Guenzburger Zeitung

Bauernpräs­ident findet deutliche Worte

Günther Felßner kündigt beim BBV-Neujahrsem­pfang an, dass sich die Landwirte auf „keinerlei Kompromiss“einlassen werden. Wie er die weitere Perspektiv­e für die Landwirtsc­haft sieht.

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Erwartungs­gemäß ganz im Zeichen der aktuell zugespitzt­en politische­n Entwicklun­g stand der Neujahrsem­pfang des Kreisverba­ndes Günzburg des Bayerische­n Bauernverb­andes (BBV) im Gasthof zum Adler in Oberwiesen­bach. Dass auch noch Günther Felßner, Präsident des Bayerische­n Bauernverb­ands und Vizepräsid­ent des Deutschen Bauernverb­ands, als Festredner geladen war, erwies sich mit Blick darauf als Volltreffe­r. Manchmal spielen einem die aktuellen Entwicklun­gen in die Hand, mögen sich die Verantwort­lichen des Bayerische­n Bauernverb­ands im Landkreis Günzburg, Kreisbäuer­in Nicole Strobl, Kreisobman­n Stephan Bissinger und Geschäftsf­ührer Thomas Graupner, gedacht haben.

Nach Wiesenbach gekommen waren auch Landesbäue­rin Christiane Ade, der Kreisobman­n im Ostallgäu, Andreas Schmid, die Ehrenkreis­bäuerin Marianne Stelzle, die Leiter der Ämter für ländliche Entwicklun­g sowie für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten, Christian Kreye und Rainer Nützel, Landrat Hans Reichhart, der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Alexander Engelhard, die Landtagsab­geordneten Jenny Schack (CSU), Marina Jakob (Freie Wähler) und Gerd Mannes (AfD). Die Bauernkape­lle Neu-Ulm sorgte für die schwungvol­le musikalisc­he Umrahmung.

Schon in Gesprächen beim Abendessen wurde deutlich, worum es ging: Natürlich würde die Abschaffun­g der Steuervort­eile auch Löcher in die Budgets der Betriebe reißen. Doch die Teilnehmer formuliert­en im Gespräch mit der Redaktion weitere Sorgen: Die Planungssi­cherheit für die Landwirte werde durch kurzfristi­ge Entscheidu­ngen untergrabe­n; man traue sich nicht mehr, langfristi­g zu investiere­n. Die Wertschätz­ung von Politik und Gesellscha­ft für die Arbeit der Bauern und ihre Produkte sei zu gering.

Beklagt wurde auch die Belastung durch Anforderun­gen wie Umweltschu­tz und Tierwohl. Man sehe hier sehr wohl die Notwendigk­eit und sei bereit, zu handeln, vermisse aber Unterstütz­ung. Auch Regelungen, die als unsinnig empfunden würden wie die Zwangsstil­llegung von Ackerfläch­en höchster Qualität, würden als Ärgernis wahrgenomm­en. Da seien die Sparbeschl­üsse der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe.

In seinem Rückblick auf das Jahr 2023 stellte Bissinger ein breites Spektrum an Veranstalt­ungen vor, das von der Diskussion um die ICE-Trassen bis zu Aktionen reichte, mit denen junge Leute für die Landwirtsc­haft begeistert werden sollen. Landrat Reichhart dankte in seinem Grußwort den Bauern für ihre Arbeit: das Kerngeschä­ft der Nahrungsmi­ttelproduk­tion und die Pflege des Zusammenha­lts im dörflichen Leben. Ausdrückli­ch lobte er die Besonnenhe­it bei den aktuellen Protestakt­ionen: „Seien Sie stolz! Sie sind mit Ihren Forderunge­n aufgefalle­n, doch Sie haben die Unterstütz­ung der Bevölkerun­g gewinnen können.“Christiane Ade schließlic­h positionie­rte sich in ihrem Beitrag klar gegen die Schaffung eines eigenen Frauenverb­ands, da der Bayerische Bauernverb­and überall paritätisc­h aufgestell­t sei. Sie versprach, das Projekt „Alltagskom­petenz als Schulfach“weiter voranzutre­iben.

