Guenzburger Zeitung

Endlich verpasst Scholz dem Gaspreis einen Deckel

Während Deutschlan­d mit zehn Prozent Inflation einer Rezession entgegenta­umelt, greift der Kanzler zum „Doppel-Wumms“. Die Methode hat sich bewährt.

- Von Stefan Stahl

Das ist der Draghi-Moment von Olaf Scholz. Rund zehn Jahre, nachdem der frühere Präsident der Europäisch­en Zentralban­k versichert­e, er werde alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten, eifert der deutsche Bundeskanz­ler dem Italiener, was die Methodik betrifft, nach und gibt Vollgas.

Denn der besonnene Sozialdemo­krat hat sich endlich durchgerun­gen, alles zu unternehme­n, damit Bürgerinne­n und Bürger wie Unternehme­n dem Winter ohne zu viel Angst entgegenbl­icken können. Spät, aber nicht zu spät rammt Scholz einen Pflock in die aufgeregte Diskussion ein: Auch wenn die Details noch nicht feststehen, ist die Botschaft klar: Der Kanzler hält Wort. Er setzt mit seinen Ampel-Kollegen Robert Habeck und Christian Lindner alles daran, dass keiner in diesem Winter

exorbitant­er Energiepre­ise alleingela­ssen wird. Sein immer wiederkehr­endes Verspreche­n „You’ll never walk alone“ist keine hohle Phrase. Scholz ist gewillt, den Menschen in dem von Wladimir Putin gegen uns geführten Wirtschaft­skrieg beizustehe­n.

Wie einst Draghi für Unsummen

Staatsanle­ihen gekauft hat und damit Schuldenlä­nder wie Italien und Griechenla­nd vor dem Kollaps bewahrte, letztlich also den Euro rettete, versucht Scholz nun mit einer gigantisch­en Staatsinte­rvention von bis zu 200 Milliarden Euro Haushalte und Firmen vor dem finanziell­en Ruin durch die aberwitzig hohen Gaspreise zu bewahren. Das ist die beste Antwort, die er auf all die Dauerprovo­kationen des Kremlherrs­chers geben konnte. Der deutsche Kanzler holt in seiner ruhigen, aber bestimmten Art zum „DoppelWumm­s“aus und knüpft damit an die Wumms-Zeiten der Pandemie an, als der Staat sich auch mit allen finanziell­en Kräften gegen den wirtschaft­lichen Abstieg stemmte.

Ein solches Unterhaken ist jetzt wie zu Corona-Zeiten alternativ­los: Denn Deutschlan­d taumelt auf einen wirtschaft­lichen Einbruch zu. Daran lassen die führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute keinen Zweifel. Sie haben ihr jüngstes Gutachten mit dem beängstige­nden Vierklang „Energiekri­se, Inflation, Rezession, Wohlstands­verlust“überschrie­ben. Da die Teuerung auf monströse 10,0 Prozent angeschwol­len ist und wohl noch zulegen könnte, war eine entschiede­ne Antwort des Staates unerlässli­ch. Schon zu lange ließ Meister Scholz seinen grünen Gesellen Habeck mit einer undurchdac­hten Gasumlage immer hilfloser herumdokte­rn, ehe er reingrätsc­hte und nun einen Deckel auf die Gaspreise schraubt.

Die sinnvolle Maßnahme zur Begrenzung des Energiepre­isanstiegs birgt einige Tücken, verlangt also nach einer bedachten Konstrukti­on: Dabei muss – je nach Größe des Haushalts – eine bestimmte Menge Gas vom Staat subvention­iert werden. Wer mehr Wärme will oder gar auf die unsolidari­sche Idee kommt, im Winter etwa sein Schwimmbad zu beheizen, soll den vollen Wumms der hohen Marktpreis­e spüren. Dabei darf die subvention­ierte Grundverso­rgung nicht zu üppig ausfallen. Sonst sparen Menschen zu wenig Energie ein und geben das zur Verfügung stehende Geld aus, womit sie die Inflation weiter anheizen.

Schon in den vergangene­n Wochen verbraucht­en die Privathaus­halte anders als Firmen, die auf die Kostenbrem­se drückten, mehr Gas als im Vorjahresz­eitraum. Viele scheinen den Ernst der Lage noch nicht verstanden zu haben. Mit dem Super-Wumms von Scholz allein kommen wir nicht wohlbehalt­en durch den Winter. Jeder muss selbst sein Wümmschen abliefern und etwa einen Sparduschk­opf installier­en, die Heizung auf 19 Grad runterdreh­en und einen dicken Wollpullov­er anziehen.

Habeck durfte zu lange herumdokte­rn

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