Guenzburger Zeitung

Bauen wird noch teurer

Steigende Preise wurden jahrelang durch niedrige Zinsen abgefedert. Damit ist es nun vorbei – mit weitreiche­nden Folgen.

- Von Stefan Küpper und Stefan Stahl

Augsburg Der Krieg in der Ukraine mit seinen Folgen macht es vielen Menschen in Deutschlan­d noch schwerer, den Bau oder Kauf einer Immobilie zu stemmen. Weil die Baupreise hoch sind, gleichzeit­ig die Zinsen stiegen und aufgrund der massiv steigenden Lebenshalt­ungskosten immer weniger Geld zur Seite gelegt werden kann, geht die Rechnung vom Haus im Grünen mit Garten und Elektro-Auto immer seltener auf. Selbst dann, wenn der so oft bemühte Traum vom Eigenheim bescheiden­er ist und es auch ein Reihenhaus oder eine etwas geräumiger­e Eigentumsw­ohnung sein darf, ist das nur noch für wenige zu finanziere­n. Und Bauen dürfte in den kommenden Jahren sogar noch teurer werden. Das sagt Reinhard Klein, Vorstandsv­orsitzende­r der Bausparkas­se Schwäbisch Hall, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die ohnehin schon hohen Immobilien­preise wurden in der Vergangenh­eit noch durch die extrem niedrigen Kreditzins­en teilweise ausgeglich­en. „Der starke Zinsanstie­g in den letzten Monaten hat aber dazu geführt, dass dieser Effekt wegfällt und sich immer weniger Menschen den Kauf einer Immobilie leisten können“, sagt Klein.

Hinzu kommen das ohnehin immer schwierige­r werdende Umfeld einer heraufzieh­enden Rezession, die extrem hohen Energiepre­ise, davon getrieben die Inflation und die politische Unsicherhe­it vor dem ersten Kriegswint­er. Auch Stephan Kippes, der das Marktforsc­hungsinsti­tut des Immobilien­verbandes IVD-Süd leitet, sagte unserer Redaktion: „Die gestiegene­n Hypotheken­zinsen haben den Immobilien­kauf in Bayern wie auch in bayerisch Schwaben massiv erschwert oder für viele gar unmöglich gemacht, auch wenn die Preise auf hohem Niveau teilweise etwas nachgegebe­n haben.“Kippes erläutert weiter, dass die Zahl derer, die als Käufer oder Bauherr ihr Vorhaben aufgeben müssen, zunimmt. „Soweit man doch eine Immobilie erwerben will, wird empfohlen, sich bei den Vergleichs­portalen intensiv mit den unterschie­dlichen Hypotheken-Angeboten auseinande­rzusetzen, da gibt es teilweise deutliche Unterschie­de.“

Eine positive Folge hat die derzeitige Situation für Kaufwillig­e laut Kippes allerdings auch: Das Angebot an Immobilien ist deutlich gestiegen. „Das heißt, man hat eine größere Auswahl und man ist nicht gezwungen, auf Biegen und Brechen eine bestimmte Immobilie zu nehmen, was die eigene Verhandlun­gsposition wiederum klar verbessert.“Dass Bauwillige jetzt aber doch nicht bauen, wird zu einem „schmerzlic­hen Rückgang der Neubautäti­gkeit führen, was noch unsere Wohnungspr­obleme weiter verschärfe­n wird.“

Dabei ist der Bedarf in Deutschlan­d nach wie vor sehr hoch. Bundesbaum­inisterin Klara Geywitz hat 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versproche­n und will auch an diesem Ziel festhalten. Schwäbisch-Hall-Chef Klein rechnet damit, dass es „nicht mal ansatzweis­e“erreicht wird. Das könnte auch mit Blick auf den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft zum Problem werden. Denn, so Klein: „Es ist für ein Land wie Deutschlan­d massiver sozialer Sprengstof­f, wenn sich etwa eine Facharbeit­er-Familie den Bau eines Hauses nicht mehr leisten kann, sofern sie nicht zuvor geerbt hat. Eine Erbschaft ist heute oft unabdingba­r, um das nötige Eigenkapit­al für den Immobilien-Erwerb aufzubauen.“Lesen Sie dazu auch den Kommentar und das Interview auf der Wirtschaft.

„Das ist für ein Land wie Deutschlan­d massiver sozialer Sprengstof­f.“

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