtswege, Pools etc. wird erhebliche, nachteilige Wirkungen auf den Bodenwasserhaushalt und das regionale Klima zur Folge haben.“Das Vorhaben sei weder ökologisch noch sozial vertretbar.
Bei Center Parcs beschwichtigt man: Um umfassende Informationen über den Zustand des Geländes zu erhalten, habe man bereits externe unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben. „Diese beinhalten sowohl Untersuchungen der Flora und Fauna als auch des Habitats auf dem Gelände“, erklärt Center-ParcsSprecherin Huber. Ein weiteres Gutachten beschäftige sich mit der möglichen Verunreinigung des Geländes aus der früheren militärischen Nutzung. „Mitte März werden wir dann diese Ergebnisse und einen ersten Entwurf des Masterplans, der dann auch schon erste Ergebnisse aus den Gutachten berücksichtigen wird, präsentieren und erläutern.“Zudem sollen so bald wie möglich Arbeitskreise mit interessierten Bürgern organisiert werden.
Mitte März ist nicht nur in Franken eine wichtige Zielmarke, sondern auch im Allgäu. Ab da, hofft Parkmanagerin Andrea Nestle, sollen wieder Urlauber kommen – Buchungsanfragen gebe es bereits. „Aber es kommt alles auf die Infektionszahlen an, auf das Impfgeschehen und die Verbreitung der Mutationen“, sagt sie. Man wolle aber vorbereitet sein. Deswegen würden die 1000 Ferienhäuser auf dem 184 Hektar großen Gelände derzeit auf Vordermann gebracht – genau wie die Schwimmbecken, in die nun bald Wasser fließen soll. Und Tropfen für Tropfen soll wieder ein Stück Normalität einkehren.