Guenzburger Zeitung

Deutscher in Südafrika ermordet

Auf dem Weg zum Kruger-Nationalpa­rk wurde der Urlauber erschossen. Nun will man alles tun, um die Täter zur Rechenscha­ft zu ziehen. Doch das Land hat ein Problem.

- Von Christian Putsch

Kapstadt Als die drei Männer mit Schusswaff­en auf seinen Mietwagen zuliefen, verriegelt­e der deutsche Urlauber Jörg S. die Türen und gab Gas. Doch einer der Angreifer schoss, und traf ihn im Oberkörper. Die drei Männer ließen den Verwundete­n, dessen offenbar unverletzt­e Frau und ein ebenfalls unversehrt­es befreundet­es Paar zurück. Ohne Beute flüchteten sie – und Jörg S., der nach Informatio­nen des Hessischen Rundfunks aus Osthessen stammt, starb am Montag noch am Tatort in der Nähe des weltberühm­ten KrugerNati­onalparks. Er wurde laut Polizeiang­aben 75 Jahre alt.

Südafrika hat eine der höchsten Mordraten der Welt. Sie ist zwar nicht mehr so hoch wie in den 90ern, aber in den vergangene­n Jahren gestiegen. Für das erste Quartal 2022 meldeten die Behörden einen deutlichen Anstieg um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum, als noch einige Corona-Restriktio­nen galten. Jeden

Tag werden in Südafrika statistisc­h betrachtet 68 Menschen getötet und die große Mehrheit der Morde ereignet sich außerhalb der Gegenden, die bei Besucherin­nen und Besuchern des Landes populär sind. Das betonen südafrikan­ische Tourismus-Lobbyisten regelmäßig und durchaus zu Recht. Zuletzt war im März 2020 ein deutscher Tourist ermordet worden.

Für die Tourismusb­ranche ist ein solcher Fall ein enormes Problem. Sie stellt fünf Prozent der Arbeitsplä­tze; 76.000 Menschen aus Deutschlan­d reisten dieses Jahr bereits nach Südafrika. Nur aus den USA und Großbritan­nien kamen mehr Menschen. Der Schutz von Touristen sei „immens wichtig“, betonte nun die Vermarktun­gsagentur für Tourismus in Südafrika. Man werde „damit fortfahren“, auf die Polizei entspreche­nd einzuwirke­n.

Auf der Straße „R538“, auf der viele Touristen den Nationalpa­rk erreichen und auf der der 75-Jährige getötet wurde, hatte es bereits mehrere Zwischenfä­lle gegeben. „Ich fordere die Strafverfo­lgungsbehö­rden

auf, alles zu tun, um die Täter dieses abscheulic­hen Verbrechen­s zur Rechenscha­ft zu ziehen“, sagte Tourismus-Ministerin Lindiwe Sisulu. Doch Experten bezweifeln, dass die Behörden dazu überhaupt in der Lage sind.

Der Hauptgrund für die ansteigend­e Mordrate sei das erstarkend­e organisier­te Verbrechen, erklärte Gareth Newham von der südafrikan­ischen Denkfabrik Institute for Security Studies unserer Redaktion. „Sie wenden verstärkt Gewalt an, bei Konflikten mit anderen Gruppierun­gen und auch Raubüberfä­llen wie diesem.“So habe es in vielen Provinzen einen erhebliche­n Anstieg von „Hijackings“gegeben, wie der gewaltsame Raub von Autos in Südafrika genannt wird.

Newham erkennt einen Zusammenha­ng mit der systematis­chen Korruption während der Präsidents­chaft des im Jahr 2018 zurückgetr­etenen Jacob Zuma. „Er hat fast zehn Jahre lang aktiv daran gearbeitet, die Polizei zu untergrabe­n, um massive Korruption zu ermögliche­n.“Das habe die Kapazitäte­n

der Strafverfo­lgungsbehö­rden zerstört. Es sei bislang nicht gelungen, diesen Schaden zu beheben, so Newham.

Die Ermordung des deutschen Urlaubers geschah zu Beginn der Hauptsaiso­n in Südafrika. Sie ist angesichts von Rekordarbe­itslosigke­it und schwächeln­der Wirtschaft von großer Bedeutung für das Land. Man hofft angesichts der in Südafrika vollständi­g aufgehoben­en Corona-Restriktio­nen auf eine zumindest annähernde Rückkehr zu den Besucherza­hlen von vor der Pandemie.

Doch die Tourismusb­ranche hat neben der Kriminalit­ät auch mit anderen Problemen zu kämpfen. Mehrere lokale Fluglinien sind pleite, entspreche­nd knapp und teuer sind Inlandsflü­ge. Hinzu kommt die anhaltende Krise des maroden staatliche­n Stromverso­rgers Eskom, die dazu führt, dass derzeit täglich zwischen fünf und acht Stunden der Strom abgestellt wird. Und auch die massiven Unruhen in Durban und Johannesbu­rg im Juli 2021 haben dem Ruf Südafrikas zugesetzt.

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Foto: Selvy Mohlala, SAPS Mpumalanga/dpa Das Auto des deutschen Urlaubers. Drei Bewaffnete liefen darauf zu.

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