Endlich verpasst Scholz dem Gaspreis einen Deckel
Während Deutschland mit zehn Prozent Inflation einer Rezession entgegentaumelt, greift der Kanzler zum „Doppel-Wumms“. Die Methode hat sich bewährt.
Das ist der Draghi-Moment von Olaf Scholz. Rund zehn Jahre, nachdem der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank versicherte, er werde alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten, eifert der deutsche Bundeskanzler dem Italiener, was die Methodik betrifft, nach und gibt Vollgas.
Denn der besonnene Sozialdemokrat hat sich endlich durchgerungen, alles zu unternehmen, damit Bürgerinnen und Bürger wie Unternehmen dem Winter ohne zu viel Angst entgegenblicken können. Spät, aber nicht zu spät rammt Scholz einen Pflock in die aufgeregte Diskussion ein: Auch wenn die Details noch nicht feststehen, ist die Botschaft klar: Der Kanzler hält Wort. Er setzt mit seinen Ampel-Kollegen Robert Habeck und Christian Lindner alles daran, dass keiner in diesem Winter
exorbitanter Energiepreise alleingelassen wird. Sein immer wiederkehrendes Versprechen „You’ll never walk alone“ist keine hohle Phrase. Scholz ist gewillt, den Menschen in dem von Wladimir Putin gegen uns geführten Wirtschaftskrieg beizustehen.
Wie einst Draghi für Unsummen
Staatsanleihen gekauft hat und damit Schuldenländer wie Italien und Griechenland vor dem Kollaps bewahrte, letztlich also den Euro rettete, versucht Scholz nun mit einer gigantischen Staatsintervention von bis zu 200 Milliarden Euro Haushalte und Firmen vor dem finanziellen Ruin durch die aberwitzig hohen Gaspreise zu bewahren. Das ist die beste Antwort, die er auf all die Dauerprovokationen des Kremlherrschers geben konnte. Der deutsche Kanzler holt in seiner ruhigen, aber bestimmten Art zum „DoppelWumms“aus und knüpft damit an die Wumms-Zeiten der Pandemie an, als der Staat sich auch mit allen finanziellen Kräften gegen den wirtschaftlichen Abstieg stemmte.
Ein solches Unterhaken ist jetzt wie zu Corona-Zeiten alternativlos: Denn Deutschland taumelt auf einen wirtschaftlichen Einbruch zu. Daran lassen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute keinen Zweifel. Sie haben ihr jüngstes Gutachten mit dem beängstigenden Vierklang „Energiekrise, Inflation, Rezession, Wohlstandsverlust“überschrieben. Da die Teuerung auf monströse 10,0 Prozent angeschwollen ist und wohl noch zulegen könnte, war eine entschiedene Antwort des Staates unerlässlich. Schon zu lange ließ Meister Scholz seinen grünen Gesellen Habeck mit einer undurchdachten Gasumlage immer hilfloser herumdoktern, ehe er reingrätschte und nun einen Deckel auf die Gaspreise schraubt.
Die sinnvolle Maßnahme zur Begrenzung des Energiepreisanstiegs birgt einige Tücken, verlangt also nach einer bedachten Konstruktion: Dabei muss – je nach Größe des Haushalts – eine bestimmte Menge Gas vom Staat subventioniert werden. Wer mehr Wärme will oder gar auf die unsolidarische Idee kommt, im Winter etwa sein Schwimmbad zu beheizen, soll den vollen Wumms der hohen Marktpreise spüren. Dabei darf die subventionierte Grundversorgung nicht zu üppig ausfallen. Sonst sparen Menschen zu wenig Energie ein und geben das zur Verfügung stehende Geld aus, womit sie die Inflation weiter anheizen.
Schon in den vergangenen Wochen verbrauchten die Privathaushalte anders als Firmen, die auf die Kostenbremse drückten, mehr Gas als im Vorjahreszeitraum. Viele scheinen den Ernst der Lage noch nicht verstanden zu haben. Mit dem Super-Wumms von Scholz allein kommen wir nicht wohlbehalten durch den Winter. Jeder muss selbst sein Wümmschen abliefern und etwa einen Sparduschkopf installieren, die Heizung auf 19 Grad runterdrehen und einen dicken Wollpullover anziehen.
Habeck durfte zu lange herumdoktern