Nach Schlag mit einem Glas ins Gesicht: Krumbacher mit Narbe gezeichnet
Zwei Männer aus dem Kreis Neu-Ulm sollen einen Mann in der Bar 23 in Krumbach angegriffen haben. Nun treffen sie sich vor Gericht – mit unterschiedlichen Geschichten.
Krumbach/Günzburg Er sei psychisch am Ende gewesen, seine Frau im achten Monat schwanger, und er habe nun eine hässliche Narbe im Gesicht. Das schildert ein 32-Jähriger aus Krumbach, der an diesem Tag als Zeuge und Nebenkläger im Amtsgericht Günzburg geladen ist. Am 27. November 2022 war es in der Bar 23 in seinem Heimatort zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Nach einem Schlag ins Gesicht mit einem Glas muss der Vater mit einer sieben bis acht Zentimeter langen Narbe im Gesicht leben. Die kleineren Wunden über seinem Auge sind verheilt. Doch der Abend hätte auch ein schlimmeres Ende nehmen können. Ein Video zeichnete die letzten Minuten der Schlägerei auf. Die Kontrahenten müssen sich vor dem Amtsgericht Günzburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gemeinschaftliche, gefährliche Körperverletzung vor. Was war geschehen? Darüber sind sich beide Seiten nicht einig.
Die beiden 35-jährigen Angeklagten aus Weißenhorn halten an ihrer Version fest. Beide schildern Richter Martin Kramer, dass sie etwa zehn Minuten vor dem Vorfall in der Bar angekommen waren und sich jeweils einen Jacky Cola bestellt hatten. Beide hätten ihre Gläser mit auf die Herrentoilette genommen. Das Opfer sei nach ihnen in die Toilette gekommen und hätte ihnen Drogen angeboten. Einer der Angeklagten hätte daraufhin laut eigener Schilderung gesagt: „Das kannst du deiner Mutter geben“, woraufhin sein Kumpel gelacht hätte. Beide erzählen weiter, dass sich der Mann aus Krumbach provoziert gefühlt hätte, auf einen der Kumpels losgegangen sei und ihm den Arm verdreht hätte. Dieser erzählt, dass er sich losreißen konnte und dem 32-Jährigen drohte, dass er das nicht noch einmal machen sollte, sonst würde er sich eine fangen. Danach sei der Krumbacher ausgetickt. „Der hat getobt wie ein Vogel“, sagt der 35-Jährige, dem mutmaßlich der Arm umgedreht wurde.
Schließlich sei sein Freund vom mutmaßlichen Opfer an der Brust gepackt und an ein Waschbecken gedrückt worden. Der Beschuldigte hätte sich daraufhin mit dem Glas in seiner Hand gewehrt und
dem 32-Jährigen ins Gesicht geschlagen. Letzterer hätte nicht von ihm abgelassen, sodass der Begleiter des Schlägers ihn in den „Schwitzkasten“genommen hätte, um ihn von seinem Kumpel herunterzuziehen. Dann verlagerte sich die Schlägerei in den Flur, das bestätigt die Aufzeichnung einer Videoüberwachung. „Das war eine Rangelei, ein Handgemenge“, sagt der Beschuldigte. Auf die Frage des Richters, warum sie keine Polizei gerufen hätten, antwortet er, dass sie schließlich alle drei schuld gewesen wären. Die beiden Freunde seien nach der Auseinandersetzung nach Hause gegangen.
Ganz anders schildert der Geschädigte und Nebenkläger die Auseinandersetzung. Der Krumbacher erzählt vor Gericht, dass er bereits einige Zeit in der Bar verbracht hatte, als er schließlich nur noch kurz auf der Toilette Hände waschen und danach gehen wollte. Als er am Waschbecken stand, hätten ihn die beiden 35-Jährigen von
hinten angegriffen, und der Ausruf „Scheiß Türke“soll gefallen sein. Er hätte einen Krug ins Gesicht bekommen, danach sei ihm schwindelig geworden und er sei blutüberströmt gewesen. Er hätte niemanden erkennen können, da seine Kontaktlinsen verrutscht waren. „Ich musste hier raus“, sagt der 32-Jährige zur Schlägerei in der Toilette. Er habe gezielt versucht, den Angriff in den Flur zu verlagern, da er wusste, dass es dort eine Überwachungskamera gibt.
Schließlich ging der Streit auseinander und das Opfer sowie der Angeklagte, der zugeschlagen hat, nochmals in die Toilette. Eine BarBesucherin, die auch das Opfer kennt, rief kurz darauf den Notruf. Der Krumbacher wurde in die Klinik gebracht, damit alle Wunden versorgt und genäht werden konnten. Der diensthabende Polizist erzählt vor Gericht, dass das Opfer dort sehr aggressiv aufgetreten war, was jedoch kein Einzelfall bei
dem Mann ist. Er ist bei der Polizei in Krumbach bekannt. Schließlich benötigte es Verstärkung aus Weißenhorn, damit sich der Krumbacher auch behandeln ließ. Eine anschließende Vernehmung war nicht möglich, der 32-Jährige habe sich vor den Beamten versteckt. Vor Gericht stellte sich heraus, dass der Mann Angst vor der Reaktion seiner hochschwangeren Freundin hatte. Diese hätte ihm nach einem Vorfall in der gleichen Bar, nur wenige Monate davor, verboten, dort wieder hinzugehen.
Die Szenen auf dem Überwachungsvideo sind chaotisch. „Wer der Aggressor ist, ist unklar“, sagt Kramer zur Aufnahme. Dennoch zeige das Video, dass von einem der beiden Angeklagten kein Aggressionspotenzial ausgegangen sei. Er hätte zwar die Möglichkeit gehabt, zuzuschlagen, doch das tat er nicht. Da er keine Vorstrafen und gemeinsam mit dem anderen Beschuldigten bereits im Vorfeld ein Schmerzensgeld in Höhe von
jeweils 2000 Euro gezahlt habe, spricht ihn der Richter frei.
Anders sieht es jedoch beim zweiten Angeklagten aus. „Der Schlag mit dem Glas hat ein wahnsinniges Gefährdungspotenzial. Das hätte tödlich enden können und ist absolut nicht zu tolerieren“, sagt Kramer. Das bestätigte zuvor auch der rechtsmedizinische Gutachter. Vor Gericht entschuldigt sich der 35-Jährige beim Krumbacher. Er habe nicht gewollt, ihm einen solch bleibenden Schaden zu hinterlassen. Richter Kramer nimmt dem Angeklagten die Entschuldigung ab, was sich letztlich positiv auf sein Urteil auswirkt: ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt, sowie ein zusätzliches Schmerzensgeld von 2500 Euro. Seine günstige Sozialprognose, keine Vorstrafen und die bereits erfolgte Zahlung an den 32-Jährigen haben den Weißenhorner vor einer höheren Freiheitsstrafe bewahrt.