Willkommen in der Serien-Matrix
Die Saga „Babylon Berlin“ist zurück, Germanen kämpfen wieder gegen Römer, und die „Westworld“-Macher entwerfen eine düstere Zukunft: Interessante Neuerscheinungen, die im Oktober bei Streaminganbietern oder im Bezahlfernsehen starten.
• The Bear (Disney+, ab 5.10.) – Fast Food statt Feinkost: Der junge Spitzenkoch Carmy (Jeremy Allen White) muss nach einem tragischen Todesfall den Sandwichladen seiner Familie übernehmen. Es ist ein schmieriger Schuppen in einer schmuddeligen Ecke von Chicago, Spielautomaten locken eine zwielichtige Klientel an und der Tonfall in der Küche ist hart, aber herzlich. Obwohl im Schnellimbiss „The Original Beef of Chicagoland“immer Hektik und Geldnot herrschen, zaubert Carmy lieber Delikates als anspruchslose Kost: Man schaut sich diese atemberaubende Großstadtserie besser nicht mit leerem Magen an. Den faszinierenden Hauptdarsteller kennen Serienfans aus „Shameless“. Der Ton in „The Bear“ist ähnlich: witzig, tragisch und sehr cool.
• Babylon Berlin (Sky, ab 8.10.) – Die vierte Staffel der famosen Serie beginnt mit einem Schock: Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) zieht als Teil eines brutalen SASchlägertrupps marodierend durch die Stadt. Es ist der Auftakt von zwölf neuen Folgen, die es in sich haben. Die Handlung spielt Anfang der 30er Jahre und hat einen starken politischen Bezug – es geht um den Griff der Nazis nach der Macht. Die Staffel kreist um einen amerikanischen Geschäftsmann, der in Berlin ein gestohlenes Juwel sucht und dabei einen Bandenkrieg auslöst, um die Beziehung zwischen Rath und seiner Kollegin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries), und um den tiefen Fall von Charlottes kleiner Schwester. Ein Höhepunkt ist ein Tanzmarathon im Club Moka Efti – Sinnbild für den Tanz der Weimarer Republik auf dem Vulkan.
• Barbaren (Netflix, ab 21.10.) – Die Kritiker spotteten, aber viele Serienfans waren begeistert: Die erste
Staffel der Germanensaga „Die Barbaren“über die legendäre Varus-Schlacht anno 9 nach Christus mischte Fakten mit Fiktion, Spannung mit Anspruch, brachiale Gewalt mit einer authentischen Darstellung
des antiken Lebens. Jetzt geht das blutige Historien-Spektakel in eine zweite Runde: Ein Jahr nach dem Sieg germanischer Krieger über ein eigentlich überlegenes römisches Heer zeigt sich die Weltmacht aus dem Süden unbeeindruckt und ist mit neuen Truppen nach Germanien zurückgekehrt. Arminius (Laurence Rupp) will König aller Stämme werden, hat aber einen Rivalen. Auch Jeanne Goursaud ist wieder in ihrer sehenswerten Rolle als Stammesfürstin Thusnelda dabei.
• Peripherie (Amazon Prime, ab 21.10.) – Willkommen in der Matrix: Der Autor William Gibson erfand nicht nur den Begriff, der eine perfekte Simulation der Realität meint, sondern schuf auch wegweisende Science-Fiction-Romane. Aus seinem Buch „Peripherie“haben die Macher der „Westworld“-Saga eine Serie gemacht, deren Heldin die junge Flynne Fisher (Chloe Grace Moretz) ist. Sie ist ein Computerspiel-Ass und nimmt das lukrative Angebot an, für eine dubiose Firma ein neues GamingGerät zu testen. Doch dann katapultiert das Spiel sie ins London der Zukunft, und die Aufgaben, die sie dort meistern muss, fühlen sich gefährlich echt an. Die Grenzen zwischen virtueller und echter Welt verschwimmen – damit ist die Serie ganz am Puls der Zeit.
• Safe (ZDF-Mediathek, ab 28.20.) – Caroline Link gehört zu Deutschlands bekanntesten Regisseurinnen, für „Nirgendwo in Afrika“bekam sie einen Oscar, ihr Hape-Kerkeling-Film „Der Junge muss an die frische Luft“lockte 3,6 Millionen Menschen in die Kinos. Ihre erste Serie beleuchtet ein Thema, das unter die Haut geht: Die Therapeuten Katinka (Judith Bohle) und Tom (Carlo Ljubek) betreuen in ihrer Praxis Kinder und Teenager mit auffälligem Verhalten. Die erste Folge dreht sich um ein sechsjähriges Mädchen, das sich merkwürdig verhält. Die acht Folgen sind bewegend, intensiv und sehr spannend, die Leistungen der Jungdarsteller durchweg frappierend.
• The White Lotus (Sky, ab 31.10.) – In Deutschland bekam diese wunderbare Serie nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient, unlängst gewann sie den Emmy als beste Miniserie: Die diabolische Gesellschaftssatire „The White Lotus“über die Gäste eines Luxushotels auf Hawaii, die in dem Urlaubsparadies die Hölle erleben. Schön, dass es nun eine zweite Staffel gibt; allerdings wechselt die bissige Sozialparodie über reiche Leute, die sich gegenseitig das Leben schwer machen, Ort und Personal, nur Publikumsliebling Jennifer Coolidge als exaltierte reiche Witwe ist wieder mit dabei. Diesmal geht es um die gut betuchten Gäste in einem sizilianischen Urlaubsparadies, gefilmt wurde in einem Edelhotel in Taormina.