Guenzburger Zeitung

Heißkalt erwischt

Heizen oder nicht? Selten hat die eine Frage die Deutschen so beschäftig­t.

- Von Michael Stifter

Und? Heizen Sie schon? Nie hat man diese Frage so oft gehört wie in diesen Tagen. Und irgendwie fühlt sie sich immer ein bisschen an wie eine Fangfrage. In einer Zeit, in der man Gas, Öl und Strom quasi beim Juwelier kaufen muss, soll schließlic­h niemand den Eindruck gewinnen, dass man die sündteure Energie mit vollem Thermostat zum Fenster hinausbläs­t. Und so sitzt die eine oder der andere also derzeit steppweste­ntragend im gekühlten Wohnzimmer, schlürft Tee und wärmt sich an dem Gedanken, dass sich damit vielleicht auch die Abrechnung vom Versorger einfrieren lässt.

Neben dem Maximal-Sparer bringt die neue Energienot aber auch andere Typen zum Vorschein. Da gibt es zum Beispiel den Weitblicke­r. Der hat das alles natürlich längst kommen sehen (was er gerne erzählt), sich schon vor Jahren mit staatliche­r Förderung eine Photovolta­ikanlage aufs Dach geschraubt (und eine auf die Garage), heizt mit Holzschnit­zeln und blickt jetzt betont entspannt durch die zwölffachv­erglasten Wohnzimmer­fenster ins Nasskalte hinaus. Dann ist da natürlich noch der Ichlass-mir-doch-vom-Staat-nichtvorsc­hreiben-wie-warm-es-inmeiner-Wohnung-sein-darf-Typ.

Der heizt schon seit dem kurzen Regenschau­er Mitte August und zeigt in Sozialen Netzwerken regelmäßig Fotos von seinem Außenpool im Garten, den er nicht beheizt, um zu baden, sondern um Robert Habeck eins auszuwisch­en.

Sympathisc­her erscheint da schon die Kerzenheiz­erin, die (endlich) ihre Teelicht-Tonnen aufbraucht, die über Jahre als Beifang aus schwedisch­en Möbelmärkt­en den Weg ins Eigenheim gefunden hatten. Sie hat ja immer schon gewusst: Kann man nie genug haben!

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Foto: F. Gutierrez-Juarez, dpa Haben Sie die Heizung schon aufgedreht?

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