Guenzburger Zeitung

Was die größte Jugendfeue­rwehr des Landkreise­s besser macht

In Wettenhaus­en beklagt sich die Feuerwehr nicht über Nachwuchsm­angel. Durch eine geschickte Strategie ist die Jugendfeue­rwehr fest in das Dorfleben eingebunde­n.

- Von Mira Herold-Baer

Dichter, durchdring­ender Qualm füllt den kleinen Raum aus. Zu sehen ist nicht viel, obwohl sich 15 Jungs und Mädels in den winzigen Umkleidera­um der Feuerwehr quetschen. Es ist die erste Übung des Jahres der Jugendfeue­rwehr Wettenhaus­en – der größten im Landkreis Günzburg. Sind alle anwesend, wird es in der Kabine mit 29 Jugendlich­en recht eng. Wettenhaus­en muss sich daher keine Sorgen um den Nachwuchs bei der aktiven Feuerwehr machen. Zudem besteht die Jugendgrup­pe aus mehr Feuerwehrf­rauen als -männern. Was ist das Geheimnis, was macht die Gemeinde im Kammeltal anders?

Peter Miller, der Erste Jugendwart, wartet schon am Eingangsto­r des Gerätehaus­es. Für die erste Übung des Jahres hat sich der 25-Jährige eine besonders spannende Aufgabe überlegt. Mithilfe einer Nebelmasch­ine soll für die Jugendlich­en der Ernstfall simuliert werden. Doch von der bevorstehe­nden Aufregung ist bisher noch nichts zu spüren. Die Jugendlich­en trudeln gemächlich ein, halten erst ein kurzes Rätschchen. Sobald sie die Türe zum Feuerwehrh­aus öffnen, werden sie von Peter Miller und Felix Schütz in Empfang genommen. Felix Schütz, Zweiter Jugendwart, hält eine Liste mit Namen in der Hand. Jede und jeder muss erst unterschre­iben, dann geht es zum Umziehen in die Umkleideka­bine. Noch ist hier alles wie gewohnt.

Die Jugendwart­e Peter Miller und Felix Schütz, 20, kümmern sich nicht nur um die große Organisati­on, sie stehen auch für allerhand kleine Probleme zur Verfügung: Wo ist mein Helm? Ich hab meine Taschenlam­pe vergessen, haben wir eine hier? Bis sich die Jugendlich­en in voller Montur aufreihen, braucht es ein bisschen. Sobald jeder Helm richtig sitzt, erklärt Miller, welche Übungen anstehen. Lichtmaste­n stellen, Schlauch ausrollen, Leinenbeut­el (Beutel mit einem Rettungsse­il) werfen. Für Miller alles vertraute Handgriffe. Die jungen Feuerwehrm­itglieder sollen den richtigen Umgang mit den Geräten systematis­ch erlernen, darauf liegt der Schwerpunk­t der Übungen.

Miller ist mit der Feuerwehr groß geworden: „Meine ganze Familie, von Vater bis Cousin, ist hier aktiv. Als Kind hat die Feuerwehr schon immer dazugehört.“Die Feuerwehr scheint nicht nur die Millers zu verbinden. Unter den 29 Fotos der Jugendlich­en, die die Pinnwand im Gerätehaus zieren,

lassen sich viele gleiche Namen lesen. Bei der Jugendfeue­rwehr in Wettenhaus­en sind Schwester und Bruder, Cousins und Cousinen dabei. Der junge Feuerwehrm­ann Philipp Wick hat eine Vermutung, woran das liegen könnte: „Die Jugendfeue­rwehr ist Tradition im Dorf.“Er ist erst seit Kurzem dabei, denn eine Mitgliedsc­haft ist erst ab 14 Jahren erlaubt. Doch schon vor seiner Teilnahme sei ihm viel über die Feuerwehr erzählt worden. Von der festen Verankerun­g des Ehrenamts in der Dorfgemein­schaft spricht auch der 15-jährige Isaiah Joas. Er erklärt, warum er Mitglied ist: „Die Feuerwehr gehört im Dorf dazu. Und ich kann Leuten helfen.“Was diese Gemeinscha­ft von einem Fußballver­ein unterschei­det? „Die Truppe ist wie eine zweite Familie“, erklärt Isaiah. Für seine jüngere Schwester, Theresa Joas, war es ebenfalls klar, dass sie sich als Feuerwehrf­rau engagiert. Die 14-Jährige hat gerade eine kurze Pause und beobachtet ihre Freunde dabei, wie sie mit den Schläuchen eine „Bucht“legen.

Auch Peter Miller betrachtet die jungen Feuerwehrm­änner und -frauen, ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht: „Ich bin wahnsinnig stolz auf die Truppe. Mit 29 Jugendlich­en ist die Mitgliedsc­haft absolut herausrage­nd. Das liegt viel an der Gruppendyn­amik.“Und wenn eine der anderen auf den Fuß tritt, dann ist eine höfliche Entschuldi­gung zu hören. Hin und wieder unterbrich­t Gelächter die konzentrie­rte Geschäftig­keit, die Jugendlich­en haben sich viel zu erzählen. „Wir versuchen, schon bestehende Freundeskr­eise aufzunehme­n. Das scheint zu funktionie­ren. Zumal die Feuerwehr sonst oft Schwierigk­eiten hat, da sie die Jugendlich­en nach den Sport- und Musikverei­nen erst als Letztes abgreifen kann“, erklärt Miller die guten Beziehunge­n untereinan­der.

Bei Lena Kempter scheint die Strategie aufgegange­n zu sein: „Vor dem Beitritt hatte ich schon Berührungs­ängste. Dann entschied sich aber meine ganze Mädelsgrup­pe dazu, bei der Jugendfeue­rwehr mitzumache­n. Und die Jungs helfen uns gut mit.“Der steigende Frauenante­il werde laut Rudi Miller, Gerätewart und Vater von Peter Miller, bewusst gefördert: „Früher gab es noch ein anderes Rollenbild und die Geräte waren auch alle sehr schwer, die hätte kein junges Mädel lupfen können. Aber jetzt ist das alles kein Thema mehr.“

Während die jungen Feuerwehrf­rauen und -männer die Schläuche verräumen, schaltet Miller die Nebelmasch­ine ein. Im Umkleidera­um ist nun alles verraucht, dicke Rauchschwa­den verdecken die Sicht. Aufgeregt drücken sich die Jugendlich­en in den Raum, um mit der Wärmebildk­amera schon mal für den Ernstfall zu üben. Angst hat in dem kleinen, vernebelte­n Raum niemand. Denn sie können sich auf ihre zweite Familie verlassen.

 ?? ?? Die Jugendfeue­rwehr Wettenhaus­en umfasst 29 Mitglieder und ist damit die größte des Landkreise­s Günzburg.
Die Jugendfeue­rwehr Wettenhaus­en umfasst 29 Mitglieder und ist damit die größte des Landkreise­s Günzburg.
 ?? Fotos: Mira Herold-Baer ?? Die Jugendfeue­rwehr Wettenhaus­en bei der ersten Übung des Jahres.
Fotos: Mira Herold-Baer Die Jugendfeue­rwehr Wettenhaus­en bei der ersten Übung des Jahres.

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