Bürgerinitiativen verstärken Widerstand gegen ICE-Trasse
An diesem Wochenende gehen die BIs mit eigenen Vorschlägen für den Bahnausbau zwischen Ulm und Augsburg an die Öffentlichkeit. Beeinflusst das den Fahrplan für das Milliardenprojekt?
Landkreis Günzburg Bei einer Demonstration gegen die bisherigen Pläne der Bahn für die ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg wollen die Bürgerinitiativen entlang der Strecke nun eigene Vorschläge für das Milliardenprojekt präsentieren. Die Veranstaltung findet am Samstag, 1. Oktober, zwischen 17 und 21 Uhr im Burgauer Stadtteil Großanhausen statt. Schon in ihrem Vorfeld haben die Bürgerinitiativen den Druck auf die Bahn erhöht.
Man erwarte, dass das Projektteam der Bahn die Vorschläge der Initiativen ernst nehme und sorgfältig prüfe, sagte Jürgen Zimmermann, Vorsitzender der Dachorganisation (Bischt) der Initiativen, am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung in Gersthofen. In der dortigen Stadthalle setzten sich vor knapp 200 Besucherinnen und Besuchern Experten, Vertreter der Bürgerinitiativen und der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) kritisch mit den Planungen der Bahn auseinander.
Diese seien schlichtweg in dieser Größe nicht nötig, sagte der Nahverkehrsspezialist Jürgen König. Die Bahn plane eine „Milliarden-Investition für wenig Zusatznutzen“. König plädierte für einen deutlich bescheideneren Ausbau der Bestandsstrecke auf zum Teil nur drei Gleise und erklärte das Ziel, eine Fahrtzeit von nur 26 Minuten zwischen Ulm und München, mit Blick auf die Anschlüsse zu anderen Zügen für überflüssig: „Mit einer etwas längeren Fahrtzeit erreicht man bessere Ergebnisse.“Königs Forderung: Die Politik in Berlin müsse die Vorgaben für die Bahn ändern, dann seien andere Planungen möglich.
Der frühere Chef der Verkehrsverbünde von Augsburg und später München berief sich bei seinen Aussagen auf Gutachten im Auftrag des Verkehrsministeriums sowie die Vorgaben des Deutschlandtakts. Dieser hat das Ziel, dass nach dem Vorbild der Schweiz in ganz Deutschland die Züge so aufeinander abgestimmt fahren, dass es beim Umsteigen keine langen Wartezeiten gibt.
Zu den Mitinitiatoren dieses Deutschlandtakts gehört der Eisenbahnspezialist Andreas Schulz. Er sagte, dass der Deutschlandtakt auch bei einer Fahrtzeit von 41 Minuten zwischen Ulm und Augsburg funktionieren würde – was die Bahn anders darstellt – und zog die Notwendigkeit einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Zweifel: „Wenn man viel Geld übrig hat, kann man das machen.“In den Augen von Schulz gibt es in Deutschland wesentlich dringendere Bahnprojekte als Ulm–Augsburg.
Als „nicht mehr zeitgemäß“bezeichnete Markus Brem vom Bürgerverein Hirblingen, der die Veranstaltung organisiert hatte, die Pläne der Bahn., Diese verbrauchten zu viel Fläche und Natur für ein paar Minuten Fahrtzeitgewinn, die im Grunde den meisten Kunden egal seien. Ähnlich äußerte sich Bischt-Voristzender Zimmermann. Die Bahn müsse umdenken, Ausbau statt Neubau und mehr Konzentration auf den Nahverkehr laute die Devise.
Verbesserungen für den Nahverkehr hat auch der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) im Sinn. Der Ausbau der Bahnlinie müsse für die Region den 15-Minuten-Takt im Nahverkehr, barrierefreie Bahnhöfe und Lärmschutz an der bestehenden Strecke bringen, sagte Sailer. „Das ist nicht verhandelbar.“Sailer beschwor die Vertreter der Bürgerinitiativen und Kommunen an der Strecke, auch in Zukunft zusammenzustehen.
Geschlossenheit habe in den Verhandlungen mit der Bahn schon erste Erfolge gebracht. Jetzt gehe es darum, die vier vorgeschlagenen Trassen zu optimieren. Für eine Bewertung, ob und welcher der Vorschläge dann annehmbar sei, ist es in Sailers Augen zu früh. Der Landkreischef befürchtet allerdings, dass der Bund als Auftraggeber nicht mehr von bisherigen Planungsgrundlagen abrücken wird.
Diese fordern nach dem Ausbau der Strecke nur noch 26 Minuten Fahrtzeit von Ulm bis Augsburg. Züge sollen auch 300 Kilometer in der Stunde schnell fahren können, die Strecke soll durchgängig für den Güterverkehr geeignet sein und darf damit eine Steigung von höchstens acht Metern pro Kilometer haben. Auf dieser Basis hat die Bahn ihre bisherigen Trassen geplant. Bis 2024 will das Projektteam der Bahn eine Vorzugsstrecke gefunden haben, die 2025 dem Bundestag vorgelegt wird. Weitere Trassenvorschläge, wie sie nun die Bürgerinitiativen bringen wollen, sind in diesem Fahrplan nicht vorgesehen.