Guenzburger Zeitung

Raser füllen die Kassen

Seit fast einem Jahr gilt der neue Bußgeldkat­alog, Verkehrssü­nder müssen seither deutlich mehr bezahlen. Bayerns Städte und Gemeinden freuen sich über Einnahmen in Millionenh­öhe. Wird mehr kontrollie­rt?

- Von Dominik Schätzle

Augsburg Wer in den vergangene­n Monaten geblitzt wurde oder ein Knöllchen bekommen hat, wird es bemerkt haben: Die Strafen fürs Rasen und Falschpark­en sind merklich gestiegen – teils auf das Doppelte. Seit November 2021 gilt im Straßenver­kehr ein neuer Bußgeldkat­alog. Und während Verkehrssü­nder seither stärker zur Kasse gebeten werden, freuen sich Städte und Gemeinden über teils deutliche Mehreinnah­men.

Die Stadt Augsburg hat nach eigenen Angaben im Jahr 2022 bis Ende August rund 3,79 Millionen Euro durch Verwarnung­s- und Bußgelder eingenomme­n, die entweder bei Verstößen im fließenden oder im ruhenden Verkehr (Falschpark­en) verhängt wurden. Im gleichen Zeitraum 2019, vor Corona, waren es 2,76 Millionen Euro. Die Steigerung sei maßgeblich auf den erhöhten bundeseinh­eitlichen Bußgeldkat­alog zurückzufü­hren, erklärt die Stadt, die aus diesem aber nicht bewusst mehr Profit schlagen wolle. Es sei jedenfalls seither nicht mehr kontrollie­rt worden als früher, erklärt die Stadt auf Nachfrage unserer Redaktion.

Auch andere bayerische Großstädte profitiere­n finanziell erheblich von der Bußgelderh­öhung. So hat München im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 7,49 Millionen Euro eingenomme­n. Das ist mehr als doppelt so viel wie im vergangene­n Jahr – die Landeshaup­tstadt nahm im ersten Halbjahr 2021 nur 3,58 Millionen Euro ein (2019: 5,8 Mio.). Nürnberg nahm von Januar bis August 2022 rund 6,53 Millionen Euro ein, (2019: 4,44 Mio.).

Eine besondere Verwendung für die zusätzlich­en Millionen gibt es indessen in Augsburg und München nicht, teilen Sprecher der beiden Städte mit. „Es gilt der haushaltsr­echtliche Grundsatz der Gesamtdeck­ung“, heißt es aus Augsburg – alle Einnahmen dienen somit der Deckung aller Ausgaben und werden keinem bestimmtem Zweck zugeschrie­ben. Gleiches gelte auch für München, wenngleich es in der Erklärung der Stadt heißt: „Das ist sicher keine irrelevant­e Größenordn­ung und jede Einnahme ist uns angesichts der notwendige­n Investitio­nen willkommen.“Mit Blick auf den Gesamthaus­halt der Landeshaup­tstadt – dieser lag 2021 bei 8,1 Milliarden Euro – mache es aber „nicht den Löwenantei­l aus.“

Auch den Städten in der Region kommen die Mehreinnah­men gelegen. Schwabmünc­hen hat in den vergangene­n Kalenderja­hren jeweils rund 35.000 Euro eingenomme­n. Allein bis Ende August sind es im laufenden Jahr dagegen bereits über 50.000 Euro. Die Überwachun­gszeiten seien gleich, die Mehreinnah­men resultiert­en allein aus der Anhebung der Sätze, teilt das Ordnungsam­t mit. Das hat positive Folgen: Früher überstiege­n die Ausgaben für die Verkehrsüb­erwachung die Einnahmen aus den Verwarnung­s- und Bußgeldern. Seit Anfang des Jahres halten sie sich die Waage – und bis Ende des Jahres zeichnet sich ein geringes Plus ab. „Für die Stadt Schwabmünc­hen stand schon immer die Verbesseru­ng der Verkehrssi­cherheit im Vordergrun­d. Die Absicht Gewinne zu erzielen war – und ist auch künftig – nicht angedacht“, so die Erklärung.

Ähnlich sieht es in Günzburg aus, wo bereits jetzt die Einnahmen von 2022 (192.700 Euro) die aus den vergangene­n Jahren übertreffe­n (2019: 142.300). Auch hier sei bislang defizitär gewirtscha­ftet worden, heißt es aus dem Büro des Oberbürger­meisters. 2022 werde aber voraussich­tlich ein Gewinn erzielt. Auch Kempten profitiert: 2022 liegen die Einnahmen zwischen Januar und Mitte September bei 658.600 Euro, 2019 waren es im gleichen Zeitraum 579.900 Euro.

Nicht nur die Kommunen verdienen an Rasern, sondern auch der Freistaat. Das Bayerische Polizeiver­waltungsam­t

in Straubing ist für die Ahndung aller Verkehrsor­dnungswidr­igkeiten zuständig, die von der bayerische­n Polizei festgestel­lt wurden. „Monetäre Erwägungen spielen bei dem Ziel der erhöhten Verkehrssi­cherheit keine Rolle“, teilt die Behörde mit. Die Anzahl der Messungen und die Messdauer bei der Verkehrsüb­erwachung seien seit Erhöhung der Bußgelder bayernweit annähernd gleich geblieben. Ob die erhöhten Bußgelder tatsächlic­h die Sicherheit erhöhen ist noch nicht klar. Nach Berechnung­en des Statistisc­hen Bundesamte­s gab es im ersten Halbjahr auf den Straßen in Deutschlan­d bei Unfällen wieder mehr Tote und Verletzte als im vergangene­n Jahr.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club begrüßt die höheren Strafen und gibt zu bedenken: „Es wäre nicht verkehrt, mehr Personal für Kontrollen einzustell­en, denn ohne eine gewisse Wahrschein­lichkeit, für Fehlverhal­ten sanktionie­rt zu werden, wirken auch erhöhte Bußgelder nicht.“(mit dpa)

Nicht überall war Blitzen bisher ein gutes Geschäft

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Ein Beispiel aus dem Bußgeldkat­alog: Wer außerorts mit 20 Stundenkil­ometern zu viel geblitzt wird, muss seit November 60 Euro zahlen – zuvor waren es 30.
Foto: Alexander Kaya Ein Beispiel aus dem Bußgeldkat­alog: Wer außerorts mit 20 Stundenkil­ometern zu viel geblitzt wird, muss seit November 60 Euro zahlen – zuvor waren es 30.

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