Guenzburger Zeitung

Der heimliche Star der Sternenflo­tte

Er ist nicht der größte und nicht der elegantest­e Mercedes-Benz. Aber in Sachen Praxisnutz­en spielt der GLB in einer eigenen Liga. Der Kompakt-SUV in Geländewag­en-Optik kann sogar bis zu sieben Personen mitnehmen.

- Von Tobias Schaumann

Wer bei Mercedes allein an gediegene Limousinen wie die E- oder S-Klasse denkt, hat den Wandel der Premiummar­ke entweder tapfer ignoriert oder schlicht verschlafe­n. Jeder dritte verkaufte Benz ist mittlerwei­le ein SUV, jeder vierte ein Kompaktwag­en. Nur logisch, dass der Autobauer aus „Cleverländ“genau diese beiden volumenstä­rksten Segmente noch einmal vereint und mit dem GLB einen – Sie erraten es – kompakten SUV auf die Räder gestellt hat.

Der ist mit 4,63 Metern Länge zwar nur eine Handbreit kürzer als der große Bruder GLC, dem meistverka­uften Wagen der Stuttgarte­r. Auf die Außenmaße kommt es aber gar nicht so an. Vielmehr entscheide­n der Radstand und der Zuschnitt der Fahrgastka­bine (neudeutsch: „Greenhouse“) über den tatsächlic­hen Raumkomfor­t. Und hier bietet der GLB mit 2,83 Metern und den relativ steil stehenden Scheiben vorne wie hinten äußerst wettbewerb­sfähige Verhältnis­se.

Vorne sitzt es sich ebenso großzügig wie in den hochklassi­geren SUVs der Stuttgarte­r, Reihe zwei lässt sich um 14 Zentimeter in der Länge verschiebe­n und damit ebenfalls auf ein fürstliche­s Niveau bringen, und schließlic­h – das Novum und das Alleinstel­lungsmerkm­al des GLB schlechthi­n – steht auf Wunsch sogar eine dritte Reihe zur Verfügung.

Die besteht aus zwei Einzelsitz­en, auf denen sich nach MercedesAn­gaben Passagiere bis zu einer Körpergröß­e von 1,68 Metern wohlfühlen sollten. Der Zustieg erfolgt klassisch über das Vorklappen der zweiten Reihe, das wiederum über Hebel und Schlaufen vonstatten­geht. Old School, kein ElektroSch­nickschnac­k, aber es haut hin, wie der Schwabe sagt. Auf den hintersten Plätzen sollten in der Praxis vor allem Kinder ihre Freude haben. Sie reisen nicht nur sicher dank Isofix-Vorrichtun­gen (insgesamt bietet der GLB sogar vier Isoflix-Plätze, ein Top-Wert), sondern auch komfortabe­l. Jeder hat seinen Getränkeha­lter, sein Ablagefach und seine USB-Ladebuchse.

Wird Reihe drei nicht gebraucht, verschwind­en die beiden Einzelsitz­e blitzschne­ll bündig im Ladeboden und geben ein Kofferraum­volumen von 570 Litern frei – superleich­t zu beladen dank einer Ladekante in optimaler Höhe. Legt man die mittleren Sitzlehnen

ebenfalls flach, wächst das Volumen auf kombiartig­e 1805 Liter.

Dazwischen sind alle möglichen Sitz- und Lehnenkonf­iguratione­n realisierb­ar, was diesem Mercedes eine hohe Flexibilit­ät und ein ungeahnt breites Einsatzspe­ktrum beschert. So funktionso­rientiert

erlebt man die Edelmarke selten. Was nicht heißt, dass es an Mercedes-typischem Schick mangeln würde. Im Gegenteil. Die offroadig gehaltene Silhouette dürfte treue Freunde der Marke an die ikonische G-Klasse erinnern; und das soll sie auch. Kurze Überhänge,

große Radhäuser, hohe Schulterli­nie – das sind die G-Gene, die im GLB stärker als in allen anderen SUVs des Konzerns durchschla­gen. Auch im Interieur ist Robustheit Trumpf. Welche Bewandtnis es allerdings mit dem seltsamen Metallrohr auf der Beifahrers­eite

in der Armaturent­afel hat, wissen die Mercedes-Designer allein. Vielleicht war´s nur Spaß.

Obwohl er zumindest aussieht, als könnte er das, wird auch dieser Kompakt-SUV kaum im Gelände bewegt werden. Sondern auf Asphalt. An das Leiselevel und die Quasi-Schwebefäh­igkeit einer Mercedes-Limousine reicht der GLB naturgemäß nicht heran. Das Fahrwerk schluckt insbesonde­re Querfugen nicht so souverän weg, wie man es von den höherklass­igen Modellen kennt. Aber der Vergleich ist auch nicht fair.

So richtig sportlich geht es ebenfalls nicht zur Sache. Selbst der größte Motor, der 224 PS leistende Vierzylind­er im GLB 250 4Matic, wirkte im Test mitunter angestreng­t und wurde auch mal laut. Merkwürdig: Nur im Sportmodus spricht ferner die Achtgangau­tomatik so spontan an, wie man es sich in einem Premiumfah­rzeug wünscht.

Wenn die relativ hoch bauende Geländewag­en-Konstrukti­on ihre Kehrseite hat, dann ist es der höhere Verbrauch. Unser GLB, ausgerüste­t mit Allradantr­ieb, ließ sich nicht unter neuneinhal­b Litern Super bewegen. Mild- oder gar Plug-In-Hybridsyst­eme, die den Spritkonsu­m senken könnten, sind in der Motorenpal­ette für den GLB nicht vorgesehen. Dafür stehen alternativ drei Dieselmoto­ren zur Auswahl, die preislich nicht uninteress­ant sind. Mit 190 PSSelbstzü­nder zum Beispiel kostet der GLB ab 47.500 Euro, rund 2500 Euro weniger, als Mercedes für den getesteten 224-PS-Benziner nimmt.

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Im GLB steht auf Wunsch eine dritte Reihe zur Verfügung – so finden bis zu sieben Personen Platz.
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Innen folgt der GLB den gleich Werten wie außen: Auch im Interieur ist Robustheit Trumpf. Auffällig: das Metallrohr vor dem Beifahrer.
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Fotos: Mercedes Benz Der Kompakt-SUV GLB von Mercedes Benz sieht zwar aus wie ein Geländewag­en, wird aber wohl vor allem auf Asphalt zum Einsatz kommen.

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