So läuft der Autoneum-Umzug nach Ellzee
Von Sophia Huber
Besser entwickelt als noch zu Beginn des Jahres 2023 prognostiziert habe sich das vergangene Jahr für Autoneum mit den Standorten in Krumbach und Ellzee. „Wir verzeichnen einen positiven Auftragsbestand“, teilt Communications Manager Joachim Urra mit. „Generell sehen wir eine gute Nachfrage nach Truck-Produkten, mit Schwankungen der Abrufzahlen, die für die Branche jedoch völlig normal sind.“Wie berichtet, soll die Produktion künftig am Standort Ellzee gebündelt, der Krumbacher Standort geschlossen werden. Wie es mit dem Umzug läuft, wie die Personallage aussieht – und was mit der Fläche in Krumbach künftig passieren könnte.
Optimiert und modernisiert werden können die Produktionsprozesse durch die Bündelung in Ellzee, gleichzeitig könne die Infrastruktur verbessert werden, so Autoneum. „Damit sind wichtige Voraussetzungen geschaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Zukunft unseres Standorts nachhaltig zu sichern“, wie Urra mitteilt. Doch wie zukunftsfest ist der Standort? Zuletzt gab es immer wieder Gerüchte, dass ein Teil der Krumbacher Borgers-Mannschaft nach der Übernahme von sich aus gegangen sei. Autoneum teilt mit: „Von April bis Dezember 2023 verzeichneten wir eine ‘normale’ Fluktuation, die dem Industrie-Durchschnitt entspricht.“Weder durch die Übernahme noch durch den
Umzug sei ein besonderer Effekt zu beobachten. Alle Stellen wurden oder werden, so das Unternehmen, derzeit wieder besetzt. Geschäftsführer und Plant Manager sei nach wie vor Markus Reichmann (seit Juni 2021).
Ausgehend von den aktuellen Zahlen und Prognosen sind nach Auskunft des Konzerns keine Personalkürzungen geplant. Doch die Antwort geht weiter: „Allerdings bewegen wir uns in einem volatilen Marktumfeld und müssen unser
Handeln in allen Bereichen stets auf die Zukunftsfähigkeit ausrichten. Bei einer guten Auftragslage und hohen Nachfrage nach unseren Produkten brauchen wir mehr Mitarbeitende, andernfalls weniger. Dies wird von uns – wie in jedem anderen Unternehmen auch – laufend geprüft.“
Geprüft, das wird wohl am Standort Bocholt (NordrheinWestfalen). Auch dort wurde Borgers nach der Insolvenz von Autoneum übernommen. Das
titelt in dieser Woche: „Autoneum gibt keine Standort-Garantie für Bocholt.“Das schweizerische Unternehmen wolle „den Standort wettbewerbsfähiger machen“. Weiter schreibt die Zeitung: „Die Begeisterung über die Übernahme des Bocholter Autozulieferers Borgers durch Autoneum liegt gerade einmal zehn Monate zurück. Viele der 800 beschäftigten Mitarbeiter am Standort sind allerdings mittlerweile nach dem angekündigten Abbau von 175 Jobs verunsichert.“
Im Zuge der Bündelung der Aktivitäten am Standort Ellzee wurden „keine beim Unternehmen angestellten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter entlassen.“Alle unsere Mitarbeitenden werden aus Krumbach nach Ellzee „umziehen“, stellt der Autoneumssprecher klar. Aktuell sind rund 600 Mitarbeitende in Ellzee/Krumbach beschäftigt. Vor rund einem halben Jahr waren laut damaliger Auskunft rund 750 Beschäftigte (inklusive Leiharbeiter) angestellt.
Im Mai teilte das Schweizer Unternehmen mit, rund acht Millionen in den Ellzeer Standort zu investieren, bis Ende 2023 sollten laut damaliger Auskunft alle produktionsnahen Bereiche verlagert werden. Man ging von einem vollständigen Abschluss des gesamten Umzugs bis Mitte 2024 aus. Stand jetzt teilt der Konzern mit: „Ein Großteil der Anlagen und Arbeitsplätze wurden bereits von Krumbach nach Ellzee verlagert. Der Umzug erfolgt in aufeinanderfolgenden Etappen, um einen reibungslosen Betrieb aufrechtzuerhalten. Die zuverlässige und pünktliche Belieferung unserer Kunden aus der Automobilindustrie mit hochqualitativen Produkten hat dabei oberste Priorität. Wir gehen davon aus, dass der Umzug wie geplant in diesem Sommer durchgeführt und abgeschlossen werden kann.“
An mehreren Stellen im Werk Ellzee sollen kleine und mittlere Erweiterungen und Modernisierungen der Büroflächen und Sozialräume erfolgen, die „gleichzeitig eine erhebliche Verbesserung und Aufwertung im Vergleich zum heutigen Stand darstellen werden“. Ebenso werden ein neuer Sozialtrakt-Anbau und ein neuer Bereich „Administration“in einem vorhandenen Gebäude entstehen. Die Umsetzung hierzu kann nach Angaben des Sprechers jedoch erst nach Abschluss des Umzugs der Produktion aufgenommen werden.
Doch was passiert dann mit dem leeren Krumbacher Werk? „Wir beabsichtigen den Verkauf des gesamten Areals und sind mit mehreren Interessenten hierzu in Kontakt. Zuvor muss der Umzug natürlich vollständig abgeschlossen sein.“Fest stehe, dass der Standort, unter anderem durch seine zentrale Lage, ein vielfältiges Potenzial biete. Man sei diesbezüglich auch im Austausch mit dem Bürgermeister und suche für den Wirtschaftsstandort Krumbach nach einer positiven Lösung.
Es könnte sich etwas zusammenbrauen bei Borgers Süd – beziehungsweise Autoneum im Kreis Günzburg. Seit der Übernahme nach der Insolvenz im Januar vergangenen Jahres haben mehrere Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Der Konzern spricht von einer normalen, branchenüblichen Fluktuation. Doch die Stimmung zwischen der Schweiz und Krumbach soll nicht sonderlich ausgelassen sein. Und nicht zuletzt hat es eine ganze Woche gedauert, bis unsere Redaktion Antworten auf knapp zehn, teils kurze Fragen, zur wirtschaftlichen Lage und dem Stand des Umzugs nach Ellzee bekommen hat.
Dass Fristen manchmal zu knapp gesetzt und deswegen nicht eingehalten werden, kommt vor. Allerdings ist eine Woche bei den meisten Ansprechpartnern mehr als genug Zeit für eine Stellungnahme. In diesem Fall liegt die Vermutung nahe, dass die eine oder andere Person gar nicht wollte, dass die Öffentlichkeit zu viele Einblicke in die (nicht bei allen zur Freude getroffenen) Entscheidungen und Entwicklungen bekommt. Doch gerade in diesen unsicheren Zeiten ist es umso wichtiger, dass sowohl die Menschen im Landkreis Günzburg, vor allem aber die Belegschaft von Autoneum, Bescheid wissen, wie es um ihre Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Situation ihres Arbeitgebers steht. Betriebsrat und Gewerkschaft sind in Habachtstellung.
Autoneum plant keine Personalkürzungen im Kreis Günzburg.