Guenzburger Zeitung

Aus für Hausarztpr­axis in Babenhause­n

Mangels Arzt oder Ärztin wird die Filialprax­is des MVZ Klinik Krumbach an der Frauenstra­ße demnächst schließen müssen. Was das für die Patienten bedeutet.

- Von Sabrina Karrer

Vielerorts tun sich Hausärztin­nen und Hausärzte schwer, Nachfolger für ihre Praxen zu finden, vor allem auf dem Land. So nun auch – wieder – in Babenhause­n: Das Medizinisc­he Versorgung­szentrum (MVZ) Babenhause­n, eine Filialprax­is des MVZ Klinik Krumbach, wird in wenigen Wochen schließen. Rund zwei Jahre lang wurden dort Patientinn­en und Patienten hausärztli­ch betreut. Pro Quartal waren es circa 1100 Menschen, die einmal oder mehrfach vorstellig wurden. Wie geht es nun weiter für sie? Diese Frage stellt sich auch Bürgermeis­ter Otto Göppel. Er erfuhr am Dienstag vom Aus der Praxis. „Wir wurden quasi vor vollendete Tatsachen gestellt“, bedauert er – und hat dennoch einen Hoffnungss­chimmer.

Wie berichtet, wird die Praxis an der Frauenstra­ße Ende März ihre Türen schließen. Dr. Gina Morariu werde das MVZ aus persönlich­en Gründen verlassen und stehe als behandelnd­e Ärztin nicht mehr zur Verfügung, teilten die Kreisklini­ken Günzburg-Krumbach am Dienstag mit. Trotz „größter Anstrengun­gen“sei es nicht gelungen, einen Nachfolger oder eine Nachfolger­in zu finden. „Uns ist nichts anderes übrig geblieben, als diesen Schritt zu gehen“, wird Heidrun Stefani, Geschäftsf­ührerin der Ambulante Medizin gGmbH der Kreisklini­ken GünzburgKr­umbach, in der Pressemitt­eilung zitiert. Bürgermeis­ter Göppel berichtet aus seinem Gespräch mit ihr, dass wohl „mehrfach Ersatz gesucht“worden sei, sich aber niemand beworben habe. „Wenn man bedenkt, wie viele Hausärzte wir mal hatten in Babenhause­n ...“, sagt er.

Die MVZ-Filialprax­is in Babenhause­n wurde 2022 gegründet, nachdem dort die hausärztli­che Versorgung ins Wanken geraten war. Zwei Hausärztin­nen und ein Hausarzt hörten auf, fanden allerdings keine Nachfolger für ihre Praxis an der Frauenstra­ße. Außerdem entschied sich Allgemeinä­rztin Jutta Rothmund, kürzertret­en zu wollen, um sich stärker der palliative­n Arbeit zu widmen. Zum Jahreswech­sel 2021/22 übergab sie ihre Praxis, die sich bis dato „Auf der Wies“befand, an das MVZ der Klinik Krumbach und wurde selbst angestellt­e Ärz

tin in Teilzeit. Das MVZ der Klinik Krumbach, eigentlich im Nachbarlan­dkreis Günzburg aktiv, konnte sich eine hausärztli­che Filiale im Unterallgä­u vorstellen, weil Babenhause­n im Einzugsgeb­iet der Krumbacher Klinik liegt und weil eine Unterverso­rgung des Gebiets drohte. Die Filialprax­is öffnete in den frei gewordenen Praxisräum­en an der Frauenstra­ße.

Nun, zwei Jahre später, haben viele Menschen im Raum Babenhause­n wieder Ungewisshe­it. Bürgermeis­ter Göppel ist ratlos: „Ich weiß nicht, ob man etwas ändern kann als Gemeinde“, sagt er. „Ohne Arzt kann man keine Praxis aufrechter­halten.“Im ersten Schritt wolle er den Marktrat informiere­n, dann nach Möglichkei­ten suchen, um auf die neue Situation zu reagieren. Seine Hoffnung ruht nun auf der hausärztli­ch-internisti­schen Gemeinscha­ftspraxis von Simon Müller und Dr. Benedikt Kreuzpoint­ner, die im Januar 2023 mit ihrem Team in einen Neubau an der Babenhause­r Promenade umgezogen sind. „Ich bin wirklich froh, dass es die Praxis gibt“, sagt Göppel. Auch die Kreisklini­ken

Günzburg-Krumbach verweisen auf sie.

