Welche Projekte kann sich Rettenbach jetzt noch leisten?
Fördermittelkürzungen bringen die Dorfentwicklung zum Erliegen. Es ist ein Paukenschlag, der die Gemeinde trifft.
Die Gemeinde Rettenbach befindet sich im Herbst 2023 in Sachen Dorfentwicklung quasi auf der Zielgeraden. Dann kommt der Schlag: Der Bund streicht Gelder für die „Ländliche Entwicklung“. Waren mehr als zwei Jahre intensive Vorarbeit umsonst? Klar ist auch: Ohne Fördermittel kann die Gemeinde Rettenbach das Projekt Dorfentwicklung nicht stemmen – die Rede war seinerzeit, gemäß Kostenschätzung, von einem Betrag in Höhe von rund 9,4 Millionen Euro.
Seitens des Amtes für Ländliche Entwicklung Schwaben Krumbach (ALE) kam im Gemeinderat daraufhin der Anstoß, das EU-Förderprogramm „ELER“in Erwägung zu ziehen. Die bisherige Richtlinie „Dorferneuerungs- und Infrastrukturprojekte zur Umsetzung des ELER-Programms 2014 bis 2020 in Bayern wird derzeit überarbeitet, womit ab 2024 unter anderem für Projekte einer Dorferneuerung im Sinne sogenannter kleiner Infrastrukturen die Möglichkeit einer Förderung bestünde. Dies könnten beispielsweise Maßnahmen
zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, wie für Ortsstraßen, Fuß- und Radwege, Brücken oder Parkplätze sein, aber auch solche für dorfgerechte Freiflächen und Plätze.
In der jüngsten Sitzung der Rettenbacher Gemeinderats stellte Martin Braun vom Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben in Krumbach (ALE) Details vor. Die förderfähigen Ausgaben dürfen maximal 1,5 Millionen Euro netto betragen, die anrechenbaren Nettokosten können zu 60 Prozent bezuschusst werden. Die Gemeinde nimmt dabei an einem bayernweiten Auswahlverfahren teil, die Projektauswahl erfolgt auf Grundlage einer Rangliste, bei der die jeweiligen Projekte nach einem Punktesystem bewertet werden. Kriterien sind unter anderem die Finanzkraft, Räume mit großem Handlungsbedarf, Förderung der Aufenthaltsqualität, aber auch das Erschließen öffentlicher oder kirchlicher Einrichtungen. Allerdings muss die Gemeinde schnell agieren: Die nächsten Auswahlrunden finden voraussichtlich spätestens im dritten Quartal 2024 statt, die Planungen inklusive Kostenberechnung sind mindestens sechs bis acht Wochen vor dem Antragsendtermin beim ALE einzureichen. Mit Erhalt des Förderbescheids müssen die Maßnahmen ohne jegliche Veränderung der Planung innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen sein. Nicht förderfähig sind Planungsleistungen, genauso werden keine bereits begonnenen Maßnahmen und aktuell auch keine Hochbaumaßnahmen gefördert.
Damit war in der Sitzung des Gemeinderats am Montag klar: Für Projekte, wie den Umbau der Gemeindehalle oder die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Gasthofs Kreuz gibt es kein Geld. Andererseits ist die Gemeinde mit ihrem erarbeiteten Prioritätenplan enorm im Vorteil – er enthält Projekte, welche die Fördervoraussetzungen erfüllen, sie weiß, welche ihr besonders wichtig sind und es gibt bereits eine vorläufige Kostenermittlung. Der Beschluss, dass die Gemeinde an dem Förderprogramm teilnehmen will, fiel einstimmig. Klar ist auch, um welche Projekte es sich handeln soll: Zum einen ist dies die Umgestaltung des Platzes an der Ostseite der Kirche St. Ulrich mit Parkmöglichkeiten, zum anderen ist es die Umgestaltung der Fläche an der St. Leonhard-Straße im Bereich des Friedhofs mit einem Aufenthaltsbereich und verkehrssicherer Einmündung. Im Gespräch war auch die Neugestaltung der Freiflächen am Hang westlich der Gemeindehalle mit einer Erneuerung der Treppenanlage, optional auch die Fläche gegenüber des ehemaligen Raiffeisenbankgebäudes.
Angeboten hätte sich auch der Platz zwischen Gemeindehalle und Schlössle. Davon hatte Braun jedoch abgeraten und auch der Gemeinderat war dem gefolgt. „Wir wissen nicht, wohin die Reise mit der Gemeindehalle, beispielsweise in Form eines Anbaus, aber auch in
Bezug eines neuen Standortes für unsere Feuerwehr hingehen wird“, erklärte Bürgermeisterin Sandra Dietrich-Kast (CSU) im Gespräch. Im Hinblick auf eine Gestaltung dieses Vorplatzes, jetzt in Verbindung mit dem ELER-Programm sei das kontraproduktiv. Man habe nicht viel Zeit. Abzuwarten und erst an der nächsten Auflage des ELER-Programms teilzunehmen, mache genauso wenig Sinn. Die Bürgerinnen und Bürger wollten nach all den Jahren Vorarbeit nun Ergebnisse sehen. Sollte es das Förderprogramm für die Dorferneuerung im Anschluss irgendwann einmal wieder geben, habe man die Möglichkeit, direkt an dieses anzuknüpfen.
Ein weiterer Punkt der Sitzung am Montag war die Vergabe der Planungsleistungen für den dritten Bauabschnitt der Kanalgeneralsanierung in der Gemeinde, der den Ortsteil Harthausen betrifft. Auch hier fiel der Beschluss einstimmig, die Planungskosten betragen rund 26.700 Euro. Die Kosten für die Gesamtsanierung der Kanäle beläuft sich auf rund 1,5 Millionen Euro und verteilt sich auf sechs bis sieben Haushaltsjahre.