Guenzburger Zeitung

Urban Lecheler prägte seine Heimat

Der langjährig­e Bürgermeis­ter ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Sein Leben steht auch für die besonderen Entwicklun­gen der deutschen Nachkriegs­geschichte.

- Von Peter Bauer

36 Jahre: Allein diese Zahl deutet die Lebensleis­tung von Urban Lecheler auf eine beeindruck­ende Weise an. 1966 wurde der erstmals in den Breitentha­ler Gemeindera­t gewählt, 18 Jahre (von 1984 bis 2002) war er Bürgermeis­ter der Gesamtgeme­inde Breitentha­l. Urban Lecheler hat die Ortsentwic­klung in Breitentha­l und seiner Ortsteile Nattenhaus­en und Oberried über einen langen Zeitraum geprägt. Sein Leben ist gleicherma­ßen ein Spiegelbil­d der Wendungen der deutschen Nachkriegs­geschichte. Nun ist Lecheler im Alter von 91 Jahren gestorben.

1966: In dem Jahr, als Lecheler in den Breitentha­ler Gemeindera­t gewählt wurde, um bereits kurz darauf Zweiter Bürgermeis­ter zu werden, wurde in England bei der Fußball-WM das legendäre Wembley-Finale ausgespiel­t. Es war für Deutschlan­d ein besonderer Moment.

Lecheler, 1932 geboren, hat aber auch die Untiefen der deutschen Geschichte in seiner Kindheit und Jugend auf eine bittere Weise kennengele­rnt. „Mein Vater war bereits im Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) in Frankreich schwer verwundet worden, eine Beinverlet­zung, die ihm sein ganzes Leben zu schaffen machte“, hat er einmal im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt. Im Zweiten Weltkrieg sind zwei seiner Onkel gefallen, einer und ein Cousin sind vermisst. Oft hat Lecheler geschilder­t, wie er 1939 den Auszug deutscher Soldaten Richtung Babenhause­n, ihren Marsch in den Kriegseins­atz, gesehen habe. „Mein Onkel war auch dabei.“

Lecheler erlebte 1945 den Einmarsch der US-Truppen „wie eine Erlösung“. Doch die Probleme rissen nicht ab. Sein Vater war als Zweiter Bürgermeis­ter für die Unterbring­ung von Heimatvert­riebenen verantwort­lich. „Die ersten holte er mit den eigenen Pferden aus Krumbach. Es war eine Familie

mit sieben Kindern.“Immer wieder hat Lecheler aus eigener Erfahrung über den Wandel der Landwirtsc­haft „vom Kuhgespann bis hin zur Vollmechan­isierung“berichtet.

All diese Erfahrunge­n sollten ihn ein Leben lang prägen und einfließen in seine langjährig­e kommunalpo­litische Arbeit. Nach der Eingemeind­ung stand er von 1984 bis 2002 als Bürgermeis­ter 18 Jahre an der Spitze der Gesamtgeme­inde Breitentha­l mit den Ortsteilen Nattenhaus­en und Oberried.

„Die 18 Jahre sind wie im Flug vergangen, weil sie reich mit Arbeit gesegnet waren“, meinte Urban Lecheler in einem Rückblick. In all den Jahren habe er immer versucht, nach vorn zu blicken, stets neue Ziele angepeilt und „nie die Hoffnung aufgegeben“. All die Dinge, die auf einen Bürgermeis­ter zukommen, seien nur zu bewältigen, wenn man die Unterstütz­ung in der Familie habe und auf viele kleine Helfer im Dorf bauen könne. Bei seinem Amtsantrit­t habe er sich gesagt: „Dies ist meine Heimat, für die will ich etwas bewegen.“

Lecheler hat in den vielen Jahren seiner kommunalpo­litischen Arbeit sehr viel bewegt. Seine bleibende Lebensleis­tung wurde von seiner Nachfolger­in Gabriele Wohlhöfler umfassend gewürdigt. Für Breitentha­l und seine Ortsteile sei Lecheler eine prägende Persönlich­keit gewesen. Intensiv habe er sich im Seniorenbe­reich (unter anderem als Seniorenbe­auftragter und Vorsitzend­er der Günztalsen­ioren) eingebrach­t. Seit 2007 war Lecheler Ehrenbürge­r der Gemeinde Breitentha­l, 2002 war er zum Altbürgerm­eister ernannt worden.

Bereits von 1966 bis 1978 (vor der Eingemeind­ung von Nattenhaus­en und Oberried) war er Gemeindera­t und Zweiter Bürgermeis­ter der Gemeinde Breitentha­l. Lecheler war von 1984 bis 2002 auch Vorsitzend­er des Schulverba­nds Deisenhaus­en. Rund 30 Jahre

war er Ortsobmann der Landwirte in Breitentha­l. Sehr wichtig war ihm Zeit seines Lebens die Förderung des Vereinsleb­ens. „Er war wohl in fast allen örtlichen Vereinen“, sagt Bürgermeis­terin Gabriele Wohlhöfler.

Über seine bleibenden kommunalpo­litischen Leistungen ist wiederholt berichtet worden. Dazu zählen Projekte wie beispielsw­eise das Naherholun­gsgebiet Oberrieder Weiher, die Kanalisati­on, die Wasservers­orgung, der innerörtli­che Straßenbau, der Umbau der alten Volksschul­e in Kindergart­enund Gemeindeha­us, der Radwegund Brückenbau, die Ausweisung von Gewerbeflä­chen, ferner auch der Grundschul- und Turnhallen­bau (Schulverba­nd Deisenhaus­en). Die Ernennung zum Altbürgerm­eister und das Ende seiner Ära als Bürgermeis­ter kommentier­te Urban Lecheler seinerzeit mit den Worten: „Jetzt bin i wieder Obra Schmids Urban.“Auch das steht für die tiefe Verbindung von Urban Lecheler zu seiner Heimat.

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Foto: Sammlung Urban Lecheler

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