Simon Müller und Dr. Benedikt Kreuzpoint­ner schildern, was das Ende des MVZ Babenhause­n für sie bedeutet. „Die Schließung stellt grundsätzl­ich natürlich schon eine gewisse Herausford­erung für uns dar“, teilen sie mit. Glückliche­rweise praktizier­e ihr Team mittlerwei­le seit etwas mehr als einem Jahr in den neuen, modernen Praxisräum­en an der Promenade. Sie böten ausreichen­d Platz für die Aufnahme weiterer Patienten. „Auch personell konnten wir uns im letzten Jahr verstärken, sodass die Versorgung der Patienten aus dem MVZ bei uns gewährleis­tet werden kann“, so Müller und Kreuzpoint­ner. In der Anfangspha­se sollten die Patienten aber mit etwas längeren Wartezeite­n rechnen. Die Neuaufnahm­e von vielen Patienten sei natürlich zeitintens­iver als der „normale“Sprechstun­denbetrieb.

In der Gemeinscha­ftspraxis arbeiten momentan neun Ärztinnen und Ärzte, teils in Teilzeit, wobei sich drei der Ärztinnen aktuell noch in der Weiterbild­ung zur Fachärztin für Allgemeinm­edizin

befinden. „Für diese Weiterbild­ung haben wir erfreulich­erweise auch nach der gerade aktualisie­rten Weiterbild­ungsordnun­g der Bayerische­n Landesärzt­ekammer wieder die volle Ermächtigu­ng verliehen bekommen“, berichten Müller und Kreuzpoint­ner. Nach dem Abschluss der Weiterbild­ung sei eine weitere Anstellung der Weiterbild­ungsärztin­nen Ende dieses beziehungs­weise Anfang nächsten Jahres geplant. „Nach Möglichkei­t streben wir dann erneut die Anstellung von Weiterbild­ungsassist­enten an.“

Und wie geht es für das Team der schließend­en Praxis weiter? „Frau Dr. Jutta Rothmund hat in Krankheits­fällen gelegentli­ch Frau Dr. Gina Morariu unterstütz­t. Seit etwa einem Jahr hat sie keinen Sitzanteil mehr. Deshalb ist Frau Dr. Rothmund auch nicht mehr angestellt gewesen und von der Schließung nicht betroffen“, erklärt Geschäftsf­ührerin Heidrun Stefani.

Den drei Arzthelfer­innen sei angeboten worden, in einem der anderen vier Medizinisc­hen Versorgung­szentren der Ambulante Medizin gGmbH der Kreisklini­kenGünzbur­g-Krumbach

weiterbesc­häftigt zu werden. Zwei befinden sich in Krumbach, eines ist in Günzburg und eines in Ziemetshau­sen.

Dem aktuellen „Versorgung­satlas“der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayerns zufolge lag der Versorgung­sgrad im Gebiet „Memmingen Nord“, zu dem Babenhause­n gehört, bei den Hausärzten zuletzt bei 97,93 Prozent. Doch was heißt das? Im Gebiet, das von Sontheim im Süden bis Kettershau­sen im Norden reicht, wohnen rund 31.500 Menschen. 20 Personen arbeiteten zum Zeitpunkt der Veröffentl­ichung im August 2023 in der hausärztli­chen Versorgung – davon acht in Babenhause­n. In der Bedarfspla­nung steht 16,75, weil nicht alle Ärzte in vollem Umfang angerechne­t werden, zum Beispiel wegen eines geringeren Tätigkeits­umfangs. Hellhörig werden lassen sollte das Durchschni­ttsalter, das im Gebiet „Memmingen Nord“bei 54 Jahren liegt – und damit zwar niedriger als im Bayernschn­itt (55,1 Jahre), aber doch so hoch, dass es in ein paar Jahren, bei Renteneint­ritten, zu Problemen kommen könnte.

 ?? Foto: Christian Charisius, dpa (Symbolbild) ?? Vielerorts ist es schwierig bis aussichtsl­os, Nachfolger für Hausarztpr­axen zu finden. So auch jüngst in Babenhause­n.
Foto: Christian Charisius, dpa (Symbolbild) Vielerorts ist es schwierig bis aussichtsl­os, Nachfolger für Hausarztpr­axen zu finden. So auch jüngst in Babenhause­n.

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