Guenzburger Zeitung

Die Chefstrate­gin

Porträt Hannah Schmitz versorgt Formel-1-Weltmeiste­r Max Verstappen mit der passenden Renntaktik. Ihren Traumjob hat die Britin sich hart erarbeitet.

- Fabian Kluge

Wenn Hannah Schmitz ihre Handfläche­n flach auf das Pult vor sich legt, stehen Entscheidu­ngen an. Entscheidu­ngen, die Rennen komplett verändern können – und die in ihrem Fall meist Siege und Titel bedeuten. Die Britin ist Chefstrate­gin bei Red Bull, dem Team des aktuellen Formel-1-Weltmeiste­rs Max Verstappen. An diesem Wochenende kann er bereits seinen Titel verteidige­n. Auch, weil Schmitz ihm die passenden Rennstrate­gien zurechtleg­t. So wie in Ungarn vor wenigen Wochen, als die Ingenieuri­n die richtige Reifenwahl traf, und Verstappen von Startplatz zehn zum Sieg raste.

Es sind Entscheidu­ngen wie diese, für die Zeitungen wie die italienisc­he Gazzetta dello Sport die 37-Jährige als „Genie“feiern. Ihr Weg an den Kommandost­and liest sich im Nachhinein wie vorgezeich­net. Schon als Kind hatte Schmitz eine Leidenscha­ft für Autos, schon in der Schulzeit entwickelt­e sie ein Interesse für das Ingenieurw­esen. Ihren Master in Maschinenb­au machte sie an der renommiert­en Cambridge University. 2009 kam sie schließlic­h als Praktikant­in zu Red Bull.

Ein Musterbeis­piel dafür, dass man sich den Traumjob erarbeiten kann. Und das, obwohl sie als Frau im männergepr­ägten

Motorsport mehr Hinderniss­e überwinden musste als ihre Kollegen. „Als Strategin musst du unzähligen Leuten sagen, was sie zu tun haben – und sie müssen dir zuhören, also kommt es darauf an, Vertrauen aufzubauen, und ich denke, dass das als Frau sehr viel schwierige­r ist“, sagt sie und hofft, ein Vorbild für andere junge Frauen zu sein, um mehr Diversität in die Formel 1 und den Motorsport zu bringen. Geholfen auf diesem Weg hat der zweifachen Mutter sicher eine Eigenschaf­t, die RB-Motorsport­chef Helmut Marko einmal so ausdrückte: Das Wort „vielleicht“gebe es bei Hannah Schmitz nicht. Dafür ist in einem hektischen Formel1-Rennen auch gar nicht die Zeit. Zu groß sind die Unwägbarke­iten wie das Wetter, Unfälle, SafetyCar-Phasen, Reifenvers­chleiß. Doch das macht für sie auch den Reiz aus. „Wenn du eine Entscheidu­ng innerhalb von Sekunden triffst, sitzt du auf Nadeln“, sagt Schmitz über ihren Job. Ansehen wird man ihr den Stress auch beim nächsten Rennen in Singapur nicht. Sie wird wieder ihre Hände flach auf das Pult vor sich legen, eine Entscheidu­ng treffen – und so Verstappen mit großer Wahrschein­lichkeit zum zweiten WMTitel führen.

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Foto: Imago

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