Warum Jugendliche sofort eine Ausbildung beginnen könnten
Immer noch gibt es viele freie Lehrstellen. Zugleich suchen nicht wenige nach wie vor eine Stelle. Warum es Unterstützung braucht, damit Unternehmer und Bewerber zueinanderfinden.
Augsburg Der junge Mann hat die Hände auf seiner grauen Bewerbungsmappe abgelegt. Mit offenem Blick schaut er in die Runde. „Das war einfach nichts für mich“, sagt er. Gerade hat er von einem Aushilfsjob in einem Fitnessstudio erzählt. Dort wolle er keine Ausbildung machen. Nun sucht er eine Lehrstelle als Kaufmann für Büromanagement. Sein Lebenslauf: seit 2017 in Deutschland, spricht mehrere Sprachen fließend, Mittlere Reife mit guten Noten. Die Eckpunkte für seine Zukunft.
Ihm gegenüber sitzen Beraterinnen und Berater von der schwäbischen Handwerkskammer (HWK), der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Bundesagentur für Arbeit. Sie wollen ihm helfen, noch einen Ausbildungsplatz für dieses Jahr zu bekommen. Über 50 Jugendliche sind an diesem Tag bei der Nachvermittlungsaktion in den Räumen der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Augsburg. Sie alle sind noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ihre Chancen stehen gut.
In Bayern waren nach Angaben der Agentur für Arbeit Ende August noch über 38.000 Lehrstellen unbesetzt. Das entspricht einem Anstieg von etwa 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig ging die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber um etwa 1,6 Prozent zurück. Der Bedarf ist also groß und nicht auf eine einzelne Branche beschränkt. Gleichzeitig suchten Ende August noch 8272 Menschen nach einem Ausbildungsplatz. Wieso finden Betriebe und Jugendliche nur schwer zusammen?
Das habe ganz verschiedene Gründe, erklärt Wolfgang Schiessler, Teamleiter im Bereich Berufsberatung bei der Bundesagentur für Arbeit in Augsburg. „Viele Jugendliche wissen gar nicht, was für Ausbildungsberufe es überhaupt gibt“, sagt er. Deswegen sei es wichtig, ihnen auch unbekanntere Berufe näherzubringen und mögliche Alternativen aufzuzeigen. Außerdem müssen Beruf und Bewerber auch zueinanderpassen. „Wenn zum Beispiel jemand Kfz-Mechatroniker werden möchte, sollte er auch handwerklich geschickt sein“, sagt Schiessler. Außerdem spielten auch Noten und das persönliche Auftreten der Bewerber nach wie vor eine große Rolle. Für viele Unternehmen bedeutet das: Es gibt weniger Bewerber und noch einmal weniger Bewerber, die geeignet sind.
Genau dafür seien Veranstaltungen wie die Nachvermittlungsaktion wichtig, sagt er. „Im letzten Jahr konnten wir jedem Interessenten bei der Vermittlungsaktion ein Angebot machen“, sagt Schiessler. Heuer scheint es nicht anders zu sein. Eine Schülerin kommt nach der Beratung mit mehreren Zetteln aus dem Raum. Dort stehen die Kontaktdaten von Firmen, die noch Azubis suchen. „Ich wusste vorher nicht so richtig, wie ich mit der Suche beginnen sollte“, erzählt sie. Bisher hat sie noch keinen Ausbildungsplatz.
Die Beratung habe sie motiviert, das Thema nun zügig anzugehen. Noch für dieses Ausbildungsjahr könnte es mit einem Vertrag klappen.
Berufsberaterin Maria Schindler erlebt in den Gesprächen viele engagierte Jugendliche. Viele wüssten schon, in welchem Bereich sie einmal arbeiten möchten. Sie und ihre Kollegen helfen den jungen Menschen mit konkreten Schritten dabei, eine Ausbildungsstelle zu finden.
Schindler hat auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich manch einer auch erst auf den letzten Drücker auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz macht. „Das ist ein bisschen wie mit Weihnachten: Das Ende der Schulzeit kommt jedes Jahr so plötzlich“, sagt sie schmunzelnd. Dann präzisiert Schindler: Plötzlich sprächen etwa die Freunde von ihren Plänen und ihren Ausbildungsplätzen.
Erst dann fiele bei manchen erst der Groschen, dass sie sich jetzt um ihre Zukunft kümmern müssten.