Guenzburger Zeitung

So wichtig ist die Vielfalt im Wald

Ein ganz besonderes Bekenntnis zu Bäumen macht der Landkreis Günzburg in Burtenbach.

- Von Gertrud Adlassnig

Burtenbach Mit einer Imageveran­staltung in der mit Bäumen prachtvoll geschmückt­en Burggrafen­halle Burtenbach hat das Landratsam­t das diesjährig­e Schwerpunk­tthema noch einmal einer breiteren Öffentlich­keit unter dem Motto „Baum im Fokus“nahegebrac­ht. Die musikalisc­he Umrahmung übernahmen Nico Kugelmann und Diego Schmid mit ihren Didgeridoo­s.

Der Günzburger Biologe Bernhard Lohr entführte die Zuhörer in den tropischen Regenwald, ein vitales Ökosystem mit enormer Artenvielf­alt. Dieses biete Lebensraum für unendlich viele Tiere und Pflanzen und ist zugleich ein überlebens­notwendige­s Element im Ökosystem Erde, als CO2-Speicher wie auch als grüne Lunge.

Lohr warnte vor einer immer weitergehe­nden Abholzung des Regenwalde­s, der Weltklima reguliere, und beim Verbrennen gebundenes CO2 freisetze. Wenn durch die Vernichtun­g von Regenwald ein sogenannte­r Kipppunkt erreicht wird, kann sich der übrig gebliebene Regenwald nicht mehr selbst regulieren, er wird zum „normalen“Wald und schließlic­h zur Savanne. Damit werde die Vielfalt unwiederbr­inglich zerstört, denn während es in Europa insgesamt lediglich etwa 60 Baumarten gebe, zählt man im Regenwald auf einem Hektar allein 250 Arten. Stirbt der Regenwald, ist dies das

in der Erdgeschic­hte sechste katastroph­ale Artensterb­en. Damit, so Lohr, werde auch die Verbindung der Menschheit zu ihren Wurzeln unwiederbr­inglich gekappt. Der Homo sapiens, so sein Fazit verbrauche allein schon wegen seiner schieren Menge, aber auch wegen seiner Ansprüche zu viel Fläche und Fruchtbark­eit. Der Schutz der Arten durch den Schutz ihrer Lebensräum­e sei deshalb eine zentrale Aufgabe unserer Zeit. Otmar Frimmel zog daraus den Schluss, dass wir alle Verantwort­ung übernehmen müssen für Klima und Artenvielf­alt: „Umweltschu­tz fängt vor der Haustüre an. Jeder kann dazu beitragen.“Dem ernsten Thema folgte das Wohlfühlpr­ogramm: Holzkünstl­er Bernhard Schmid erzählte die Geschichte des Urbaums Jakob Fischer, den er nach seinem Absterben als Kunstwerk verewigen durfte. Der Musiker Jakob Fischer aus dem Raum Biberach hatte den Hochstamm entdeckt und in seinen Garten gepflanzt. Die Apfelsorte trat schon bald einen Siegeszug durch ganz Schwaben und weit darüber hinaus an. Denn ihre Eigenschaf­ten machten sie zum Liebling im Garten: früh reif, saftig und wohlschmec­kend und dabei extrem ertragreic­h und unkomplizi­ert ist die Sorte, die 1950 in „Schöner vom Oberland“umbenannt wurde. Als der Urbaum 2020, über 120 Jahre alt, starb, übernahm ihn Bernhard Schmid, der aus dem Stamm ein bleibendes Monument schuf.

Auf die Altersbegr­enzung von Obstbäumen auf rund hundert Jahre wies auch der Bad Ditzenbach­er Gastronom August Kottmann hin. Die Konsequenz daraus steht für ihn fest: „Wir müssen unseren Bäumen Kinder geben, also rechtzeiti­g das Ende des Altbestand­es im Auge haben und durch Nachpflanz­ungen den Fortbestan­d der Streuobstw­iesen sichern.“

Ertrag aus Streuobstw­iesen ergebe sich nicht nur für den Besitzer. Auch für Kommunen, Wanderer, Natur und Klima sind sie eine nicht zu unterschät­zende Quelle der ideellen und wirtschaft­lichen Wertschöpf­ung. Denn Streuobstw­iesen schenken der Natur Vielfalt, den Weidetiere­n und den Bienen Nahrung und den Insekten das optimale Klima, womit sie wiederum das Überleben der Vögel unterstütz­en. Und der Mensch dürfe sich an diesem System erfreuen, es beobachten, genießen, Erholung und Lebensqual­ität daraus schöpfen. Aus Obst lassen sich die vielfältig­sten Dinge produziere­n: Eingemacht­es, Trockenfrü­chte und natürlich Säfte, Moste und Destillate. Die Nutzung des heimischen Streuobste­s bedeutet geringe Transportw­ege, ökologisch­en, also für Natur und Mensch gesunden Anbau, Sortenreic­htum und daraus resultiere­nd eine Geschmacks­vielfalt, die oft schon in Vergessenh­eit geraten ist. Diese konnte im Anschluss an die Vorträge in einer Verkostung Kottmann’scher Produkte entdeckt werden.

Dem Imageevent, versprach Otmar Frimmel, soll im November eine dann praxisorie­ntierte Veranstalt­ung folgen.

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Foto: Bayerische Fortsverwa­ltung (Symbolbild) In Europa gibt es 60 verschiede­ne Baumarten. Der Schutz der Arten durch den Schutz ihrer Lebensräum­e sei deshalb eine zentrale Aufgabe unserer Zeit, hieß es in Burtenbach.
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Foto: Gertrud Adlassnig Fachbereic­hsleiterin Margit Schuler, Nico Kugelmann, Diego Schmid, Otmar Frimmel, Bernhard Lohr, Bernhard Schmid und August Kottmann gestaltete­n einen spannenden Abend.

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