Eine Veganerin und ein Fleischesser testen: So schmeckt Steak aus dem 3-D-Drucker
Häuser, Gebisse und jetzt Fleisch? 3D-Drucker können einiges. Aber wie schmeckt das gedruckte Essen? Unsere Reporter haben es im Ulmer Restaurant Enchilada ausprobiert.
Einen Monat lang vegan sein? Das wird mit dem sogenannten „Veganuary“– dem veganen Januar – für viele Leute Realität. Pflanzliche Burger, Rührei-Pulver und veganen Speck gibt es schließlich inzwischen in vielen Supermärkten und Restaurants. Die Gastronomie-Kette Enchilada hat in Ulm dieses Jahr etwas ausprobiert, das über die normalen veganen Fleischersatzprodukte hinausgeht: Im Januar bietet das Restaurant eine Fajita-Platte mit Steak aus dem 3-D-Drucker an. Schmeckt das? Unsere Kollegin (seit einigen Jahren Veganerin) und unser Kollege (Fleischesser) haben es ausprobiert.
Fleisch aus dem 3-D-Drucker – das interessiert die Menschen. Die Erfahrung zumindest hat der Ulmer Enchilada-Chef Pasquale Reccia gemacht: Als über die Aktion seines Restaurants in den Medien berichtet wurde, riefen nicht wenige an und fragten, ob sie sich den Drucker einmal ansehen dürften. „Aber der steht natürlich gar nicht bei uns“, verrät Reccia. Die Steaks würden sie von einem Unternehmen kaufen, und das verfügt dann in diesem Fall über den Drucker, das Labor, die Zutaten und das nötige Wissen, um Fleisch zu drucken.
Auch am Montagnachmittag, kurz nachdem das Enchilada geöffnet hat, haben sich neben unserem Reporter-Team gleich an zwei weiteren Tischen Menschen eingefunden, die von der speziellen veganen Karte bestellen. Eine Frau erzählt, dass sie nur deswegen hier ist, um das gedruckte Fleisch auszuprobieren. Enchilada-Chef Reccia sagt: „Besonders Veganer freuen sich, wenn es für sie mehr Angebot gibt und sie zusammen mit ihren Freunden Essen gehen können.“
Die Aktion im Januar sei in Ulm und in anderen Enchilada-Filialen so gut gelaufen, dass er sich vorstellen könne, dass die Produkte aus dem 3-D-Drucker nicht nur eine Aktion bleiben, sondern fest auf die Speisekarte kommen. Möglicherweise schon ab Mitte 2024. Und wie findet er als Fleischesser selbst die veganen Steaks aus dem Drucker? „Ich war überrascht, der Fleischgeschmack ist schon intensiv und es schmeckt gut.“Einzig bei der Konsistenz gibt es von Reccia Abzüge.
Das sagt Veganerin Annemarie:
Als Veganerin bin ich gewissermaßen Profi, was Fleischersatzprodukte angeht. Zumindest geht es mir so damit: Manches Fleisch habe ich früher gerne gegessen, anderes nicht. Während manche andere Veganerinnen und Veganer Fleisch gar nicht vermissen und es eher abstoßend finden, wenn etwas Fleischgeschmack imitiert, finde ich es toll, dass es inzwischen so eine große Auswahl gibt, die mir erlaubt zum Beispiel Burger zu essen, ohne dass ich dafür „echtes“Fleisch brauche. Weil: Den Geschmack treffen diese Ersatzprodukte immer besser, aber das, was mich an Fleisch stört – etwa dass dafür Tiere sterben müssen –, fällt weg. Deswegen bin natürlich auch ich neugierig: Wie hält das pflanzliche Fleisch aus dem 3-D-Drucker mit dem mit, was ich mittlerweile gerne esse? Erster Eindruck: Das gedruckte Steak ist etwas schwierig durchzuschneiden – aber vielleicht ist das Messer auch nicht scharf genug. Im Tortilla zusammen mit Grillgemüse, Salat, Salsa und Guacamole ist die Balance gut ausgeglichen. Das Steak sticht nicht unangenehm hervor, sondern ergänzt mit einer leicht rauchigen Note die anderen Geschmäcker. Auch ohne die Beilagen kommt das Steak aus meiner Sicht echtem Fleisch sehr nahe, und auch die Konsistenz überzeugt mich. Ich habe allerdings auch schon lange kein echtes Fleisch mehr gegessen, deswegen fehlt mir der direkte Vergleich.
Das sagt Fleischesser Philipp:
Ich habe schon einige vegane Produkte probiert, aber solch eine gute Fleisch-Fälschung habe ich tatsächlich noch nie gesehen – es sieht sehr fettig und feinfaserig aus. Was die Substanz angeht, fühlt sich das „Fleisch“ziemlich genau wie Gulasch an. Wie ein Gulasch,
das eine halbe Stunde zu früh vom Herd genommen wurde. Die Fasern bleiben sogar in den Zähnen hängen! Geschmacklich erinnert es mit viel Fantasie an Lammfleisch. Ich finde es ja respektabel, wenn Menschen die Bürde auf sich aufnehmen und einen veganen Lebensstil pflegen. Die Wirkung kann nämlich auf Fleischesser wie mich abfärben, weil man unterbewusst daran erinnert wird, über den eigenen Konsum nachzudenken. Aber so gut das 3-D-Fleisch auch gemeint ist, muss ich leider ehrlich sein: Lecker ist etwas anderes. Ich habe schon veganes Essen probiert, das wirklich fein war und das ich mir als Alternative durchaus vorstellen kann, veganes Soja-Gyros oder vegane Hamburger zum Beispiel. Mit
diesem 3-D-Steak ist es aber wie mit veganen Bratwürsten: Wenn es sein muss, kann man sie essen. Aber besser ist es, man lässt sie einfach weg. Der Tortilla hätte nur mit Gemüse und Soße auch wunderbar geschmeckt. Um das ganze zu präzisieren: Es schmeckt, als hätte jemand das nicht ganz fertige Lammgulasch mit viel Sojapulver bestreut in eine nagelneue Tupperbox gepackt, ohne jedoch die Box einmal davor gründlich auszuspülen. Was mich stört: Es lässt sich nicht so leicht herausfinden, wo das „Fleisch“herkommt und gedruckt wird. Dazu sind weder bei Enchilada noch auf der Website der Firma selbst Angaben zu finden. Ich weiß also nur: Das Essen kommt aus irgendeinem Labor.