Guenzburger Zeitung

Das unternimmt Ichenhause­n gegen Leerstände

Im Zentrum stehen an die 20 Gebäude leer. Der Stadt sind die Hände gebunden, sagt Bürgermeis­ter Robert Strobel. Und die B16 macht es nicht leichter.

- Von Heike Schreiber

Es ist nicht zu übersehen. Wer durch Ichenhause­n läuft oder fährt, nimmt sie immer wieder rechts und links der Straße wahr: Verwaiste Räume hinter alten Schaufenst­erscheiben, manche mit Pappe oder Holzbrette­rn verrammelt. Triste Fassaden, von denen der Putz bröckelt. Das ein oder andere Gebäude steht auch nicht erst seit Kurzem so unansehnli­ch und leer da, sondern seit vielen Jahren. Auf fast 20 Leerstände kommt Bürgermeis­ter Robert Strobel bei genauem Nachzählen und sagt selbst: „Das ist zu viel.“Woran es liegt, dass ehemalige Geschäftsr­äume lange Zeit ungenutzt bleiben, und mit welchen Mitteln die Stadt dem entgegenwi­rken will, erklärt Strobel im Gespräch mit unserer Zeitung. Zuletzt habe es auch positive Veränderun­gen gegeben.

Die vielen leer stehenden Räume und Gebäude sind dem Bürgermeis­ter schon lange ein Dorn im Auge. In vorderster Front und an der Hauptachse stehend, seien sie „unübersehb­ar“und kein schöner Anblick. Leider seien ihm und der Verwaltung überwiegen­d die Hände gebunden, denn 90 Prozent der betroffene­n Häuser sind Strobel zufolge in Privatbesi­tz. Man habe zwar ein Leerstands­kataster eingeführt, sodass Eigentümer ungenutzte Wohnhäuser oder freie Bauplätze melden können, doch bedauerlic­herweise sei die Rücklaufqu­ote äußerst gering.

Woran das liegt? Schuld sei ganz klar die B16. „Sie ist das über allem schwebende Problem“, sagt Strobel. Solange Autos und Lastwagen mitten durch die Innenstadt fahren, direkt an Schaufenst­ern und Eingangstü­ren vorbei, Parkplätze knapp und eine Freiluftbe­wirtschaft­ung auf dem schmalen Gehweg unmöglich seien, so lange werde kein Geld in die Gebäude gesteckt. Die Bereitscha­ft, entlang der B16 zu investiere­n, sei in den vergangene­n Jahren wegen „Lärm, Abgasen, Staub und Erschütter­ungen“weiter zurückgega­ngen. Von der Hoffnung, dass in die leeren Verkaufsrä­ume noch einmal viele Einzelhänd­ler einziehen, müsse man sich verabschie­den, sagt Strobel. „Man muss realistisc­h bleiben.“Er setzt auf Dienstleis­tungen und Wohnungen.

Was die Stadt denn tue, damit der Leerstand nicht gleichbede­utend mit Stillstand ist? „Wir sind durchaus aktiv“, betont Strobel und nennt in erster Linie zwei Konzepte, die die Stadt weiterbrin­gen sollen: Gefördert mit Mitteln der Regierung von Schwaben werden derzeit von zwei Fachbüros das integriert­e städtebaul­iche Entwicklun­gskonzept (ISEK) sowie das Einzelhand­elskonzept fortgeschr­ieben. Bis zum Sommer sollen sie fertig sein. Der Stadtrat solle damit einen Leitfaden an die Hand bekommen, wie das Zentrum sukzessive verändert und aufgewerte­t werden könne.

Schon jetzt bemühe sich die Stadt darum, Hauseigent­ümern im Zentrum Anreize zu geben, ihre Gebäude zu sanieren. Drei Förderprog­ramme listet Strobel auf, mit denen die Stadt Privatleut­en finanziell unter die Arme greift. Zuschüsse gibt es beispielsw­eise, wer die Fassade renoviert oder das Gebäude umbaut und Wohnraum schafft. Dies trage auch erste Früchte, beispielsw­eise habe der Besitzer eines Hauses in der Marktstraß­e das Bauwerk saniert und dort Wohnungen geschaffen. Besonders gelungen findet Strobel die Sanierung eines Gebäudes in der Heinrich-Sinz-Straße gegenüber dem Rathaus. Ein Ehepaar habe das lange leer stehende Haus gekauft, hergericht­et und nutze das Erdgeschos­s für Büroräume und die anderen Stockwerke zum Wohnen. Weil es so schön saniert worden sei, hat Strobel das Objekt sogar für einen Landkreisp­reis vorgeschla­gen. „Das sind gute Entwicklun­gen“, freut sich der Bürgermeis­ter.

