Hochsicherheitslabor: Hier in Ulm werden gefährliche Viren erforscht
Auf dem Campus der Uni Ulm wurde am Donnerstag ein Labor der zweithöchsten Schutzstufe 3 (S3-Labor) eröffnet. Wie die Viren in Labor gehalten werden sollen.
Für die experimentelle Untersuchung von gefährlichen, luftübertragbaren Krankheitserregern gab es an der Universität Ulm bislang nur ein einziges Labor der Schutzstufe 3. Das neue S3-Labor, das am Donnerstag feierlich eröffnet wurde, ist speziell für die Arbeit mit tödlichen Krankheitserregern konzipiert. Aufgrund der aufwendigen Schutzmaßnahmen weisen nur wenige Labore deutschlandweit die Sicherheitsstufe 3 auf.
Die Gesamtbaukosten inklusive Erstausstattung betragen nach Angaben der Uni Ulm rund 8,4 Millionen Euro. Neben der Entwicklung antiviraler Medikamente wollen die Forschenden dort auch die Frage beantworten, wie sich SARS-CoV-2 („Corona“) an die menschliche Immunabwehr anpasst.
„Die virologische Forschung an der Uni Ulm gehört seit vielen Jahren zu den stärksten national und international und trägt stark zu unserer Exzellenz bei“, betonte der Präsident der Universität Ulm, Professor Michael Weber, auf der Übergabefeier am Donnerstag. „Um auf diesem Niveau arbeiten zu können, ist ein modernes S3-Labor essenziell.“
Das geschlossene System ist mit zahlreichen Schutzmaßnahmen ausgestattet, um sicherzustellen, dass keine infektiösen Viren oder andere Erreger in die Umgebung gelangen. Dazu gehören ein Unterdrucksystem, eine Schleuse, ein Hochleistungs-Schwebstofffilter und ein Autoklav zur Sterilisation. Ein „ausgeklügeltes Schließsystem“soll ermöglichen, dass nur autorisierte Personen zutritt zum frei stehenden Gebäude haben.
Mitarbeitende müssen geschult sowie zertifiziert sein und Schutzkleidung tragen. Bevor das Gebäude in Betrieb genommen werden kann, sind verschiedene behördliche Genehmigungen notwendig. Es wird angenommen, dass der Laborbetrieb frühestens im zweiten Quartal 2024 starten kann.
Das Labor ist in Containerbauweise errichtet und ist ziemlich klein: Die Laborfläche beträgt nur rund 80 Quadratmeter mit acht Arbeitsplätzen, die auf zwölf Plätze erweiterbar sind. Zunächst werden nach Angaben der Uni Ulm Forschende des Instituts für Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Ulm unter der Co-Leitung der Professoren Frank Kirchhoff und Jan Münch sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Virologie unter der Leitung von Professor Thomas
Stamminger dieses Speziallabor nutzen.
Hauptziele der Forschungsarbeit im neuen Labor sind laut einer Broschüre, die am Donnerstag bei der Eröffnung verteilt wurde, ein besseres Verständnis von Viren und deren effektive Bekämpfung. Zusätzlich zu SARS-CoV2 werden auch andere Erreger, wie Influenza und Hi-Viren, die Erreger von Grippe und AIDS, genauer untersucht. Neben der Frage, was es manchen Viren ermöglicht, erfolgreich von Tieren auf den Menschen übertragen zu werden, soll auch geklärt werden, wie sich SARSCoV2 und HIV-1 aktuell an den
Menschen anpassen und weiche Immunmechanismen diese Erreger erfolgreich abwehren können.
Das neue S3-Labor soll es den Forschenden der Uni Ulm ermöglichen, schneller und effektiver auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu reagieren. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Übertragung und Ausbreitung von Viren sollen auch dazu dienen, neuartige, breit wirkende antivirale Medikamente zu entwickeln. Virale Erreger stellen eine konstante Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. In Verbindung mit globaler Mobilität sorgt das Bevölkerungswachstum für ideale Bedingungen für deren rasche Ausbreitung. Mit dem neuen Ulmer S3-Labor seien die Forschenden jetzt gut auf diese Herausforderungen vorbereitet.
Eine noch höhere Sicherheitsstufe haben nur S4-Labore. Davon gibt es in Deutschland kaum eine Handvoll. Hier dürfen auch megagefährliche Krankheitserreger wie Ebola-, Marburg-, Lassa- oder Nipahviren untersucht werden. (AZ/ heo)