Ein Stück Porsche für 82,50 Euro
Der Sportwagenbauer hat seinen Gang an den Aktienmarkt ordentlich über die Bühne gebracht. Doch das größte deutsche Börsendebüt seit 1996 ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte.
Frankfurt am Main Im Geflecht der Zahlen rund um einen der größten Börsengänge der deutschen Wirtschaftsgeschichte dürfte die 40 bald wieder in Vergessenheit geraten. Exakt so viele Sekunden lang läuteten Porsche-Chef Oliver Blume und sein Vize Lutz Meschke am Donnerstag inbrünstig die Glocke zum Handelsauftakt an der Frankfurter Börse. Die Erleichterung stand den Managern ins Gesicht geschrieben: Trotz Krieg, Inflation, und Rezessionsangst hatten die Stuttgarter den Gang aufs Parkett ordentlich über die Bühne gebracht – auch wenn der große Höhenflug ausblieb. Mit 84,00 Euro lag der erste Kurs der Porsche-Vorzugsaktien am Donnerstag knapp zwei Prozent über dem Ausgabepreis von 82,50 Euro. Rasch stieg das Papier auf 86,76 Euro – um Ende des Tages doch wieder auf den Ausgabepreis zurück zu fallen.
Porsche war zwischenzeitlich fast so viel wert wie die Konzernmutter Volkswagen: Während die
Stuttgarter bis Mittag über 77 Milliarden Euro Marktkapitalisierung erreichten, rauschte der Börsenwert von VW in den Keller und kam auf knapp 80 Milliarden Euro. Porsche wurde auch deutlich höher bewertet als BMW oder Mercedes-Benz. Und mit einem Erlös von 9,4 Milliarden Euro für VW legten die Stuttgarter den größten deutschen Börsengang seit der Telekom 1996 hin.
Erfolgsnachrichten sind an der Börse derzeit rar gesät. Der Dax stürzte am Vortag zeitweise auf den niedrigsten Stand seit November 2020. Entsprechend groß war am Donnerstag der Empfang für den Börsenneuling in Frankfurt, der als heißer Dax-Anwärter gilt: der Handelssaal mit Porsche-Plakaten dekoriert, vor dem Gebäude ein Sammelsurium an Sportwagen. Imagefilmchen gab es per Livestream. Dass dieser kurz vor dem Handelsstart den Geist aufgab – geschenkt.
Doch nicht nur beim Verfolgen
des Börsengangs aus der Ferne, sondern auch bei der Zuteilung der Aktien gingen private Anleger praktisch leer aus. Über 94 Prozent der 114 Millionen Vorzugsaktien gingen an Großanleger. Vier Ankerinvestoren, darunter VW-Großaktionär Katar, hatten sich knapp 40 Prozent der Anteile gesichert.
Einen Großteil des Emissionserlöses will VW in Investitionen für
E-Modelle, Auto-Software oder autonomes Fahren stecken. Vor allem der Aufbau der Batteriezellfabriken gestalte sich kapitalintensiver als gedacht, ist aus Kreisen der Kontrolleure zu hören. Ein zweites Kalkül spielt eine ebenso zentrale Rolle: Wenn man die hochprofitable Tochter aus Stuttgart sichtbarer ins Schaufenster der internationalen Finanzwelt stellt, könnte das positiv auf den eigenen – nach Selbsteinschätzung chronisch zu niedrigen – Börsenwert abfärben. So richtig wollte sich dieser Effekt noch nicht einstellen: Die VW-Vorzugsaktien sackten nach dem Handelsstart um fünf Prozent ab. Offenbar hatten sich Anleger einen fulminanteren Start erhofft.
Für Porsche steht nun auch der Spagat zwischen der Rolle als Teil des zweitgrößten Autokonzerns der Welt und dem Anspruch als Luxus-Marke mit hohen Renditen an. Dazu kommt: Die Motivlage des Porsche/Piëch-Clans gilt als deutlich komplexer, als sich reinen Rendite-Zielen hinzugeben. So wird eine Mischung aus Machtinteressen und familiärem Erbkodex hinter dem Börsengang vermutet. Denn nach der Übernahme Porsches durch VW im Jahr 2008 bekommen die Familien durch den Börsengang wieder mehr Zugriff auf den Sportwagenbauer mit ihrem Namen.