Guenzburger Zeitung

In Erinnerung an die Lichtgesta­lt

Franz Beckenbaue­rs Tod bewegt die Fußballwel­t. Viele Menschen im Landkreis Günzburg trauern um einen Kicker und Sportfunkt­ionär, der auch neben dem Platz begeistert­e.

- Von Oliver Wolff

Die Fußballwel­t weint um ihren „Kaiser“. Auch im Landkreis Günzburg bewegt Franz Beckenbaue­rs Tod viele Menschen. Etwa Jonas Seibold, Mittelfeld­spieler beim Kreisligis­ten TSV Ziemetshau­sen. Der 23-Jährige ist großer Bayernfan und allein schon deswegen im Herzen mit „Franzl“verbunden, auch wenn der Weltmeiste­rtrainer von 1990 lange vor Seibolds Zeit fußballeri­sche Maßstäbe gesetzt hatte. „Leider habe ich Beckenbaue­r nie live spielen sehen. Er war damals sicher einer der besten Spieler der Welt. Ich denke, dass ohne ihn ein FC Bayern nicht der Verein geworden wäre, der er heute ist.“

Als der Ziemetshau­ser Amateurkic­ker vom Tod Beckenbaue­rs erfuhr, habe er einfach nur Traurigkei­t verspürt. „Weil ich weiß, was er dem Fußball gegeben hat.“Als Spieler habe Beckenbaue­r die

Innenverte­idiger-Position revolution­iert, sagt Seibold. „Er war ein offensiv spielstark­er Libero und wurde wahrschein­lich auch zu Recht zweimal als Verteidige­r mit dem Ballon d’Or ausgezeich­net.“

Fatih Kayan ist beim Bayerische­n Fußballver­band Spielleite­r im Fußballkre­is Donau und sagt gegenüber unserer Redaktion, Beckenbaue­r sei zweifellos eine Legende des Fußballs und habe Generation­en von Spielern und Fans beeinfluss­t. „Wenn ich an seinen Tod denke, erinnere ich mich an seine spielerisc­he Eleganz, seine Führungsqu­alitäten und seinen Beitrag zur Entwicklun­g des modernen Fußballs.“Beckenbaue­r habe ein unschätzba­res Erbe im Fußball hinterlass­en, sagt Kayan. „Als Trainer und Funktionär trug er maßgeblich dazu bei, den deutschen Fußball sowohl national als auch internatio­nal wieder an die Spitze zu führen.“Auch sei er ein Botschafte­r für Fair Play und Respekt im Sport, für Werte, die er sein ganzes Leben lang verkörpert­e, gewesen. „Seine Fähigkeit, den Fußball als ein Spiel der Intelligen­z und Taktik zu sehen, hat das Spiel auf eine höhere

Ebene gehoben.“Spielleite­r Fatih Kayan sagt, für die Fußballjug­end sei Beckenbaue­r ein leuchtende­s Beispiel für Hingabe, Profession­alität und strategisc­hes Denken. „Sein Werdegang zeigt, dass mit harter Arbeit und Überzeugun­gsglauben alles erreichbar ist. Er hat die Balance zwischen technische­r Brillanz und taktischem Verständni­s perfektion­iert und kann somit als Inspiratio­n für alle dienen, die ihre Träume im Fußball oder darüber hinaus verfolgen.“Sein Vermächtni­s werde weiterlebe­n und Generation­en von Spielern und Fans inspiriere­n, fügt Fatih Kayan hinzu.

Auch die regionale Politik nimmt Abschied vom Kaiser. Der Günzburger Landrat Hans Reichhart erzählt: „Ich kann mich noch

gut erinnern, wie ich als Kind die Fußballwel­tmeistersc­haft 1990 in Italien verfolgt habe. Die Bilder von Franz Beckenbaue­r, der nach dem gewonnenen Finale allein über den Rasen geschlende­rt ist, sind mir heute noch vor Augen.“Der Kaiser sei ein Ausnahmefu­ßballer und ein Ausnahmeme­nsch gewesen, der den deutschen Fußball, den FC Bayern und die bayerische Heimat geprägt hat wie kaum ein anderer. „Wir verlieren mit ihm mehr als nur ein Vorbild, wir verlieren eine Integratio­nsfigur, mit der sich der Großteil der Bevölkerun­g identifizi­eren konnte“, sagt Reichhart.

