Bittere Niederlage
Die Handballer des VfL Günzburg fighten in Bayreuth um jeden Ball, doch am Ende reicht es nicht für einen Auswärtssieg. Die Stimmung in der Halle: ohrenbetäubend.
Günzburg In einem intensiven Spiel unterlag der VfL Günzburg beim ewigen Konkurrenten HaSpo Bayreuth mit 27:30 (14:16). Nach einem verpatzten Saisonstart war es das erste Spiel überhaupt, in dem die Schwaben im Falle eines Sieges schnurstracks Richtung Tabellenspitze gerückt wären. Will man die Chance noch einmal bekommen, müssen nun wieder wochenlang fleißig Punkte gesammelt werden.
Die äußeren Bedingungen passten. Der Mannschaftsbus war rappelvoll. Teile der B- und A-Jugend, die Edelfans Heidi Wittlinger, Christian Dirr und Wilfried Nagat, Handballmama Annette FiegelJensen sorgten für wohlige Atmosphäre, Süßes und Scharfes war neben den üblichen Lkws dabei. Zwar fehlte die Musikbox, dafür gab es genügend Trommeln und den Chor der schönsten schwäbischen Stimmen. Die Weigl-Hools reisten aus Friedberg parallel an. Spätestens da kommt immer sehr gute Laune auf.
Im HaSpo-Wohnzimmer braucht man diese auch, schon erstaunlich, was dort – angeführt von einem ausgezeichneten Hallensprecher – abgeht. Atmosphärisch konnte auf Günzburger Seite ein Gegenpol aufgeboten werden. Schon das war eine reife Leistung.
Das 0:1 erzielte Kilian Weigl. Tom Elischer und Johannes Ruoff brachten ihre Farben danach in Führung. Der Auftakt zu einer mitreißenden Partie war gemacht. Nach dem 2:2 erstrahlte erst einmal die Günzburger Handballherrlichkeit. Alexander Jahn per Siebenmeter, Daniel Jäger und Michael Jahn verwandelten nacheinander bis zur neunten Minute sicher. 2:5 leuchtete es von der Anzeigentafel.
Den Gastgebern merkte man bei wechselnden Aufstellungen an, dass sie zuletzt einige Verletzungen zu beklagen hatten und dass andere Spieler gerade in den Kader
zurückgekehrt waren. Tom Elischer, endlich wieder bei einem Heimspiel dabei, verletzte sich in dieser Anfangsphase gleich wieder. Was für ein Pech – gute Genesung aus Günzburg. Von dieser Findungsphase profitierten die Weinroten. Die fränkische Defensive, das Unangenehmste, was in der Bayernliga im Rückraum agiert, bot mehr Freiräume als sonst. Die nutzten die Günzburger gnadenlos. In der 20. Minute traf Yannick Meye zum 7:11. Gegnerischer Spielfluss im eigenen Wohnzimmer, da staunte die Bayreuther Partygemeinde nicht schlecht.
Im Angriff musste der Bayreuther
Trainer Bracher angesichts seiner vielen Ausfälle ganz auf die Spielintelligenz von Johannes Ruoff setzen. Das zahlte sich nach und nach komplett aus. Die Günzburger Innenverteidiger hatten ihn nicht auf der Rechnung und bekamen ihn auch nie richtig in den Griff. Er wurde wie ein Rückraumhüne gedeckt, doch der ist er nicht. Insgesamt sollte der Handballheld 14 Treffer erzielen. Das Spiel wurde ausgeglichener. Mats-Ole Abend, dessen Vater Ralph zu Bundesligazeiten beim VfL spielte, markierte in der 27. Minute den 12:13-Anschlusstreffer.
Gewechselt wurde gerecht beim 14:16. Kilian Weigl hatte mit einem spektakulären Schlagwurf den Vorerst-Schlusspunkt gesetzt. Zäh wurde im zweiten Durchgang gerungen.
Die HaSpo-Deckung drängte sich in den Vordergrund. Der VfLRückraum rannte sich permanent fest, die kleinen Spielflussmöglichkeiten wurden nicht mehr erkannt, geschweige denn genutzt. Die körperlich Unterlegenen setzten auf Materialschlacht. Der Torwart der Gastgeber bekam gegen die gestressten VfL-Angreifer mehr und mehr Zugriff. Mal wieder glich Johannes Ruoff in der 33. Minute zum 16:16 aus. Ein packender Handballkampf hielt die Fans beider Lager kaum noch auf den Sitzen. Herrlich laut war es. Zwischendurch rettete Patrick Bieber in höchster Not. Gabriel Scholz mit insgesamt starker Leistung, der für den erkrankten David Pfetsch fast durchspielte, traf in der 44. Minute zur letzten VfL-Führung: 22:23.
In der 52. Minute war nach dem 24:23 Entscheidungsreife. Im Wesentlichen war es eine Fünf-gegenfünf-Situation. Aufgrund des sechsten Feldspielers darf dann der Angriff immer in Überzahl gespielt werden, während die Abwehr zu fünft bleibt. Hier verlor der VfL. Bei 52:33 Minuten traf Fabio Nikola zum 27:23. Verzweifelt wurde versucht, verlorenes Terrain wettzumachen. Michael Jahn traf noch einmal, dann wieder eine Zeitstrafe gegen Daniel Jäger, es folgte der zweite verworfene Siebenmeter. Viele Körner waren verbraucht, die Spielübersicht und taktische Ruhe sind längst in hitziger Atmosphäre verloren gegangen.
Am Ende stand eine bittere 30:27-Niederlage auf dem Spielbericht. Die Fans in der Halle hatten einen fantastischen Fight mit allen Höhen und Tiefen durchlebt. „Da war mehr drin“, so Trainer Stephan Hofmeister. (AZ)