Gurkensandwich gefällig?
Der Afternoon Tea ist eine britische Institution, wird aber längst weltweit genussvoll zelebriert. Ohne Tee geht es nicht. Aber um ehrlich zu sein, er spielt dabei oft eine Nebenrolle.
Ursprung hat und auch heute nicht grad aus der Portokasse zu bezahlen ist, fordert doch dazu heraus, so einen Nachmittag ein wenig festlich zu genießen und sich die kleinen Leckereien auf der Zunge zergehen lassen. Afternoon Tea wird in vielen Fünfsternehotels auf der ganzen Welt zelebriert. Oft in der klassischen Form, aber manchmal auch sehr einfallsreich und so schön zum Anschauen, dass man sofort in die Küche stürmen möchte, um die Patissière (oder ist es ein Mann?) zu umarmen.
Im Londoner Hotel The Lanesborough werden seit dem Start der US-amerikanischen Netflix Serie „Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte“im Mai letzten Jahres zum Afternoon Tea im großen Dining Room unterm historischen Glasdach sowohl die Vorlieben der Hauptdarsteller des Historiendramas als auch die all zu kurze Recency-Zeit zelebriert. Das The Lanesborough, das 1719 als Privathaus für den Viscount gleichen Namens erbaut wurde, wurde 1825 im Regency-Stil restauriert und ist seit 1991 ein Luxushotel.
Dessen Chef-Patissier Salvatore Mungiovino ist ein Künstler, bei dessen Leckereien man kleine spitze Begeisterungsschreie kaum unterdrücken kann. Man möchte dahinschmelzen bei diesen Petit Fours und den soften Sandwiches. Auf der Etagere thronen hellblaue essbare Schächtelchen mit weißen Margeriten und kleine Schokobomben mit goldener Krone. Manche Naschereien sehen aus wie die Hüte der Damen beim Ladies Day in Ascot, und alles ist den Vorlieben der Hauptfiguren der Streamingserie gewidmet: King George. Lady Violet. Queen Charlotte und Lady Danbury.
Queen Victoria, die während der Regency-Epoche gerade das Licht der Welt erblickte, hätte diese zuckersüße Show gefallen. Aber muss man wegen eines Nachmittagstees wirklich nach London fahren? Bis dahin bietet sich vielleicht eine kleine Wochenendreise zum Brenners Park-Hotel in Baden-Baden an, wo Madeleines, Blätterteigrollen, Windbeutel, Tartelettes sowie Macarons und Pralinés von dem großen französischen Konditor Pierre Hermés aufgefahren werden. Wie herrlich ist das denn?
Wer gerne Gäste hat, kann aber auch zu Hause seinen persönlichen Signature-Afternoon-Tea gestalten. Süß und salzig. Das haben alle gern. Thunfisch-Sandwiches mit Kapern sind leicht gemacht, Hähnchensalat auch. Dazu vielleicht KaffeeEclairs, wie in dem unten stehenden Rezept beschrieben. Im selben Kochbuch finden sich auch zarte Earl-Grey-HonigMadeleines und Frankfurter-Kranz-Minis. Alles kein Teufelswerk. Und dann den Tisch schön decken, das von Oma geerbte Porzellan rausholen, richtige Stoffservietten und endlich eine Etagere kaufen. Die krönt jeden Tisch. Und Blumen natürlich. Was Biedermeierliches wär schön.
Nach all den Genüssen erst mal zurücklehnen und ein Schlückchen Champagner genießen. Das vertreibt die Dämmerung und aufkommende Nachmittagsschwere. Am liebsten würde man jetzt die Beine hochlegen und ein wenig schlummern. Der Stimmungspegel in der großen Lobby in Basels Hotel Nummer eins ist längst vom Gemurmel ins angeregte Gespräch und Gelächter übergegangen. Der Pianist versucht, mit Fortissimo durchzudringen. Das Licht unter den gefältelten Lampenschirmen glüht golden wie die hausgemachten Pralinés, die als letzter Gruß aus der Küche kommen.
Zu Hause kann man Omas Porzellan aus dem Schrank holen.