Augsburg erlebt eine Sternstunde
Mit Superlativen sollte man sich zurückhalten, sie nutzen sich schnell ab. Was Augsburg an diesem Samstag aber erlebt hat, kann man getrost als historisch bezeichnen. Mit etwa 25.000 Menschen war „Augsburg gegen rechts“die größte Kundgebung, die die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat. Doch die Bedeutung dieser Demo liegt noch tiefer.
Rechtsextremismus ist eine konkrete Bedrohung für die Demokratie. Das Gedankengut, das in der Szene schon lange schlummert, lässt einen erschaudern. Um diesem Problem zu begegnen, reicht es nicht, die Behörden ihren Job machen zu lassen. Alle, die sich der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlen, stehen in der Verantwortung.
Die Demo konnte zu einem Erfolg werden, weil ein Schulterschluss gelang: Kommunalpolitiker überwanden Parteigrenzen, die Kirchen riefen ebenso zur Teilnahme auf wie Fridays for Future, der FCA, die Domsingknaben und Unternehmen. Ein solches Zusammenrücken hat identitätsstiftende Wirkung, die über dieses Wochenende hinausreichen kann.
Denn der Anteil der Menschen, die eine Migrationsgeschichte haben, liegt in Augsburg bei 50 Prozent. Man mag sich nicht vorstellen, was mit ihnen – etwa 150.000 Menschen – geschähe, würden die kruden Fantasien rechtsextremistischer Menschenfeinde Wirklichkeit. Aber auch im Alltag sind viele mit Diskriminierung, Anfeindung und Gewalt konfrontiert. Es ist deshalb umso wichtiger, dass Menschen mit Migrationshintergrund die Unterstützung der echten Mitte, der echten Mehrheit zu spüren bekommen. Der Samstag bot die Gelegenheit dazu – und die Augsburgerinnen und Augsburger haben sie genutzt. Die Tränen mancher Teilnehmerin und manches Teilnehmers bezeugen es. Dieser Samstag war eine Sternstunde – und hoffentlich erst ein Anfang.