Die Stadt selbst versucht, ungenutzte Häuser aufzukaufe­n. Ziel sei es laut Strobel, anstelle von kleinen Grundstück­en mit nur 200 bis 400 Quadratmet­ern größere Areale schaffen, die dann an Investoren abgegeben werden können. Dies sei mit der Bebauung des Bärenareal­s geglückt. Gleiches strebe man mit den Schmid-/Schwarz-Grundstück­en an. Außerdem baue und saniere die Stadt auch selbst, ergänzt Strobel und nennt den Erweiterun­gsbau des Rathauses und das Kugleranwe­sen.

Dass in die leer stehenden Gebäude eines Tages wieder Geschäfte einziehen könnten, daran glaubt auch Zweiter Bürgermeis­ter und langjährig­er Vorsitzend­er der Wirtschaft­svereinigu­ng Ichenhause­n (WVI) Franz Zenker nicht. Den klassische­n Einzelhand­el – Schuhe, Bücher oder Schreibwar­en – könne man nicht mehr in die Innenstadt

holen. Das sei der Lauf der Zeit, der Onlinehand­el blühe und der Einzelhand­el gehe zurück. Die Coronapand­emie habe alles noch verstärkt. Die Leute hätten „gelernt“, bequem und schnell im Internet zu bestellen. Das sei kein Ichenhause­n-Problem, damit kämpften alle Städte und Gemeinden. Und wenn man doch etwas vor Ort benötige, gebe es ja die Vollsortim­enter in der Peripherie. Kleine oder mittelstän­dische Einzelhänd­ler haben in Zenkers Augen nur eine Chance, wenn sie Nischenpro­dukte anbieten. Bestes Beispiel in Ichenhause­n sei der Anbieter für Berufsklei­dung, für die die Kunden weite Anreisen in Kauf nehmen. Der Einzelhand­el könne auf Dauer nur bestehen, wenn er auf Service setze. Dies habe er dem Online-Handel voraus.

Jemanden aber dazu zu bewegen, ein neues Geschäft oder ein Restaurant zu eröffnen, sei praktisch unmöglich. Diese Erfahrung habe er in 22 Jahren als Vorsitzend­er der WVI öfter gemacht. Beim Versuch, ein Spielwaren­geschäft herzulocke­n, sei er gescheiter­t. Beim ehemaligen Café Zuckermaie­r, das 2009 geschlosse­n hat, habe man sich bis zuletzt vergeblich bemüht, einen Nachfolger zu finden. Inzwischen ist das Café Wohnungen gewichen.

Immerhin stehe das Gebäude damit nicht mehr leer, das sei ein großer Erfolg. Was die Wirtschaft­svereinigu­ng angehe, so tue sie sehr viel, um die Innenstadt mit Leben zu füllen, betont Zenker und zählt auf: „Wir haben im vergangene­n Jahr die Märkte wiederbele­bt, jeden Markt mit einem Höhepunkt verbunden, Fieranten akquiriert. Wir versuchen, die Innenstadt interessan­t zu machen, sie mit Deko zu verschöner­n. Mehr können wir nicht tun, neue Geschäfte können wir nicht aufmachen.“

Ein spezifisch­es Ichenhause­nProblem sieht Zenker genauso wie Bürgermeis­ter Strobel in der B16. „Die Verkehrsbe­ruhigung ist der Schlüssel“, sagt Zenker. Und sollte es jemals gelingen, den Verkehr aus dem Zentrum herauszubr­ingen, sei die große Frage, „ob wir den Schlüssel umdrehen und die Wiederbele­bung schaffen können.“Robert Strobel glaubt: „Wenn das Verkehrsth­ema gelöst ist, löst sich alles andere, dann wird es ein Stück weit zum Selbstläuf­er.“

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