Guenzburger Zeitung

Bürgerinit­iativen verstärken Widerstand gegen ICE-Trasse

An diesem Wochenende gehen die BIs mit eigenen Vorschläge­n für den Bahnausbau zwischen Ulm und Augsburg an die Öffentlich­keit. Beeinfluss­t das den Fahrplan für das Milliarden­projekt?

- Von Christoph Frey

Landkreis Günzburg Bei einer Demonstrat­ion gegen die bisherigen Pläne der Bahn für die ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg wollen die Bürgerinit­iativen entlang der Strecke nun eigene Vorschläge für das Milliarden­projekt präsentier­en. Die Veranstalt­ung findet am Samstag, 1. Oktober, zwischen 17 und 21 Uhr im Burgauer Stadtteil Großanhaus­en statt. Schon in ihrem Vorfeld haben die Bürgerinit­iativen den Druck auf die Bahn erhöht.

Man erwarte, dass das Projekttea­m der Bahn die Vorschläge der Initiative­n ernst nehme und sorgfältig prüfe, sagte Jürgen Zimmermann, Vorsitzend­er der Dachorgani­sation (Bischt) der Initiative­n, am Donnerstag­abend bei einer Veranstalt­ung in Gersthofen. In der dortigen Stadthalle setzten sich vor knapp 200 Besucherin­nen und Besuchern Experten, Vertreter der Bürgerinit­iativen und der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) kritisch mit den Planungen der Bahn auseinande­r.

Diese seien schlichtwe­g in dieser Größe nicht nötig, sagte der Nahverkehr­sspezialis­t Jürgen König. Die Bahn plane eine „Milliarden-Investitio­n für wenig Zusatznutz­en“. König plädierte für einen deutlich bescheiden­eren Ausbau der Bestandsst­recke auf zum Teil nur drei Gleise und erklärte das Ziel, eine Fahrtzeit von nur 26 Minuten zwischen Ulm und München, mit Blick auf die Anschlüsse zu anderen Zügen für überflüssi­g: „Mit einer etwas längeren Fahrtzeit erreicht man bessere Ergebnisse.“Königs Forderung: Die Politik in Berlin müsse die Vorgaben für die Bahn ändern, dann seien andere Planungen möglich.

Der frühere Chef der Verkehrsve­rbünde von Augsburg und später München berief sich bei seinen Aussagen auf Gutachten im Auftrag des Verkehrsmi­nisteriums sowie die Vorgaben des Deutschlan­dtakts. Dieser hat das Ziel, dass nach dem Vorbild der Schweiz in ganz Deutschlan­d die Züge so aufeinande­r abgestimmt fahren, dass es beim Umsteigen keine langen Wartezeite­n gibt.

Zu den Mitinitiat­oren dieses Deutschlan­dtakts gehört der Eisenbahns­pezialist Andreas Schulz. Er sagte, dass der Deutschlan­dtakt auch bei einer Fahrtzeit von 41 Minuten zwischen Ulm und Augsburg funktionie­ren würde – was die Bahn anders darstellt – und zog die Notwendigk­eit einer Hochgeschw­indigkeits­strecke in Zweifel: „Wenn man viel Geld übrig hat, kann man das machen.“In den Augen von Schulz gibt es in Deutschlan­d wesentlich dringender­e Bahnprojek­te als Ulm–Augsburg.

Als „nicht mehr zeitgemäß“bezeichnet­e Markus Brem vom Bürgervere­in Hirblingen, der die Veranstalt­ung organisier­t hatte, die Pläne der Bahn., Diese verbraucht­en zu viel Fläche und Natur für ein paar Minuten Fahrtzeitg­ewinn, die im Grunde den meisten Kunden egal seien. Ähnlich äußerte sich Bischt-Voristzend­er Zimmermann. Die Bahn müsse umdenken, Ausbau statt Neubau und mehr Konzentrat­ion auf den Nahverkehr laute die Devise.

Verbesseru­ngen für den Nahverkehr hat auch der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) im Sinn. Der Ausbau der Bahnlinie müsse für die Region den 15-Minuten-Takt im Nahverkehr, barrierefr­eie Bahnhöfe und Lärmschutz an der bestehende­n Strecke bringen, sagte Sailer. „Das ist nicht verhandelb­ar.“Sailer beschwor die Vertreter der Bürgerinit­iativen und Kommunen an der Strecke, auch in Zukunft zusammenzu­stehen.

Geschlosse­nheit habe in den Verhandlun­gen mit der Bahn schon erste Erfolge gebracht. Jetzt gehe es darum, die vier vorgeschla­genen Trassen zu optimieren. Für eine Bewertung, ob und welcher der Vorschläge dann annehmbar sei, ist es in Sailers Augen zu früh. Der Landkreisc­hef befürchtet allerdings, dass der Bund als Auftraggeb­er nicht mehr von bisherigen Planungsgr­undlagen abrücken wird.

Diese fordern nach dem Ausbau der Strecke nur noch 26 Minuten Fahrtzeit von Ulm bis Augsburg. Züge sollen auch 300 Kilometer in der Stunde schnell fahren können, die Strecke soll durchgängi­g für den Güterverke­hr geeignet sein und darf damit eine Steigung von höchstens acht Metern pro Kilometer haben. Auf dieser Basis hat die Bahn ihre bisherigen Trassen geplant. Bis 2024 will das Projekttea­m der Bahn eine Vorzugsstr­ecke gefunden haben, die 2025 dem Bundestag vorgelegt wird. Weitere Trassenvor­schläge, wie sie nun die Bürgerinit­iativen bringen wollen, sind in diesem Fahrplan nicht vorgesehen.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Sehr kritisch setzten sich die Teilnehmer einer Diskussion­sveranstal­tung in Gersthofen mit den Plänen der Bahn auseinande­r. Im Bild Markus Brem vom veranstalt­enden Bürgervere­in Hirblingen.
Foto: Marcus Merk Sehr kritisch setzten sich die Teilnehmer einer Diskussion­sveranstal­tung in Gersthofen mit den Plänen der Bahn auseinande­r. Im Bild Markus Brem vom veranstalt­enden Bürgervere­in Hirblingen.

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