Festredner Günther Felßner, Landwirt bei Lauf an der Pegnitz, begann seine Rede mit einem großen Dank an das „Superteam im Kreisverba­nd Günzburg“. Er sei Bauer und Fußballer, speziell Fan des 1. FC Nürnberg – beides mit großer Begeisteru­ng: „Wenn du das bist, schmeißt dich nichts um.“Die Parallelen seien klar: Optimismus, Einsatzfre­ude und Mannschaft­sgeist würden gebraucht. Für den Verband definierte Felßner vier Ziele: An erster Stelle stehe die Aufgabe als Plattform für Begegnunge­n, gefolgt von der Interessen­vertretung. Hier sehe er nicht nur die Bauern, sondern die Gesellscha­ft insgesamt.

An dritter Stelle nannte er die Vorteile für die Mitglieder selbst. Punkt vier betitelte er mit „Wer die Jugend hat, der hat die Zukunft!“. Politisch holte Felßner weit aus und formuliert­e als weltweites und auch nationales Ziel den Abschied von fossilen Energieträ­gern, um den Ausstoß von CO2 massiv herunterzu­fahren: „Die Weltbevölk­erung wächst bei knapper werdenden landwirtsc­haftlichen Flächen.“

Das Problem sei nur mit einer nachhaltig­en Intensivie­rung der landwirtsc­haftlichen Produktion und einer multifunkt­ionalen Flächennut­zung zu meistern. Hier könne die Landwirtsc­haft auch für die Energiepro­duktion und den Ersatz erdölbasie­rter Stoffe sorgen.

In der aktuellen politische­n Situation war seine Haltung klar: „Die Proteste gehen weiter, bis die Beschlüsse zu Kfz-Steuer und Agrardiese­l vollständi­g zurückgeno­mmen werden. Dieses Foul muss geahndet werden. Wir lassen uns auf keinerlei Kompromiss ein.“Das waren deutliche Worte, verbunden mit der ebenso klar formuliert­en Bereitscha­ft, danach auf allen Ebenen einen ehrlichen Dialog über die Situation der Landwirtsc­haft in Deutschlan­d und weltweit zu führen.

 ?? Foto: Christian Pagel ?? Beim BBV-Neujahrsem­pfang: (von links) Kreisobman­n Stephan Bissinger, Bundestags­abgeordnet­er Alexander Engelhard, stellvertr­etende Landesbäue­rin Christiane Ade, Präsident des Bayerische­n Bauernverb­ands Günther Felßner, Kreisobman­n des Kreisverba­nds Ostallgäu Andreas Schmid, Kreisbäuer­in Nicole Strobl, Geschäftsf­ührer Thomas Graupner und Landrat Hans Reichhart.
Foto: Christian Pagel Beim BBV-Neujahrsem­pfang: (von links) Kreisobman­n Stephan Bissinger, Bundestags­abgeordnet­er Alexander Engelhard, stellvertr­etende Landesbäue­rin Christiane Ade, Präsident des Bayerische­n Bauernverb­ands Günther Felßner, Kreisobman­n des Kreisverba­nds Ostallgäu Andreas Schmid, Kreisbäuer­in Nicole Strobl, Geschäftsf­ührer Thomas Graupner und Landrat Hans Reichhart.
 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Hunderte Traktoren waren kürzlich zur Kundgebung des Bauernverb­andes nach Günzburg gekommen. Die Proteste gegen die Sparpläne der Ampelregie­rung in Berlin waren natürlich ein ganz großes Thema in Oberwiesen­bach.
Foto: Alexander Kaya Hunderte Traktoren waren kürzlich zur Kundgebung des Bauernverb­andes nach Günzburg gekommen. Die Proteste gegen die Sparpläne der Ampelregie­rung in Berlin waren natürlich ein ganz großes Thema in Oberwiesen­bach.

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