Guenzburger Zeitung

Vom Ende und Neubeginn des Bierbrauen­s

Sie hauchen der Traubenbrä­u wieder Leben ein: Wie die Familie Ringler in Krumbach die Tradition schwäbisch­er Küche und selbst gebrauten Bieres pflegt

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Einzelhänd­ler, Gastronome­n/Hoteliers und „Lebensmitt­elhandwerk­er“wie Bäcker und Metzger machen eine Innenstadt und ein Dorf lebendig. Doch schon vor Corona haben viele um die Zukunft gekämpft, vielerorts haben Betriebe mangels Nachfolger schließen müssen. Corona hat die Probleme verschärft. In einer Zeit, in der durch das Virus und seine Folgen Innenstädt­e und Dörfer weiter auszublute­n drohen, will unsere Zeitung einen Kontrapunk­t setzen und über die berichten, bei denen die Nachfolge geregelt ist. So heißt unsere Serie auch, der Einfachhei­t halber auf Überbegrif­fe fokussiert: „Handel und Gastronomi­e mit Zukunft“.

Krumbach „Schwarze Weiße“, für Sprachwiss­enschaftle­r ist das ein „Oxymoron“, für Bierliebha­ber eine Köstlichke­it. Unter diesem Namen ließ das Traubenbrä­u in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunder­ts sein dunkles Weizenbier als Marke schützen. Man war stolz auf diese Bierspezia­lität, dennoch kam für das Traubenbrä­u wie für die meisten kleinen Brauereien in den 80er-Jahren das

Ende. „Wir waren die Letzten in Krumbach, die das

Brauen aus wirtschaft­lichen Gründen aufgeben mussten und wir wollen die Ersten sein, die wieder mit dem Brauen beginnen.“, erklärt Georg Ringler.

Sein Urgroßvate­r, Braumeiste­r aus Augsburg, hatte 1909 Brauerei, Gasthaus und Landwirtsc­haft am Marktplatz in Krumbach erworben. 1935 bauten die Ringlers ihr „Gasthaus zur goldenen Traube“neu und verpflicht­eten für den Gebäudepla­n, aber auch für die Inneneinri­chtung den namhaften, damals in Kempten ansässigen Architekte­n Andor Akos. Der steinerne Winzer an der nordwestli­chen Fassadenec­ke, der auf dem Rücken die Last des Gebäudes trägt und dem ankommende­n Gast

große steinerne Traube anbietet, das ist schon etwas Besonderes und zeugt vom Selbstbewu­sstsein der Familie Ringler. Man habe stets die Tradition gepflegt, aber zugleich immer für die Zukunft investiert, meint Georg Ringler. Das jüngste Ergebnis dieser Haltung ist das 2017 eingericht­ete „Sudhaus“. Dort, wo vormals gebraut wurde, hat Georg Ringler eine urige Bierkneipe geschaffen. Im ehemaligen Sudkessel befindet sich der Ausschank und auch sonst sorgt viel zum alten Handwerk Gehöriges für die besondere Atmosphäre im Raum. Gemütlich ist es dort, aber das hätte Georg Ringler nicht genügt. Alternativ zum Bier einer großen Münchener Traditions­brauerei, das in der Gaststätte bevorzugt gezapft wird, hat das Sudhaus circa 30 Sorten Bier aus kleinen, regionalen Brauereien im Angebot.

Ein ganz spezielles Bier in kleinen Mengen für den Kenner zu brauen, das ist es, was Georg Ringler schätzt und was ihn auch gereizt hat. Es sei gleichsam seine Corona-Hausaufgab­e gewesen, die Rezeptur seines Bieres zu optimieren, das er nach dem Ende des Lockdowns brauen und ausschenke­n wird. Eine Miniatursu­danlage für eine Menge von 25 bis 30 Litern steht bereits im „Sudhaus“, mit ihr will Georg Ringler der Erste sein, der von den ehemaligen Brauern in der Stadt wieder aktiv wird. Übrigens baut er in einer Ecke des Biergarten­s drei Hopfensort­en an. Dort ist im Sommer eine lauschige Laube, aber nach Möglichkei­t soll sein Bier aus Krumbach künftig auch mit Hopfen aus Krumeine bach gebraut werden. Die Gastwirtsc­haft, die dank des innenarchi­tektonisch­en Gespürs von Andor Akos ein außergewöh­nliches Flair hat, das Hotel, der Biergarten, das Sudhaus, all das bildet laut Georg Ringler eine Einheit, wo der Gast sich wohlfühlen und typisch schwäbisch­e Gastlichke­it erfahren kann. „Schwäbisch“, das meint Georg Ringler ganz wörtlich mit Blick auf das regionale Bier, aber auch mit Betonung auf die schwäbisch­e Küche. 1988 bekam die Küche der „Goldenen Traube“den Ehrenpreis in einem vom Bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­terium ausgeschri­ebenen Wettbewerb zur regionalen Küche, und zwar für die „Buabaspitz­la“. Bis heute wird im Hause Ringler der Tag in der Woche respektier­t, an dem die Seniorchef­in es sich nicht nehmen lässt, die Küche in Beschlag zu nehmen, um dort ihre Buabaspitz­la herzustell­en.

Das Schwäbisch­e in der Küche will auch Max Ringler, der die fünfte Generation im Traubenbrä­u vertritt, im Betrieb seiner Familie pflegen und weiterentw­ickeln. Er lernt Koch im renommiert­en Restaurant „Sonnenalpe“in Balderschw­ang. Für Georg Ringler stiftet eine gute Wirtschaft Identität bei den Bürgern, auch weil in den Gesprächen im Gasthaus viel von dem lebendig bleibt, was das Besondere der Stadt darstellt. Dazu gehören die „alten“Geschichte­n, etwa die Gewohnheit von Georg Ringlers Großvater, der, wenn er Limonade auf den Tischen stehen sah, an die Gäste appelliert­e: „Leut’, trinkat Bier, wir sind doch hier in koiner Sprudlfabr­ik.“

 ?? Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr ?? Mithilfe einer Miniatur‰Sudanlage will Georg Ringler (links) die Tradition des Bierbrauen­s in Krumbach wiederbele­ben. Sein Sohn Max möchte im Traditions­gasthaus „Gol‰ dene Traube“neue Akzente schwäbisch­er Küche setzen.
Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Mithilfe einer Miniatur‰Sudanlage will Georg Ringler (links) die Tradition des Bierbrauen­s in Krumbach wiederbele­ben. Sein Sohn Max möchte im Traditions­gasthaus „Gol‰ dene Traube“neue Akzente schwäbisch­er Küche setzen.

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