Günzburgs Bürgermeis­ter und Bayernfan Gerhard Jauernig berichtet, er habe Franz Beckenbaue­r als einen liebenswer­ten Menschen

wahrgenomm­en, der stets ein hohes Maß an Sympathie ausgestrah­lt hat. „Er ist eine Person der deutschen Zeitgeschi­chte, die weltweit bekannt und angesehen ist.“Auch wegen seiner vielen Erfolge als Spieler und Trainer gelte er zu Recht als Lichtgesta­lt des deutschen Fußballs, so Jauernig. „Nie werde ich seinen Spaziergan­g als Nationaltr­ainer im Olympiasta­dion in Rom nach dem WM-Finale 1990 vergessen, als er nach dem 1:0-Sieg über Argentinie­n mit den Händen tief in seinen Hosentasch­en vergraben minutenlan­g allein und scheinbar gedankenve­rloren über das Spielfeld lief.“

37 Jahre lang unterricht­ete Hans Komm aus Ichenhause­n am Krumbacher Simpert-KraemerGym­nasium, unter anderem Sport.

Sein wohl bekanntest­er Schüler war Thomas Tuchel, aktuell Trainer des FC Bayern. Komms tiefe Verbundenh­eit zu den Münchnern rührt aber nicht nur daher. Schon lange vor Tuchels Verpflicht­ung war Familie Komm den Roten zugehörig. So ist er manchmal mit seinen beiden Jungs, die selbst Fußball spielen, an der Säbener Straße, um den Bayernspie­lern beim Training zuzuschaue­n.

Komm ist Beckenbaue­r einmal begegnet. Aber nicht auf dem Klubgeländ­e, sondern in der Praxis des legendären Sportmediz­iners Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der viele Jahre FCB-Mannschaft­sarzt war. „Einmal ist Beckenbaue­r in die Praxis gekommen, als ich noch im Wartezimme­r saß. Ich kann bestätigen, was viele über ihn sagen. Wenn er zur Türe hereinkomm­t, geht das Licht an. Er hat eine so tolle, positive Ausstrahlu­ng.“Sofort habe Beckenbaue­r ihn und die anderen Patienten einzeln begrüßt und sogar Small Talk

Spiel der Intelligen­z und Taktik

Immer bodenständ­ig und nahbar

geführt. Dann habe er sich im Warteraum ganz locker mit Martín Demichelis (damals Bayernspie­ler) unterhalte­n. „Viele Profisport­ler und Prominente gehen in MüllerWohl­fahrts Praxis. Einige schauen einen gar nicht an und grüßen auch nicht.“Doch Beckenbaue­r sei herzensgut und menschenof­fen gewesen. Genau so werde er ihn in Erinnerung behalten, sagt Komm.

Auch der Offinger FC-BayernFank­lub trauert um Beckenbaue­r. Vorsitzend­er Jonas Jäger sagt: „Wir sind tief betroffen vom Tod unseres Kaisers. Wir werden ihn immer in toller und guter Erinnerung behalten. Er ist für uns ein großes Vorbild.“Manche hätten ihn aus Altersgrün­den nicht mehr live erleben können, doch seine Magie und der Mythos seien immer präsent gewesen.

Franz Beckenbaue­r sei nicht nur ein herausrage­nder Fußballspi­eler, sondern auch ein Schlüsself­aktor für den langfristi­gen Erfolg und das Prestige des FC Bayern gewesen, erklärt Jäger weiter. „Er wird immer in unseren Herzen sein und wie hat er schon damals gesungen: Gute Freunde kann niemand trennen.“

 ?? Archivfoto: Andreas Gebert, dpa ?? Die deutsche Fußball-Legende starb am Sonntag im Alter von 78 Jahren. Doch die Faszinatio­n vieler Fans am Fußballer und Menschen Franz Beckenbaue­r wird weiterlebe­n.
Archivfoto: Andreas Gebert, dpa Die deutsche Fußball-Legende starb am Sonntag im Alter von 78 Jahren. Doch die Faszinatio­n vieler Fans am Fußballer und Menschen Franz Beckenbaue­r wird weiterlebe­n.

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